Seite 206
INTERNATIONALE SAMMLER - ZEITUNG
Nr. 19
in Düsseldorf hat selber ausgesagl, daß er van Goghs für seinen
Bruder restauriert habe, und die polizeiliche Untersu
chung fand auch van Goghs in diesem Atelier. Nun ist dringend
die Frage zu stellen: sind diese van Goghs beschlagnahmt wor
den und wurden sie untersucht? Oder sind diese van Goghs
inzwischen beiseite gebracht worden? Hier liegt ein sehr
wichtiger Punkt der Untersuchung!
(Benediktinische Kunst.) Während der Hildegardis-Woche
ist in Bingen eine Ausstellung von Werken der Beuroner
und Maria Laacher Kunst zu sehen. Von der Beuroner
Schule sind da u. a. die Kartons zum Kreuzweg der Stuttgarter
Marienkirche, zum Marienleben in Emaus-Prag, sowie Natur
studien des Begründers der Schule, P. Desiderius Lenz. Von
Maria Laach die Entwürfe zu den Fresken der Pfarrkirche in
Düdelingen (Luxemburg), eine prächtige Paulus-Büste, die
künstlerisch ausgestatteten Bände der Ecclesia orans u. a. Die
Chorfrauen der Abtei St. Hildegard in Ei'bingen haben auch
ihr Teil beigesleuert: köstlich gestickte und entworfene Kir
chengewänder, kleinere kirchliche Gebrauchsgegenstände, feine
Aquarelle und Zeichnungen. Besonders fesselnd ist eine in
Eibingen hergestellte genaue Kopie des Wiesbadener H i 1 -
degardis-Kodex. Dem Gedächtnis der Seherin von Bin
gen ist auch die historische Ausstellung gewidmet. Zuerst Dar
stellungen der Burg Böckelheim im Nahetal unweit Kreuznach,
wo St. Hildegard 1098 zur Welt kam, dann Bilder, Stiche und
Steintrümmer vom Kloster Disibodenberg, wo Hildegard jung
war; dann das von ihr gegründete Kloster St. Rupertusberg
während der Zeit seines Bestehens bis zum melancholischen
Abbild seiner Ruinen. Gemälde von Hildegards ärztlicher
Tätigkeit; Hier heilt sie Blinde, treibt dort den Teufel aus einem
Besessenen, reicht da mit gütigem Lächeln einem kranken
Bettler eine Verordnung. „Sanct Hildegard, Patronin der
Aerzte" — steht unter letzterer Malerei. — Kloster Elbingen,
Hildegards letzte Stätte, macht in seiner alten und neuen Ge
stalt den Beschluß.
(Die Carnegie-Ausstellung 1929.) Die 28. internationale
Ausstellung des Carnegie-Instituts in Pittsburg findet vom
17. Oktober bis 8, Dezember statt. Homer S a i n t-G a u d e n s.
der Direktor der Abteilung der schönen Künste, ist im Juni
aus Europa zurückgekehrt, wo er Künstler in England und
Frankreich, Holland und Belgien, Deutschland, Oesterreich und
der Schweiz, Skandinavien, Spanien und Italien, Polen, der
Tschechoslowakei und Rußland besucht hat; alle diese Länder
werden auf der Ausstellung vertreten sein. Die europäischen
Mitglieder der Jury sind diesmal Andre Dunoyer de Segonzac,
Vivian Forbes und Wladyslaw Jarocki; dazu kommen drei
amerikanische Juroren. In diesem Jahr tritt zum erstenmal
die Preisstiftung Albert C. Lehman in Wirksamkeit, nach
der das beste Bild der Ausstellung mit 2000 Dollars ausge
zeichnet und zu dem festgesetzten Preis bis zur Höhe von
10.000 Dollars angekauft wird.
(Diebstahl in einer Kunstausstellung.) In der Ausstellung
des sächsischen Kunstvereines in Dresden ist die 20 cm
hohe Bronzefigur „Pfeifender Junge" von Ernst Gräm er
(Dresden) aus einer geschlossenen Glasvitrine gestohlen
worden.
(Italienische Kunst in London.) Die ursprünglich für 1931
geplante große Ausstellung italienischer Kunst in
London wird bereits von Jänner bis März nächsten Jahres
stattfinden. Auf der Ausstellung werden Museen und Privat
sammler aus allen Ländern Europas vertreten sein; aus Eng
land haben König Georg, Viscount Lase eiles, Lord
Crawford und Ballarres, der Herzog von Northum-
berland, Lord A 11 e n d a 1 e, Lord M e 1 c h e 11, die Na
tionalgalerien von Schottland und Irland ihre Beteiligung in
Aussicht gestellt. Sir Joseph Duveen hat es übernommen,
Leihgaben aus dem amerikanischen Privatbesitz zu vermitteln.
MUSEEN.
(Neuerwerbungen der Berliner Nationalgalerie.) Für die
Bildsammlung der Berliner Nationalgalerie, Abteilung Kron-
prinzen-Palais, sind in der letzten Zeit eine größere Anzahl
Neuerwerbungen aus der modernen Kunst getätigt worden,
u. a. ein Polyptychon von Emil N o 1 d e „Die Kreuzigung"
ein Bildnis des Clown Grock von Erich Haeckel aus dem
Jahre 1927, ein Viermännerporlrät von Ludwig Kirchner;
Otto Müller, Kirchner selbst, Haeckel und Schmidt-Rottluff,
ein Selbstbildnis von Max Beckmann aus dem Jahre 1927,
von Karl Hofer (1928) und von Slevogt aus seiner
Münchener Frühzeit. Das bekannte Großbild von Theodor
Däublers von Otto D i x (1927) ist ebenfalls erworben wor
den. Von Plastiken sind zu nennen „Die Kauernde" von Edwin
S c h a r f f und ein Bronzekopf Slevogts von Georg Kolbe.
(Rückgang der Besucherzahl in den Berliner Museen.)
Der Berliner „Vorwärts" schreibt; Eine Aufstellung der Be
sucherzahl der Staatlichen Museen in Berlin für das erste
Halbjahr zeigt gegenüber dem Vorjahre bemerkenswerte Ver
änderungen. Durchschnittlich ist ein Rückgang von 10 bis
15 Prozent zu verzeichnen, für einige Sondersammlungen, wie
das Zeughaus, sogar bis zu 30 Prozent. Bezeichnenderweise
ist gegenüber der Vergleichszeit des Vorjahres der Besuch
sowohl im Alten und Neuen Museum wie im Kaiser-Friedrich-
Museum nicht unwesentlich zurückgegangen. Was die Ver
schiebungen innerhalb der einzelnen Monate anlangt, so ist
besonders kennzeichnend der Rückgang in den Monaten Mai
und Juni, also zur Zeit der Festspielwochen, was nicht ge
rade eine Empfehlung der Festspiel-Sektio ndarslellen kann.
Auch die Besucherzahl im Schloß-Museum wie im Zeughaus
ist recht erheblich gesunken, mit Ausnahme des Monates
Juni. Einen Rückgang hat auch das Museum für Völkerkunde
durchweg zu verzeichnen. In der Statistik ist noch die Samm
lung für deutsche Volkskunde und Kunstbibliothek aufgeführt,
wovon insbesondere die letztere sich eines bemerkenswerten
hohen Besuches in den Wintermonaten des Jahres erfreuen
konnte. Insgesamt haben die statistisch erfaßten Museen im
Monat Jänner 56.980, im Februar 53.172, im März 72.618, im
April 78.706, im Mai 55,687 und im Juni 61.815 Personen be
sucht.
Abgesehen von den besonderen Ursachen, die wechseln
der Art sind, sprechen auch allgemeine Faktoren mit. Die
Museen in der bisherigen Form sind über
lebt, die Glorie, die sie in dem Zeitalter der bürgerlichen
Kunstbildung umgab, ist endgültig verstorben. Es gilt nun
Museen zu schaffen, die Volksbedürfnissen ent
sprechen. Dafür sind zurzeit aber weder Verständnis
noch Neigung an den maßgebenden Stellen zu spüren. Und an
Mitteln dafür dürfte es auch fehlen.
(Diebstahl Im Wiener Naturhistorischen Museum.) Aus
dem Schausaal XI des Naturhistorischen Museums in Wien
wurde ein Mondidol aus gebranntem Ton gestohlen. Das
Idol hat hohen wissenschaftlichen Wert und stammt von den
Ausgrabungen des Wirtschaftsrates Serascin in Au an der
Leitha. Es gehört der Zeit von 500 bis 600 vor Christi an
und war in einem offenen aufgebauten Grab angebracht.
(Ein Bellini-Museum in Catania.) In dem Geburtshaus
des italienischen Komponisten Bellini in der Stadt Ca
tania wurde ein Bellini-Museum eröffnet. Es enthält eine
geschlossene Sammlung der Musik - Manuskripte des Kompo
nisten sowie eine stattliche Anzahl von Bildnissen Bellinis.
VOM KUNSTMARKT.
(Versteigerung bei Lepke in Berlin.) Vom 15. bis 17. Ok
tober findet in Rud. Lepkes Kunst-Auctions-Haus in Berlin
eine Versteigerung von Antiquitäten statt, deren Be
stände sich aus der Sammlung L. M. (Berlin), der Porzellan
sammlung A. B. (Berlin), der Sammlung japanischer Farben
holzschnitte Albert W i 1 1 n e r (Berlin), und anderen Beiträ
gen zusammensetzt. An Möbeln kommen zahlreiche Arbei
ten der Renaissance zum Ausgebot, namentlich Florentiner
Kredenzen und gute Sitzmöbel. Einen besonderen Hinweis ver
dienen zehn prachtvolle Louis-XVI.-Sessel mit reich gestickten
Gobelinbezügen bezw. alten geprägten Lederbezügen, ferner
zwei venezianische Renaissancesessel, die aus der Versteige
rung der Sammlung Mühsam stammen und seinerzeit beson
ders hoch bewertet worden sind. Unter den Textilien sind
erwähnenswert: Ein alter Uaschakteppich mit zwei Reihen von
Gebetnischen, eine große französische Pointstickerei und einige
gotische Samte.
Die Porzellansammlung enthält plastische Arbei
ten und Gefäße aller deutschen Manufakturen und einige fran
zösische Stücke. Wir erwähnen ein paar vorzügliche Fuldaer
Figuren, die sich ja bekanntlich eines besonders starken Inter
esses der Sammler erfreuen, eine vorzügliche Ludwigsburger
Gruppe mit einer allegorischen Figur unter einem hohen Baum
und verschiedene besonders qualitätsvolle Stücke von Meissen
und Höchst. Unter den Geschirren ist Nymphenburg gut ver
treten, desgleichen die Frühzeit Meissens mit Höroldarbeiten.
Es gibt auch interessante Stücke mit Hausmalereien.
Die ausgezeichnete Sammlung japanischer Farbenholz
schnitte Albert W i 11 n e r (Berlin), wird voraussichtlich gro
ßem Interesse begegnen. Sie bietet hervorragende Gelegenheit,
sich das gerade Fehlende anzuschaffen, da alle Zeiten, Gat
tungen und Techniken mit guten Blättern vertreten sind. Be
sonders hinzuweisen wäre auf eine ungewöhnlich große An
zahl primitiver Blätter, auch der hervorragend schönen Uta-
maro-iSammlung, darunter ein schönes Blatt mit Gold gehöht
auf Mira-Grund und einige recht interessante und seltene
Hashirakakushi (Pfostenbilder). Von großem Spezialinieresse
ist auch die mit außerordentlicher Sachkenntnis gesammelte