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Internationale 
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Zentralblatt für Sammler, Liebhaber und Kunstfreunde 
Herausgeber: Norbert Ehrlich 
24. Jahrgang Wien, 1. April 1932 Nr. 7 
3m Zeichen Soethes. 
Die ganze Kultur weit steht in diesen Tagen im 
Zeichen Goethes, dessen Todestag sich am 
22. März zum hundertsten Male j ährte. Es kann hier 
nicht der Ort sein, die zahllosen Huldigungen zu 
registrieren, die den Manen des Dichterfürsten 
allenthalben gezollt wurden: Was den Sammler be 
sonders interessiert, sind die Ausstellungen, 
die dem Andenken des Unsterblichen gewidmet 
sind. 
An der Spitze schreitet da wohl Wien, wo der 
„Goethe-Verein“ in Verbindung mit Sammlern eine 
prachtvolle Ausstellung in der „Albertina“ arran 
giert hat. Der erste Saal ist Goethes Vorfahren und 
dem. „jungen Goethe“ gewidmet: Man sieht seine 
Studienbehelfe, merkwürdige Proben seines ersten 
Welterfolges, „Werther“, die französischen Theater 
stücke, die er 1760 bei der Besetzung Frankfurts 
durch die Franzosen kennen lernte und die seinen 
Bildungsgang stark beeinflußten. Im nächsten Raume 
sind Goethes Nachkommen vereinigt, von denen die 
beiden Enkel mit ihrer Mutter Ottilie ja durch viele 
Jahre in Wien lebten, die Enkelin Alma hier ge 
storben ist. Auch die Familie von Goethes Haus 
arzt Vogel, dessen Tochter die Gemahlin des 
Wiener Universitätsprofessors Dr. Demelius war, 
stellt einen näheren Zusammenhang mit Wien dar. 
Der sich anschließende Durchgang enthält Hand 
zeichnungen Goethes, 
Ein eigener Raum ist „Faust“ und seiner zeit 
genössischen Illustration sowie seiner Entstehung 
und Verbreitung gewidmet. Beherrscht wird dieser 
Saal durch das große Faust-Gemälde Schnorrs von 
Carolsfeld (1818), das durch Jahrzehnte in der kaiser 
lichen Gemäldegalerie aufgestellt war. An den 
Wänden wertvolle „FausV-Zeichnungen von Peter 
Cornelius und anderer Romantiker wie Schelf er vort 
Leonhartshof, Führich, Retzsch, In den Pulten die 
französische „Fausf'-Ausgabe mit den Zeichnun 
gen von Delacroix u. a, m. Dazwischen fünf Deko 
rationsmodelle des Burgtheaters zu „Faust“. Im 
nächsten Zimmer setzen sich die Illustrationen zu 
„Faust“ und Zeichnungen klassizistischer und roman 
tischer Künstler zu Goethe.schen Werken fort; die 
Pulte zeigen Autogramme von Weimarer und Jenaer 
Zeitgenossen Goethes, so namentlich solche aus der 
Sammlung Dr. Otto Frankfurter in Wien und 
in der Mitte eine Vitrine mit Autogrammen aus dem 
Besitze des Dichters Dr. Stephan Zweig in Salz 
burg. Aus dieser letzteren, in ihrer Art einzigen 
Sammlung, ist auch die im „Goldkabinett“ gleichsam 
als Sanktissimum aufgestellte Vitrine angefüllt, die 
u. a. eine Haarlocke Goethes, seine Schreibfeder, 
einige schöne Handzeichnungen von ihm. und das 
Autogramm einer Seite aus „Faust“, zweiter Teil, 
enthält. 
Ein eigener Saal ist „Weimar“ Und dem 
Weimarer Kreis Goethes eingeräumt. Hier finden 
wir Michaleks Farb-stiftbilder der Interieurs aus dem 
Goethe-Hause auf dem Frauenplan, unter den Por 
träts ein bisher unbekanntes Öelbildnis des in 
Weimar ausgebildeten und dann in Wien tätigen 
Schauspielers und Schriftstellers Heinr. Schmidt; 
in den Vitrinen interessante Stücke des Staats 
archivs, so die Verleihung des kaiserlichen Rats 
titels an Goethes Vater, des Adelsstandes und des 
Kommandeurkreuzes des Leopoldsordens an ihn 
selbst, eigenhändige Briefe Goethes an Metternich, 
Andenken an Grillparzers Beziehungen zu Goethe, 
darunter das von Gräfin Egloffstein in Weimar 1 ge 
zeichnete Bildnis Grillparzers. Ein anderes Pult dort 
bringt neben den Isabeyschen Miniaturen des Kaisers 
Franz und der Kaiserin Maria Ludowika Goethes Be 
ziehungen zum Wiener Hofe aus den böhmischen 
Bädern, Es folgt ein Saal, der das Thema „Goethe 
und Italien“ behandelt. An den Wänden eine Reihe 
einschlägiger Bilder und Gemälde von Malern, die 
in Rom zu Goethe in persönlicher Berührung stan 
den, wie Tischbein, Hacker^,Angelika Kaufmann 
und ihr Gemahl, der Maler Zucchi. Ergreifend ist 
dort der Anblick*des durch die,.österreichische Ge 
sandtschaft in Rom im Jahre 1786 „interzipirten“ 
(aufgefangenen) Briefes von Goethes Mutter an 
diesen, eines Briefes, „der ihn nie. erreichte’’ und 
der in wahrhaft rührender Weise der Freude der 
Mutter Ausdruck gibt, den.. Sohn . nun endlich -ff) 
Italien am Ziele seiner lang gehegten Reisewünsche 
zu sehen. Ein Schaukasten zeigt die Lebendmaske 
Goethes und einen Abguß seiner Hand, 
Den Beschluß machen die beiden Galerien, die 
einst den alten Bestand der Albertina bargen. In 
der ersten derselben wird an einer ganzen Reihe 
von Pulten „Goethe und die Wiener Bühnen“, be 
sonders das Burgtheater illustriert, Wir sehen dort 
u, a. den Theaterzettel der ersten Aufführung eines 
Goetbeschen Stückes in Wien („Erwin und Elmire“ 
mit der Musik der Herzogin Anna Amalia von Wei 
mar, 1776); anschließend in. ähnlicher Weise das 
Kapitel „Goethe und die Musik“ an ausgewählten 
Beispielen, Hier erregt die bisher kaum bekannte
	        
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