bildet, Platen hat vielen Schriftstellern das Gehör geschärft, mancher
mittelmäßige Schauspieler wird der Ristori auf der Bühne gegenüber
eine ungekannte Kraft in sich fühlen und begeisterter als jemals spielen.
0 Allein dieser Einfluß ist begründet auf eine wunderbare Sympathie,
die bei gleichartigen Fähigkeiten die stärkere Seele auf die mit geringerer
Kraft begabte ausübt. Das läßt sich nicht benutzen, wie Dampf; darauf
kann man kein System bauen. Unterricht in der Kunst und sogar Akade
mien gab es allerdings schon frühe. Lorenzo de Medici richtete eine Bild
hauerschule in Florenz ein, in welcher Michel Angelo seinen ersten Unter
richt erhielt; Lionardo hatte in Mailand seine Academia Vinciana; unter
Rafael und Michel Angelo lernten unzählige junge Künstler in Rom und
übten sich im Handzeichnen, aber diese Verhältnisse machten sich von
selbst, die Jünglinge zogen sich dahin, wo sie etwas zu lernen hofften, sie
suchten sich die Meister aus, die ihnen am liebsten waren oder am
größten erschienen, und so blieb es, bis die durch große Männer empor
gebrachte Kunst einer zweiten Generation von Künstlern anheimfiel,
welche alle die erhabenen Werke vor den Augen und alle die nützlichen
Lehren der Meister im Gedächtnisse sich im Besitz des Geheimnisses
glaubten, aber von vornherein darauf verzichteten, diejenigen zu über
treffen, von denen sie es erhalten hatten. 00©
© Vasari ist der Typus dieser Art Leute, ein Arbeiter in kolossalem
Maßstabe, groß als Baumeister, ein Genie seinen Nachfolgern gegenüber,
aber elend im Vergleich zu denen, die vor ihm schafften, und deren Leben
er theilweise noch miterlebte. Er war der Gründer der ersten Akademie
von Regierungswegen. Er hat schon seine bestimmten Schulbegriffe über
das Schöne. Die Kunst sei jetzt so vollkommen, ist seine Meinung, daß,
wer nur Zeichnen, Erfinden und Coloriren könne, mit Leichtigkeit da, wo
die alten Meister sechs Jahre zu einem Bilde gebraucht hätten, in einem
einzigen Jahre sechs Bilder vollenden werde, wofür er ja selber mit seiner
eigenen Thätigkeit ein Beleg sei. © © ©
© Dieser Mann, dessen Natur ein seltsames Gemisch von literatenhafter
Oberflächlichkeit und tiefem, ja begeistertem Verständnisse ist, gehörte zu
den Häuptern der Kunstschule, die vom ersten Großherzoge von Toscana,
dessen Residenz das ehemalige freie Florenz geworden war, gestiftet
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