Seite SO
INTERNATIONALE SAMMLER-ZEITUNG
Nr. fi
Der Vieruhrbrief der Maria Antoinette
Wir haben bereits von der Auffindung des letzten
Briefes der unglücklichen Königin Maria Antoi
nette in der Bibliothek des Grafen Apponvi auf
Schloß Opnice gemeldet.
Es handelt sich um den sogenannten ..Vieruhr
brief“. Als nämlich um die vierte Morgenstunde des
16. Oktober 1793 der Königin eröffnet wurde, daß
sie hingerichtet werde, äußerte sie als letzten Wunsch
die Bitte, noch einen Brief schreiben zu dürfen. Man
gewährte sie ihr und so schrieb Marie Antoinette an
ihre Schwägerin, die Schwester des zu dieser Stunde
bereits hingerichteten L u d w i g s XVI.
..Ich schreibe Dir, liebe Schwester zum letzten
Male“, so beginnt der Abschiedsbrief der Königin.
„Ich wurde soeben verurteilt, nicht zu einem schmach
vollen Tode, den es nur für Verbrecher gibt, sondern
zur Wiedervereinigung mit Deinem Bruder. Da ich
unschuldig bin wie auch er es war, holte ich, daß
ich seiner in meinen letzten Augenblicken würdig
sein werde.“ Dann spricht die Königin von ihren
Kindern; es ist ihr einziger Schmerz, daß sie von
ihnen scheiden muß und daß sic sie vor ihrem Tode
nicht mehr sehen kann. Sie gibt ihnen noch einige
Ratschläge und trägt Grüße an ihre Verwandten
und Freunde auf. Der Brief endet mit einem erschüt
ternden, unvollendeten Satz: „Da ich nicht frei in
meinen Entschlüssen bin, wird man mir vielleicht
einen Priester zuführen. Aber ich werde ihm kein
Wort sagen und ihn wie einen völlig fremden Men
schen behandeln ..
Es .ist ärmmehmen, daß sich in dem Augenblick,
da Marie Antoinette diese Worte vollenden wollte,
der Kerkermeister Bau 1 erschienen ist, der, wie
wir aus anderen Quellen wissen, den Brief nicht an
die Empfängerin, sondern dem Untersuchungsrichter
F o u quier - T in v i 11 e übergab, der den Brief nicht
wejtergeleitet hat. Er sowohl wie die Adressatin be
schlossen gleichfalls ihr Leben auf der Guillotine
der Revolution. Die im Brief genannten Personen
haben von seinem Dasein niemals Kenntnis bekom
men.
Der Brief galt lange als verschollen, bis ihn
2t Jahre nach dem Tod Marie Antoinettes der Re-
; volutionär Court ois wiederfand und ihn seiner
Handschriftensarmnlung einverleibte. Als nach der
| napoleonischen Aera wieder ein Bourbone den l'ran-
| zösischen Thron bestieg, kam Cortois auf den Ge
danken, den Brief König Ludwig XVIII. zum Kauf
anzubieten, verkaufte ihn aber schließlich an einen
Höherbietenden ins Ausland, ohne dem König davon
etwas zu sagen; dieser mußte sich mit einer Fäl
schung begnügen, die erst entdeckt wurde, als es
bereits zu spät und das Original bereits in ausländi
schen Privatbesitz gewandert war. Fast eineinhalb
Jahrhunderte blieb er verschollen. Es wird wohl nie
mals völlig geklärt werden, auf welch abenteuerli
chen Umwegen er in die Sammlung Apponvi ge
kommen ist.
Der Besitzer, der bisher selbst nicht wußte, wel
che einmalige Kostbarkeit unter seinen Schätzen ver
borgen lag, hat inzwischen bereits hohe Angebote
ans Amerika erhallen.
Nachlaß Annemarie Weßier.
In dreitägiger Versteigerung (17. bis 19. Fe
bruar) hat das Auktionshaus Albert K e n d e in W i e n
den Nachlaß des Frl. Annemarie Wetzl er (Wien)
aufgelöst, dem ansehnlicher anderer Wiener und aus
wärtiger Kunstbesitz angeschlossen war. Auch diese
Auktion litt unter den politischen Vorgängen, die
keine rechte Kauflust auf kommen ließen.
Man verzeichnet« trotzdem eine Anzahl beach
tenswerter Preise, die wir hier folgen lassen.
Es erzielten (in Schilling):
Gemälde, Aquarelle, Miniaturen.
1 Jakob Alt, Ansicht von Innsbruck, 20 : 27.8 cm 100
10 Josef Kriehuber, Porträt einer jungen Frau,
34 : 27 cm 400
21 Ulf Darstellungen nach Grimms Märchen, je
24 x : 24 cm ‘ 100
22 Zehn MärchendarstÄungen nach Sergel, Aquarelle,
je 25 : 22.5 cm 100
27 Richard Moser, Die Elisabethbrücke über den
Wienfluß in Wien, Aquarell, 33 : 40.5 cm 65
28 Ders., Marktplatz in Eger, Aquarell, 32 : 40 cm 55
30 Ders., Markt in Eger, 47 : 65 cm 50
32 Theodor Fetter, Porträt einer jungen Frau in
weißem Kleide, 19 : 15 cm 200
34 Robert Schleich, Bayrische Dorfsiräße,
10.5 : 12.8 cm 200
38 Wiener Maler um 1860, Ferdinandsbrücke (jetzt
Schwedenbrücke) Wien, Aquarell, 12 : 18 cm 30
Porzellan, Fayence, Glas, Zinn, Bronze.
58 Glasservice 85
79 Hoher holzgeschnitzter, vergoldeter Kirchenleuchter,
um 1720 60
82 Altdeutsche Standuhr mit Email-Zifferblatt, um 1770 50
83 blfenbenifigur: Japaner 25
101 Alt-Wiener Anbieteiasse mit durchbrochenem Rand,
um 1820 22
103 Alt-Wiener Teller, Empire-Embleme mit Blumen 25
108 Porzellan schale mit Untertasse, weißer Binden
schild 1831 55
109 Alt-Wiener Schale mit .Untertasse, blauer Bindenschild 28
HO Karlsbader Brunnenbeeher, Schlaggenwald, blaue
Marke ‘ ' 30
112 Alt-Wiener Schale, Goldgrund, weiße Marke 1829 55
113 Alt-Wiener Schale, Marke 1835 65
114 Alt-Wiener Schale, weiße Marke 1828 60
114a Böhmische Schale mit Untertasse, im Mittelfeld
Miniatur: Porträt der Gräfin Potocka 90
115 All-Wiener Schale, auf der Vorderseite ein Bild: Das
Mäuthaus an der Taborlinie zu Wien 65
116 Alt-Wiener Schale, auf der Vorderseite ,,1,'Ete",
Hat. 1820 25
118 Alt-Wiener Schale, auf der Vorderseite ein Bild:
Ikarus, dem von seinem Vater die Flügel angeheftet
werden, dat. 1808 ' 35
123 Börzellanbild, Mädchenbildnis 30
124 Desgleichen 28
126 Biedermeierglus 32
132 llmpircglas, um 1800 22
133 Biedermeierglas tun 1830 28
151 Zehn geschliffene Glasteller 16
152 Zwei gleiche Alt-Wiener Schalen, um 1810 40
165 Egerländer Silberhaube 30
166 Egerländer Goldhaube 25
184. Indische Sandelholz-Briefkassette 40
Silber.
185 Drei Silber-Zuckerzangen 14
186 Drei Silbergabeht, 11'.Silber- Kaffeelöffel und 5 Sil
ber-Mokkalöffel, zirka 480 g 32
191 Zwölf Silber-Dessertniesser und 12 Silber-Dessert
gabeln, zirka 600 g 42
1.92 Zwölf Silbermesser, 12 Silbergabeln und 13 Silber-
Suppenlöffel, zirka 1800 g 90
193 Runder Silberkorb mit Glas, zirka 370 g 25
194 Silberkorb mit Weinlaub-Girlanden, zirka 660 g 80
198 Silber-Obstschale mit Glas, zirka 230 er 25
200 Silberbecher, Alt-Wien, zirka 75 g & 28