kung auf die Phantasie als ein unerhörter Bau, der in seinem Innern einen
zweiten goldenen mit dem Silbersarg umschließt. Aller aufgeklebter Flitter
konnte bis heute diesen Zauber der Kathedrale nicht brechen. Und dieser
Zauber, das ist das Große, das man zu schonen, zu erhalten, zu
würdigen, zu begreifen trachten sollte. Und dazu gehört in aller
erster Linie Talent, künstlerisches Empfindungsvermögen, dazu ist es
notwendig, daß man sich klar bewußt darüber wird, was man wert
schätzen, was erhalten soll. ©0©
© Wir aber haben uns bei der Restaurierung der Kathedrale benommen
wie Leute, die von Sitte, Konvenienz, Etikette gehört haben und jetzt
nicht genug davon an den unpassendsten Stellen anwenden können. Wir
hatten von der „historischen Methode” gehört und, indem wir nun Un
wesentliches sorgfältig schonten, die zarten Ursachen der künstlerischen
Wirkung aber achtlos angriffen, bildeten wir uns ein, die „historische Me
thode” angewendet zu haben. „Ist dies gleich Tollheit, hat es doch Me
thode.” ©0©
© Unerquicklich im höchsten Grade, anders kann ein mit treme aus
geführtes Kunstwerk nicht wirken. Das hundertmal korrigierte Bild des
schwachen Talentes, das Musikwerk, das mit vor ängstlicher Erregung
zitternden Händen und bebender Stimme ausgeführt wird, sind quälende
Peinlichkeiten. Aber Graf Lanckoronski warnt vor dem Talent! = ©©
© Ich stehe also am Schlüsse dieser Glossen genau auf dem entgegen
gesetzten Standpunkte: © © ©
© „Niemand kann aus Büchern lernen, wie Werke der Vorzeit zu be
handeln seien, sondern diese Erkenntnis kann nur dann erfolgen, wenn
sich dem Respekt vor der Vergangenheit noch die Fähigkeit, den innersten
Sinn der alten Kunstwerke nachempfindend zu erfassen, mit einem Worte
das Talent hinzugesellt.” = ©0©
© Von der Schatzkammer will ich nur so viel bemerken, daß sie ein
von der Kathedrale so streng geschiedener, verborgener Winkel war, daß
ich es für möglich gehalten habe, sie als ein Ganzes für sich zu behandeln.
Die Vergangenheit hat dort nichts außer den nackten Wänden von einer
übrigens sehr unregelmäßigen Struktur und einem hölzernen halbmorschen
Chor aus dem XVIII. Jahrhundert zurückgelassen. Graf Lanckoronski stößt
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