einen Preis erhalten, auf drei Jahre nach Italien geschickt werden. Natür
lich fruchtet bei dieser Verlockung jene Ermahnung sehr wenig. Jeder,
der in die Lotterie setzt, denkt zu gewinnen. Noch weniger aber steigt
etwa das Bedenken auf, was denn auch diese Gekrönten nach den drei
Jahren beginnen sollen, wenn sie aus Italien zurückkommen. Das wird
sich Alles finden. Welcher angehende Künstler zweifelte daran, zum
Höchsten in der Kunst berufen und befähigt zu sein. © © ©
© Darf der Staat eine so verführerische Zukunft denen Vorhalten,
welche, mit Talent zur Malerei begabt, von ihren Eltern in eine König
liche Anstalt gebracht werden, um dort Künstler zu werden? DARF DER
STAAT ÜBERHAUPT ETWAS SO GRUNDFALSCHES ALS
WAHR HINSTELLEN, DASS KUNST LEHRBAR SEI? UND AUF
DIESEN FALSCHEN SATZ HIN EINE ÖFFENTLICHE AN
STALT BEGRÜNDEN ? = = ©©©
© Was den Künstler macht, ist sein Eigenthum. Nur er kann es pflegen,
nur er es entwickeln. Er ist von einem gewissen Instinkte begleitet, der
ihn dahin leitet, wohin er kommen muß. © © ©
© Indessen wenn die großen Männer und Künstler ihre Kunst auch
nicht verschenken können, so hat diese dennoch auf beginnende Talente
einen unleugbaren fördernden Einfluß. Vielleicht könnte man die Formel
so bilden: der Staat, der für die Ausbildung nicht allein des Guten und
Nützlichen, sondern auch des Großen und Schönen sorgen soll, darf sich
nicht entgehen lassen, den Einfluß bedeutender Künstler zum Besten be
ginnender Anfänger in der Kunst auszunutzen. Es ist jetzt nicht von der
besonderen Kunstrichtung die Rede, sondern nur vom allgemeinen Ein
fluß, den das Vollkommene ausübt. Dieser ist gewißlich vorhanden. Ra
fael hat Leuten die Augen geöffnet, daß sie plötzlich anders sahen und bei
gesteigerten Anforderungen an sich selbst gesteigerte Anstrengungen
machten. Die Thätigkeit eines großen Künstlers reißt alle die mit fort,
die neben ihm arbeiten. Ohne Rafael wäre Giulio Romano das nicht ge
worden, was er war: man sieht das rafaelische Blut in seinen Adern
fließen, gerade so, wie aus manchem Antlitz, was Rafael selbst malte,
Michel Angelo gewaltig herausblickt. Man will den Einfluß des Phidias
auf eine ausgebreitete Schule nachweisen. Schiller hat unser Theater ge-
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