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Volltext: Monatszeitschrift VII (1904 / Heft 12)

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Gebiete des Kunstgewerbes, 
der ornamentalen Kunst über- 
haupt gibt. Nirgendwo in der 
Kunst finden wir so wenig sub- 
jektive Eigenart, so wenig extra- 
vagante Seitensprünge, so viel 
ruhige, typische Entwicklung. 
Die Weberei arbeitet für einen 
grossen Bedarf, sie schafft 
Massenartikel und nicht Einzel- 
leistungen, sie hat daher nicht 
mit individuellem Geschmacke, 
sondern mit dem der grossen 
Menge zu rechnen. Die Muster 
der Weberei entsprechen dem 
allgemeinen Geschmacksniveau 
einer bestimmten Epoche und 
geben diese treuer wieder als 
jede andere Kunstgattung. Das 
ist für die Kunstforschung von 
ganz enormer Tragweite. Dreger 
ist der erste, der diesen Punkt 
Spätantiker, bunter Seidenstoft" mit der Darstellung Simsons (?) . . 
(Aus Dreger, "Künstlerische Entwicklung der Weberei und effasst und S9 d"? Textllkunde 
Stickerei", Wien, k. k. Hof- und Staatsdruckerei) vQn einer ggwöhnlichen Dis- 
ziplin der ornamentalen Künste 
zu einer der wichtigsten I-Iilfswissenschaften der Kunstgeschichte empor- 
gehoben hat. Aber so nachgiebig und schmiegsam die Technik der Weberei 
gegenüber dem Willen des Künstlers ist, so schwierig und kompliziert 
erscheint sie dem Laien. Daraus erklären sich so manche Mängel der bis- 
herigen Darstellungen. 
Die Stickerei ist viel individueller. Persönlicher Geschmack macht sich 
in ihr geltend, die von anderen Künsten geschaffenen Muster können oft ohne 
erhebliche Schwierigkeiten ihrer Technik angepasst werden, namentlich die 
Flachmuster der Goldschmiede- und der Buchornamentik. Ihre Zierformen 
sind nicht wesentlich von denen anderer Künste unterschieden. Während 
zum Beispiel der romanische und der gotische Stil im Abendlande unfähig 
waren, der Weberei Muster zu liefern und diese während beider Epochen 
auf Byzanz und den Orient angewiesen war, arbeitete die Stickerei mit aus- 
gesprochen romanischen und gotischen Kunstformen sowohl in den Figuren 
als in den Ornamenten. Auch darin hat Dreger schärfer als andere bisher 
gesehen und insbesondere den orientalischen Ursprung verschiedener Stoff- 
muster gotischer Zeit betont, namentlich den der gefiammten, welche von 
modernen Restauratoren ob ihrer „Stilechtheit" mit Vorliebe zur Dekorierung 
von Kirchenwänden benützt werden. 

	        
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