Nr. 9
Internationale Sammler-Zeitung
Seite 71
Gfironik.
BIBLIOPHILIE,
(Graf Alexander Apponyi f.) Ungarn betrauert
den Heimgang des Grafen Alexander Apponyi, in dem es
seinen hervorragendsten Bibliophilen verliert. In einem Nach
ruf, den Graf Albert Apponyi seinem Vetter im „Pester
Loyd“ widmete, erzählt er von dem Verstorbenen: Der Sammler
trieb, der in ihm wohnte und ihn dahin führte, verborgene Geistes
schätze aufzusuchen, machte sich von allem Anfang an geltend,
als er, noch ein Jüngling, interessanten Büchern und Schriften
nachzuspähen begann und sofort die Richtung einschlug, der er
sein ganzes Leben treugeblieben ist, nämlich alles aufzustöbern,
was im Geistesleben fremder Nationen auf Ungarn Bezug hat.
Von seinem fünfzehnten bis zu seinem achzigsten Jahre dauerte
diese Sammlertätigkeit, unterstützt durch zahllose Verbindungen
mit Gelehrtenkreisen aller Länder und geleitet von einem immer
zunehmenden und vertieften Wissen, dessen imposantes Monument
der von ihm verfaßte Katalog seiner unvergleichlichen Sammlung
ist, ein Werk der Gelehrsamkeit und des Fleißes, das in der
einschlägigen Literatur nicht seinesgleichen hat. In den letzten
Jahren seines Lebens war seine beständige Sorge, daß er viel
leicht abberufen würde, ehe er den großen Katalog, der gewisser
maßen der Schlüssel zur Schatzkammer der Sammlung ist, fertig
gestellt hätte. Das ist gerade in der allerletzten Zeit erreicht
worden, und nichts fehlt, um die kostbare Gabe allen zugäng
lich zu machen. Der Geber erlebte es auch noch, wie diese
Gabe geschätzt (Apponyi hat die Bibliothek der Nation geschenkt),
in einem eigenen Gesetzartikel verewigt wurde; sein Lebens
werk war in der Tat vollendet.
(Eine PeterSchlemihl-Sammlung.) Die Berliner
Stadtbibliothek hat eine Spezialsammlung von besonderer Art
erworben: die Sammlung der Ausgaben und Uebersetzungen
von Peter Schlemihls wundersamer Geschichte, die der ver
storbene Antiquar Philipp Rath zusammengebracht hat. Rath
sammelte 20 Jahre lang alles, was sich auf die Druckgeschichte
dieses Meisterwerkes Adalbert von Chamissos bezieht und ließ
1910 bei Martin Breslauer in Berlin eine Bibliographie, „Biblio-
theca Schlemihliana“ erscheinen. In seiner Sammlung, die nun
ein Gönner der Stadtbibliothek von Breslauer erworben und der
Stadt überwiesen hat, waren von den dort angeführten 189
Schlemihl-Ausgaben al'ein 115. Chamissos Wahlheimat Berlin
besitzt damit die beste Grundlage für diesen interessanten Stoff
lokaler Literaturforschung.
BILDER.
(Das Rakoczibildnis Manyokis.) Aus Buda
pest wird uns geschrieben: Der bekannte Kunstmäzen Marcell
Nemes hat dem Museum der bildenden Künste das berühmte
Rakoczibildnis Adam Manyokis zum Geschenk gemacht.
Nemes erwarb das Bild im Tauschwege in Dresden, wo es zum
Bestand des Kunstschatzes der ehern. Königsfamilie gehörte.
Eine vortreffliche Kopie des Bildes von Philipp L a s s 1 o befand
sich schon seit vielen Jahren in der historischen Galerie, nun
ist auch das Original in Budapest.
(John Sin ger-Sargent) der bekannte Porträtmaler
Englands, ist in Chilsea gestorben. 1856 in Florenz als Sohn
eines amerikanischen Arztes geboren, hat Sargent in Italien und
in Deutschland seine Jugendjahre verlebt und in Paris als
Schüler von Caroles Durand seine künstlerische Ausbildung
genossen. Von seinen Werken sind vor allen die Porträts des
Lord Riddlesdale und der Familie Wertheimer bekannt, die im
Besitze der Londoner Nationalgalerie sind. Andere bekannte
Porträts sind die Joe Chamberlains, der Schauspielerin Ellen
Terry als Lady Macbeth, der spanischen Tänzerin Carmencitta
und Roosevelts.
PHILATELIE.
(Die neuen S c h i 11 i n g m a r k e n) die am 1. Juni er
scheinen, werden 20 Freimarken und 14 Nachportomarken um
fassen. Die Freimarkenserie besteht aus den Werten zu 1, 2,3,
5, 6, 7, 8, 10, 15, 16, 18, 20, 24, 30, 40. 45, 50 und 80 Groschen,
1 und 2 Schilling, die Nachportomarken aus solchen zu 1; 2, 4,
6, 8, 10, 12, 15, 20, 23, 30, 40 und 60 Groschen, sowie einem
Schilling. Die neuen Flugpostmarken dürften bis 1. Juni nicht
fertiggestellt sein und deshalb erst später zur Ausgabe gelangen.
Die Wertstufen stehen noch nicht fest.
(Eine philatelistische Zentralprüfungs
stelle in Prag.) Der Verein der Briefmarkenhändler in
Prag hat am 15. April eine Zentrale zur Prüfung von Brief
marken eröffnet, an deren Spitze der städt. beeidete Sachver
ständige für PhilatelieJaroslav Lescheticky steht. Die Prü
fungsgebühren werden nach dem Katalogpreise oder, wenn die
Briefmarken nicht notiert sind, nach dem Prager Marktpreise
berechnet und zwar für die tschechoslovakischen Briefmarken
nach dem Spezialkatalog von Hirsch, für alle anderen Briefmarken
nach dem französischen Yvert-Katalog.
(Die vierzehnte Mauritius-Marke.) Aus Süd
afrika kommt die Nachricht, daß in Durban eine 1 Penny
Post Office Marke von Mauritius, bekanntlich eine der
seltensten Marken der Welt, entdeckt wurde. Das Wertstück be
fand sich in einem Karton voll Marken, den der Entdecker
kürzlich von Mauritius mitgebracht hatte. Bisher waren von der
1 Penny Post Office nur 13 Exemplare bekannt.
VERSCHIEDENES.
(Gemälde von Waldemar R ö s 1 e r.) Eine größere
Ausstellung, enthaltend ca 25 Gemälde von Waldemar Rösler,
wurde soeben im Uberlichtsaal der Modernen Galerie Tann
hauser in München eröffnet, womit zum erstenmal in München
eine Ausstellung dieses im Jahre 1916, kaum 35ja.hrig, verstor
benen Malers gezeigt wird.
(Ein Boykott.) Der Verband mitteldeutscher Kunst
händler hat beschlossen, Werke ausländischer Künstler, die zu
den Nationen der Besatzungsmächte gehören, insolange nicht
auszustellen, als die vertragswidrige Besetzung des Kölner
Brückenkopfes andauert.
(Henri Lapauze +.) ln Paris ist der Direktor der
städtischen Kunstsammlung im Petit-Palais, Henri Lapauce,
58jährig gestorben. Er hat vor einigen Jahren die Reorganisation
des Petit-Palais durchgeführt und daraus eines der wertvollsten
Museen gemacht, insbesondere durch die prächtige Sammlung
von Werken Courbets. Aus der Vaterstadt Ingres’ gebürtig, hat
Lapauze diesem Meister einige Werke gewidmet und teilge
nommen an der Gründung des Ingres-Museums in Montauban.
Lapauze war überdies Gründer und Leiter der Zeitschrift „La
renaissance politique et literaire“.
VOM KUNSTMARKT.
(Alte Meister unter dem Hammer D.) Am 5. und
6. Mai findet in Rudolph Lepkes Kunst-Auktions-Haus in Berlin
eine Versteigerung von Gemälden alter Meister statt. Es gelangen
etwa 300 Gemälde, deutsche, holländische, flämische, sowie auch
italienische, französische und englische zum Ausgebot. Wir
nennen unter den hervorragenden Werken eine Herodias von
Lucas Cranach, ausgezeichnete Bilder von Drogsloot, Terborch,
Lombard, Cocques, Jordaens, Schotanus, Hannemann, de Poorter,
Pieter van der Werff, Sleen, Denner, Nattier, Tischbein und
Giordano. Einige ungewöhnliche gute Bilder aus der Umgebung
Rembrandts werden nicht unbeachtet bleiben. Als Seltenheit
ersten Ranges erscheint ein Bild der Gezina Terborch, die bis
her nur als Zeichnerin bekannt war. Besonderes Interesse dürften
auch viele vortreffliche Bilder der bisher wenig beachteten Italiener
der Barockzeit erwecken, darunter besonders einige vorzügliche
Skizzen zu Altargemälden, Bilder von Pittoni, Giaquinto u. a.
Ebenso sind die Deutschen des 18. Jahrhunderts gut vertreten.
Caspar Schneider, Kaatz, der Schwiegersohn Anton Graffs, und
mit einem besonders repräsentativen Fürstenporträt aus dem
Jahre 1712 J. P. Feuerlein.
(O s t a s i a t i s c h e Sam m lung Alexander D.) Hugo
Helbing in Frankfurt a. Main versteigert am 18., 19. und 20.
Mai die Ostasiatiche Sammlung Alexander D.
Der Katalog der Sammlung beginnt mit chinesischem und
japanischem Porzellan und zeigt vor allem sehr schöne
Teller und Platten aus der Kang-hsi- und Kienlung-Zeit. Es
folgen sehr interessante japanische Töpfereien und Teezere-
monialgefäße, sowie japanische und chinesische Lackarbeiten
von wundervoller Ausführung. Einen breiten Raum nimmt eine
an Mannigfaltigkeit und Qualität selten gezeigte Auswahl von
japanischen Netsuke in Elfenbein, Holz etc. ein. Besonders
zu erwähnen sind eine große Anzahl von figuralen Speckstein
arbeiten aus der Ming- ung Kang-hsi- Zeit, sowie Arbeiten in
Jade. Die Sammlung zeigt auch vorzügliche Provenienzen von
Bergkristall und Rosenquarz, verweist doch der
Katalog auf Erwerbungen aus der Pariser Sammlung A. H u c,
aus vor Jahrzehnten erworbenem Johanneumbesitz, sowie aus
der ehemaligen Sammlung der Königin Carola von Sachsen. An
diese Sammlung des Herrn Alexander D. schließt sich der
Besitz eines rheinischen Industriellen an, der aus chinesischer
und persischer Frühkeramik (Raghös-Schalen), chinesischen Wirk
bildern und schließlich einer Anzahl orientalischer Teppiche be
steht. Der illustrierte Katalog ist von Hugo H e 1 b i n g, Frank
furt a. M., Bockenheinerlandstr. 8, zu beziehen.