sind sprichwörtlich geworden. Es ist wie mit Troubadours und Minne
sängern. An diese goldenen Tage der Kunst kann der nur glauben, der sie
nicht besser kennt. Wer die Geschichte von Florenz genauer studirt hat,
weiß, daß das Mäcenatenthum der Medicäer einen sehr geringen Einfluß
auf die Entwicklung der italienischen Kunst ausübte. Was der erste
Cosmo und sein Enkel, der sogenannte Lorenzo der Prächtige, thaten
(diese Benennung beruht darauf, daß man den ganz allgemeinen Titel
,,magnifico” für einen besonderen Beinamen hielt und übersetzte), ist aller
dings ein Zeugniß, daß beide Männer -Geschmack und Liebhaberei an der
Kunst besaßen, allein neben den allgemeinen Bestellungen des gesammten
damaligen Publicums sind die ihrigen nicht hervorragend. Lorenzo’s
Bruder, der verschwenderische Papst Leo der Zehnte, regierte allerdings
zu der Zeit, wo Rafael und Michel Angelo in Rom ihres blühendsten
Ruhmes genossen, allein es ist bekannt, daß diese beiden ihre größten
Bestellungen von Leo’s Vorgänger, dem alten Giulio II., erhielten, einem
wilden, kriegerischen Greise, dem wenig an der Kunst lag, aber der für
Künstler ein Auge hatte und das Ungeheure zu würdigen wußte, das die
beiden Maler zu leisten im Stande waren. Rumohr deutet mit vollem
Rechte darauf hin, daß Leo X. diese Männer keineswegs so beschäftigte,
wie ihr Talent es verdient hätte. ©©©
© Gemälde waren damals ein Besitz, auf den man stolz war. Daher der
Aufschwung, den die Kunst nahm. Kein Mensch dachte etwa daran, die
Künstler von Staatswegen zu protegiren und aus anderen Rücksichten mit
Aufträgen zu versehen, als weil man an ihren Arbeiten persönlich Freude
hatte. Wenn man liest, wie Franz der Erste von Frankreich, wie der
Papst, der Kaiser, die Cardinäle bestellten und bezahlten, und daneben
hält, was Kirchen, Klöster und Privatleute ebenfalls bestellten und be
zahlten, so sieht man, daß die großen Herren nur als Theile des Publicums
mit im allgemeinen Strome schwammen, daß sie mehr auszugeben hatten
und deshalb berühmte Künstler mehr in Anspruch nehmen konnten, aber
sie bezahlten doch immer nur die Bilder, die sie sich malen ließen, kein
Gedanke an eine Förderung der Kunst aus höheren Staatsrücksichten.
Erst wenn die Künstler etwas geworden waren, verlangte man ihre
Dienste. Jugendliche Kräfte wurden von bedeutenden Fürsten erkannt
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