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Der Überblick, den wir zum drittenmale seit 1897 in Dresden über das
moderne Kunstgewerbe erhalten, ist sicherlich befriedigend. Allerdings sind
wir, obwohl durchaus dem Modernen zugewendet, skeptischer geworden,
wie das so der Lauf der Dinge ist; die Thatsache allein, dass ein Entwurf
nicht einem historischen Stil sich anschliesst, sondern eben modern ist,
vermag uns nicht mehr zu berücken. Aber wir dürfen, wenn wir auch im
Einzelnen Ausstellungen zu machen haben, im Ganzen doch einen Fortschritt
feststellen.
Der blossen kunstgewerblichen Einfälle, der Ausschreitungen, welche
heftige Kämpfe für und wider hervorrufen, sind weniger geworden, und
es tritt mehr zielbewusstes Stilgefühl hervor. So bleibt noch ein Wunsch
vor allem übrig: möge in Zukunft namentlich die volksthümliche Seite des
modernen Kunstgewerbes noch etwas mehr in den Vordergrund treten.
DIE DARMSTÄDTER KÜNSTLERCOLONIE so
VON W. FRED-WIEN w
ER Architekt ist der eigentliche Dichter der bildenden
Kunst." Diesen Satz über die Baukunst hat
Richard Wagner hingeschrieben. Zum Bewusst-
sein seiner Bedeutung kommt in Italien jeder. Die
Sinne vermitteln dort unweigerlich den höchsten
Eindruck der Kunst durch Werke der Architektur.
Die Renaissance, die alsSehnsuchtszie1 die tiefsten
und feinst organisirten Menschen gerade unserer
Zeit beherrscht, verdankt ihre harmonische
Erhabenheit dem Umstande, dass die Baukunst
das natürliche Centrum aller bildenden Künste
war. Der Wunsch Jakob Burckhardts, dass der Staat ein Kunstwerk werde,
hatte zur Renaissancezeit in jener Umformung vorzeitige Erfüllung gefunden,
dass das Leben eines Standes infolge des glücklichen Anschlusses von
Fürsten und Nobilen an die Künstlerschaft einheitlich, durchdrungen von
Dichtung und jeder Form der bildenden Kunst, selbst zum Kunstwerk wurde.
Diese Epoche durfte dann die historische Blütezeit der Architektur werden;
die Resultate dieser Schaffensperiode wurden das höchste Glück und tiefste
Unglück aller späteren Zeiten. Denn der Anblick der florentinischen Palazzi
liess nie mehr einem schaffenden Künstler den Ansporn zu grossen Thaten
fehlen. Keiner durfte und konnte - selbst in der lässigen Zeit der zweiten
Hälfte des XIX. Jahrhunderts - sich mit eigenen Werken mittlerer Güte
zufrieden geben; stets unerreichte Vorbilder, ein steter Antrieb für jeden
Schaffenden sind diese Werke geworden so wie die Zeit, die sie hervor-
gebracht, ein unauslöschliches und in seiner Pracht nicht zu übertreffendes
Lebensziel für alle künstlerisch Gearteten geblieben ist. Erst als - wie kurz