MAK
Nr. 2/3 
INTERNATIONALE SAMMLER-ZEITUNG 
Seite 15 
„Büchlein vom Silberstift“. Interessanten Aufschluß 
über die Feinfühligkeit dieses großen Kenners geben 
seine Lebenserinner ungen, die er unter den Titeln 
„Leben und Meinungen eines Bauernjungen“ und 
„Von der Scholle herauf" herausgegeben hat. In 
Meder geht einer jener seltenen Gelehrten dahin, 
deren innere Universalität sich die äußere Form der 
größten Bescheidenheit und Demut gewählt hat. 
JCein Seid für den Codex Sinaiticus. 
Das Britische Museum in London steht vor der 
Tatsache, daß es wahrscheinlich schon in Kürze jene 
berühmte Bibel, den Codex Sinaiticus, wie 
der verkaufen muß, dessen Erwerbung zu Weih 
nachten der Welt mit so sieghafter Freude verkündet 
worden war. Der Verkauf wird dadurch notwendig, 
daß die fällige Kaufsumme nicht durch Stiftungen 
zusammenkommt, andererseits aber das Museum 
Wechselverpflichtungen in Höhe von 100.000 Pfund 
eingegangen ist. Die Bibel ist also mit Wechseln 
des Britischen Museums bezahlt, ohne daß eine 
Rücklage für die Wechsel vorhanden wäre. 
Als MacDonald im Parlament kurz vor dem 
Weihnachtsabend den Kauf der Ȋltesten Bibel der 
Welt« erwähnte, glaubte man allgemein, daß die 
fehlenden 50,000 Pfund in wenigen Tagen aufge 
bracht werden würden. MacDonald hatte sich ver 
pflichtet, aus Staatsmitteln für jedes freiwillig ge 
zahlte Pfund ein Pfund beizusteuern, so daß also 
50,000 Pfund aus der Staatskasse fällig wurden — 
wenn man die restlichen 50.000 Pfund stiftete. Bis 
heute sind genau 8000 Pfund gezeichnet worden. 
Rechnet man die 8000 Staatspfunde hinzu, dann feh 
len noch 84.000 Pfund an dem Preis, 
Nachdem man inzwischen erfahren hat, daß es 
sich nicht etwa um die älteste, auch nicht um die 
schönste, sondern um die teuerste Bibel handelte 
(die älteste ist in Rom und die drittälteste und 
schönste bereits seit Jahren im Britischen Museum), 
hat man alle Hoffnung aufgegeben, die fällige Summe 
aufzubringen. 
Nur ein Land kann sich über die Bibel freuen 
— und das ist Sowjetrußland, dem die Engländer 
das Buch abkauften. Die Russen verstanden es sehr 
geschickt, einen »Privatinteressenten aus Amerika« 
in die Verhandlungen hineinzubringen, so daß die 
Engländer glaubten, dieser Privatmann werde die 
Bibel zu einem höheren Preis erwerben. Deshalb 
ging man rasch auf die Bedingung der Russen ein, 
bar zu bezahlen. 
Nun rauft man sich im Britischen Museum die 
Haare und überlegt vergebens, woher man die 84.000 
Pfund nehmen soll. Und da spricht man eben davon, 
daß es das einfachste sei, die Bibel wieder zu ver 
kaufen. Wenn man jetzt nur so einen Privatmann 
hätte, wie ihn die Russen damals an der Hand 
hatten . . , 
Dante-Porträt oon Sfiichelangelo. 
Aus Rom wird uns berichtet: 
Wie die Direktoren des Vatikanischen Museums 
und der Vatikanischen Galerien in einer Konferenz 
des Instituts für Dante-Archäologie mitteilten, ist in 
dem großen Fresko Michelangelos in der 
Sixtinischen Kapelle unter den den Welt 
richter umgebenden Personen ein Porträt Dan 
tes entdeckt worden. Im Laufe der Untersuchung 
wurden bisher 700 Photographien des Meisterwerkes 
gemacht, um die Möglichkeit eventueller Restaura 
tionsarbeiten zu prüfen. Ein Vergleich des Kopfes auf 
dem Fresko mit den bestehenden Porträten des gro 
ßen italienischen Dichters hat die Richtigkeit der 
Agnoszierung ergeben. 
Die Restaurationsarbeiten an dem Gemälde dürf 
ten sich sehr schwierig gestalten, da die Fresken 
stark zersprungen sind. Die Blässe der Farben ist 
allerdings nicht auf die zerstörende Wirkung der 
Jahrhunderte zurückzuführen. Wie bekannt, wollte 
Michelangelo nach der Aufdeckung der Fres 
ken, zu der ihn der Papst gedrängt hatte, die Figuren 
noch einmal mit stärkeren Farben, mit Gold und 
Glanzlichtern übergehen, doch ließ sein Rivale Bra- 
m a n t e das Malergerüst wegreißen. Es wäre zu 
kostspielig gewesen, das Gerüst nochmals aufzustel 
len, auch hatte Michelangelo sich schon neuen Auf 
gaben zugewandt. Trotz mehrfacher Interventionen 
des Papstes und seiner freundlichtuenden Feinde 
blieben die Fresken, wie sie nun schon einmal waren. 
Prof, B i a g e 11 i, Direktor der päpstlichen 
Pinakothek, hat die Maltechnik Michelangelos 
in der paolinischen Kapelle untersucht und berich 
tete nun darüber vor der päpstlichen Akademie für 
Archäologie, 
Auf einer rauhen ein Zentimeter dicken Unter 
lage, die aus zwei Teilen Pozzolanerde und einem 
Teil Kalk besteht, führte Biagetti aus, ließ Michel 
angelo nach gründlicher Anfeuchtung die Tünche 
anbringen, und zwar in der Ausdehnung, wie er sie 
im Laufe eines Tages bemalen will. Bei diesen 
Fresken hat er die frühere Methode fast ganz auf 
gegeben, die Umrisse des Kartons mit einem Nagel 
nachzuzeichnen. Statt dessen staubt er die Tünche 
durch den gelochten Karton ein. Vor sich hat er 
nur die Grundfarben, die er an dem Tage benötigt 
und modelliert am Vormittag mit dem Pinsel, um am 
Nachmittag die helldunkeln Schleier darüber zu 
ziehen, die uns durch ihre verschwimmenden Ueber- 
gänge in Bewunderung setzen. 
Die Farben, die er braucht, sind wenige und 
einfache; es ist die traditionelle Palette des Fresko 
malers; denn die großen Künstler wissen, daß das 
eigentliche Merkmal der Freskomalerei in seiner 
monumentalen Einfachheit besteht. Die Farben, die 
Michelangelo verwendet hat, sind wohl nur diese: 
gelbe, rote, grüne und sieneser Erde, roh und ge 
brannt, goldgelb, schwarze Erde oder Kohle, violettes 
Eisenoxyd, Lapislazzuli-blau. 
Die Diapositive der Bekehrung des Paulus, die 
6.25 Meter zu 6.61 Meter groß sind, zeigen, daß es 
aus 85 Tüncheabschnitten besteht, die ebenso vielen 
Arbeitstagen entsprechen. Diese Abschnitte sind 
ganz verschieden groß, so als ob der Künstler ein 
mal von der größten Schaffensfreude erfüllt war, 
ein andermal aber, wo die Stücke ganz klein sind.
	        
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