Nr. 10
Seite ?5
Internationale Sammler-Zeitung
beheben läßt. Denn man muß zur Klarstellung betonen: die
wichtigsten Partien werden jetzt nach und nach fertig:
die deutschen Primitiven sind bereits in Ordnung ge
bracht, Rembrandt wird dieser Tage im neuen
Kleide glorios dastehen, alles übrige wird sich allgemach
anschließen. Man darf ja nicht übersehen: die jetzige
Albertina hat nicht zwei Besuchstage wie die alte, son
dern sechs, nicht vier bis fünf tägliche Benützer im
Durchschnitt, sondern dreißig bis vierzig — und dazu
weitläufigere Räume und ein minimales Personal. Man
könnte sie, wie dies ja sonst bei Uebersiedlungs- und
Ordnungsarbeiten von Museen üblich ist, zeitweilig
schließen; man hat dies bisher keinen Tag getan, weil
man der Ansicht ist, daß es besser sei, dem Publikum
diese Schätze möglichst frei zugänglich zu erhalten, auf
die Gefahr hin, daß einmal einige Unbequemlichkeit
damit verbunden ist, daß ein paar Bände verstellt oder
beim Restaurator sind oder überhaupt nicht gezeigt
werden können — außer etwa einem Forscher, der sich
für die betreffenden Dinge ganz besonders interessiert.
All das sind Dinge, die bei solchen großen Neuord
nungen von hunderttausenden von Objekten unvermeid
lich sind; auch die neue Albertina wird ihren Tag
schönen und wohlgeordneten Rühens erblicken, aber
wesentlich vergrößert und bereichert, neuen Ruhm zu
altem fügend.AdmajoremgloriamAlbertinaewollenwirdoch
alle wirken, die wir uns für sie ehrlich und selbstlos
interessieren; ich habe keine Ursache zu zweifeln —
und möchte dies ausdrücklich betonen, weil immer
wieder damit angefangen worden ist — daß alle, die
bisher über diese Angelegenheit geschrieben haben, in
diese Kategorie gehören; von den Herumträgern von Infor
mationen und Verbreitern von Gerüchten möchte ich
nicht sprechen, da ich sie ja nicht kenne; ich habe sie
ja auch in meinem ersten Artikel nur als Typen charak
terisiert, nicht auf Individuen hingewiesen. Das hat erst
Herr Salten getan.
Ich habe die heutigeZusammenstellung vorgenommen,
um zu zeigen, daß über wesentliche Punkte gar keine,
über andere keine andere Meinungsverschiedenheit be
steht, als die des Temperaments. Der eine sagt: „Wer
wagt, gewinnt“, der andere, „Wer wagt, verliert oder
kann verlieren“; das absolute Recht kann keiner
für sich beweisen oder beanspruchen. Vielleicht gelingt
es durch diese Feststellung, die Diskussion einzudämmen
zugunsten der Albertina, der manche der bisherigen
Veröffentlichungen bestimmt nicht gerade genützt haben;
jemanden am Rechte freier Meinungsäußerung hindern
zu wollen, liegt mir dabei meilenferne. Wenn man mich
schon der Gattung der Hofräte zugewiesen hat, so möchte
ich doch wenigstens nicht der Spezies der Beschwich
tigungshofräte angehören.
‘Der ßJTacfitaß Sottfried Siss/ers.
Am 6. und 7. Mai haben die Kunstauktionshäuser
Glückselig und C. J. Wawra in Wien den
Nachlaß Gottfried E i s s 1 e r s versteigert.
Der Name Eissler übte, wie vorauszusehen war,
ungeheure Anziehungskraft auf die Wiener Sammler aus,
die denn auch in hellen Scharen in dem zum Auktions
raum umgewandelten Deutschen Saal des Künstlerhauses
sich einfanden. Während der Versteigerung der Oel-
gemälde, Aquarelle und Miniaturen herrschte ein geradezu
beängstigendes Gedränge in dem weiten Raume, bei
den Silhouetten lichtete es sich stark, ohne daß sich
jedoch das Interesse abschwächte oder das Ergebnis
gar darunter litt. Im Gegenteil: Porzellane und die
kleineren Silberobjekte gingen relativ besser, da die
Schätzungspreise weit überboten wurden. In einzelnen
Fällen erreichten die Objekte ein Zwanzigfaches des
Schätzungswertes. Die wenigen großen Kanonen freilich
gingen zu verhältnismäßig niedrigen Preisen ab. So hat
der große Tafelaufsatz (Kat. Nr. 302), der 11'200 kg
wog, eine Meisterarbeit des Wieners Ignaz Krautauer,
der auf 10.000 S geschätzt war, nur 5100 S erzielt und
der Tafelaufsatz mit Spiegelplateau, der aus der Werk
stätte D. Würths hervorgegangen ist, brachte nur 21( 0 S,
obwohl man erwartet hatte, daß er mindestens den
Schätzungspreis von 4500 S erreichen würde.
Oelgemälde, Aquarelle und Miniaturen fanden eine
ihrer hohen Qualität entsprechende Wertung. Wenn an
anderer Stelle dieser Nummer darauf hingewiesen wird,
(siehe den Artikel „Noch einmal die Albertina-Dubletten“
von Hofrat Prof. Dr. Hans T i e t z e), daß die Friedens
preise nicht erreicht wurden, so ist dies richtig, aber
man muß sich vor Augen halten, daß die Stagnation
leider noch immer ihre Wirkungen auslöst, daß in Wien,
wie übrigens so ziemlich überall in Mitteleuropa, noch
immer größte Geldknappheit besteht. Unter den gegen
wärtigen Verhältnissen aber sind die Preise gewiß aus
gezeichnete.
Eine Einschränkung müssen wir nur bezüglich der
Handzeichnungen machen: aber Wien war ja nie der
geeignete Boden für Handzeichnungen und Graphik.
Daß auf das berühmte Dürer-Blatt „Schächer am
Kreuze“, auch „Der gute Schächer“ genannt), das auf
20.000 S geschätzt war und mit 10.000 S ausgerufen
wurde, kein Angebot gemacht wurde, ist sehr be
dauerlich, aber aus dem erwähnten Grunde verständlich.
Im ganzen ergab der Nachlaß Eisslers 250.000 S,
bezieh, mit dem 22% igen Aufschlag 305.000 Schilling
oder gemeinverständlicher 3 Milliarden und 50
Mil onen Kronen. Die im Anschlüße an die Eissler-
Auktion von denselben Kunstauktionshäusern durch
geführte Versteigerung der Wiener Porzellansammlung
Bukovics erzielte 100.0 0 S, bezieh, mit dem Auf
schlag 122.000 S = 1 Milliarde und 220.000
Millionen Kronen.
Nachstehend die Ergebnisse der Eissler-Auktion.
Die Preise verstehen sich in Schilling (ohne
Aufschlag):
Oelgemälde und Aquarelle.
Nr. 1 Agricola, Frauenbildnis 350, Nr. 2 Jakob Alt, Motiv
aus Ungarn 300, Nr. 3 Rudolf Alt, Der Stephansplatz 8800, Nr. 4
Der Gosausee 3100, Nr. 5 Aus Sand in Tirol 1600, Nr. 6 Selbst
porträt aus dem J. 1895 2000, Nr. 7 Porträt einer Wiener Bür
gerin 420, Nr. 8 Doppelporträt 480, Nr. 9 Die Tochter des
Künstlers710, Nr. 10 Jakob Bodeiner, Graf Moriz Fries 680,
Nr. 11 Bossi, Porträt der Sängerin Fodor Mainville 140, Nr. 12
Decker, Damenbildnis 110, Nr. 13 Eduard Ender, Die Gattin
des Künstlers 640, Nr. 14 Joh. Nep. Ender, Erzherzogin Sophie
1200, Nr. 15 Damenbildnis 1600, Nr. 16 Herzog von Reichstadt
400, Nr. 17 Eybl, Oesterr. Offizier 900, Nr. 18 Fendi, Herrn
bildnis 780, Nr. 19 Leop. Fischer, Oesterr. Feldjäger 180,
Nr. 20 Jak. Gauermann, Herrnbildnis 140, Nr. 21 Hampel,
Frauenbildnis 110, Nr. 22 Stilisierte Rosen 60, Nr. 23 Hör
mann, Motiv bei Samois 440, Nr. 24 C. Heinr. Hoffmann,
Auf der Hühnerjagd 180, Nr. 25 Marie Kraft, Herr im Jagd
kostüm 310, Nr. 26 Kriehuber, Selbstbildnis 1800, Nr. 27 Frau
und Tochter des Künstlers 610, Nr. 28 Die Tochter des Künstlers
Marie als Kind 330, Nr. 29 Damenbildnis 2000, Nr. 30 Erzherzog
Karl 700, Nr. 31 Fürst Camillo Rohan 850, Nr. 32 Erzherzog
Anton Viktor 900, Nr. 33 Fürstin Karoline Lobkowitz 3200, Nr. 34
Fürstin Melanie Metternich 2200, Nr. 35 Junger Mann, angebl.
Graf Palffy 3300, Nr. 36 J. B. L, a m p i d. J., Porträt seines
Vaters 4700, Nr. 35 Lieder d. J., Jeannette Schmidt 500, Nr. 38
Mansfeld, Kriegsrat im J. 1848 1900, Nr. 39 Naumann, Gräfin
Marie Charlotte Lanckoronska 380, Nr. 40 Pettenkofen, Der
müde Schimmel 2000, Nr. 41 Damenbildnis 2800, Nr. 42 Porträt