durchgestaltet, weiß man. Auch dal] dabei immer ein Element von Überraschung kund
wird, da er die menschliche Form aus dem eigenen augenblicklichen Gefühl heraus zu
modellieren liebt. Das ist seine plastische Lyrik, die ihn nie schematisch, nie langweilig
werden läßt. Gewisse Dinge werden übrigens bei ihm immer wieder bewundert. So seine
Rückenansichten. Hier gibt er wieder drei ganz verschiedene Rücken, jeder ein Charakter
für sich, mit anatomischen Mitteln ausgedrückt. Das Brunnenwerk Hellmers ist hinter den
Erwartungen zurückgeblieben. Der griechischen Inschrift am Sockel entsprechend („Schlaf
wardmirzumTraum, Traum ward mir zurErkenntnis")scheint dem Künstler ein seherhafter
Wachtraum vorgeschwebt zu haben, dessen Bann ihn jedoch selbst zu sehr fesselte. Die
sitzende Mädchenfigur hat dadurch die Starrheit der ägyptischen Syenit- und Basaltstatuen
bekommen. Dabei folgt ihr aber das Gewand nicht ausdrucksvoll genug; es müßte gleich-
falls den großen architektonischen Stil einer solchen Marmorstatue haben. Der Sockel ist
ganz mißlungen und für das Brunnenbecken ist dem Künstler nichts analog Großes
eingefallen. Eine mächtige eheme Schlange, die auf der Plinthe einfach um den Sockel
hergelegt ist, wirkt unvermittelt als Fremdkörper. An eine Wiener Kastalia erinnert
bloß der moderne Kopf, die Starre abgerechnet. Neben diesen großen Werken hat der
Brüsseler Jules Lagae, für Wien neu, am meisten angesprochen. In einer Reihe von
Porträtbüsten zeigte er sich als ungewöhnlicher Charakteristiker, mit dem instinküven Griff
nach der Hauptsache und einem eigenen Sinn, aus jedem Kopf das ihm zu Grunde liegende
Schema wie eine plastische Formel herauszufinden. Auch eine Gruppe „Mutter und Kind"
und noch anderes stand auf gleicher Höhe, zum Teil bei stärkerer Betonung des
Malerischen. Die Pariser Beiträge der Ausstellung gingen bis in die vorletzte Generation
zurück; zu Barrias, Falguiere und Dalou. Nach heutigen Begriffen stecken sie zu tief im
Modell und die beiden ersten auch im Salon; Dalou aber, der sich auf das große Denkmal
einrichtet, verliert sich im Aufgebauschten und Ausgestopüen. Die jüngere Generation hat
doch weit mehr Stil und geht dem Allerweltseiifekt aus dem Wege. Bemerkenswert war
übrigens Falguieres mit einer in trockener Schärfe charakterisiertenMarmorbüsteQuesnay de
Beaurepaires aus dem Dreyfus-Prozeß. Aus dem Kreise Rodins gefielen Desbois („Femme
a l'arc") und Bourdelle. Dann die neueren Tierplastiker (Riche, auch der Berliner Gaul).
Noch zwei Große des Auslandes machten (selbstverständlich) Figur: Meunier mit einem
tief durchbosselten bronzenen Christuskopf und einer großen Arbeiteri-igur in Original-
bronze vom „Denkmal der Arbeit". Dann Hildebrand mit einer marmornen Mädchenbüste
von innigem Formgefühl, bei doch wenig geschickter Behandlung der hier wichtigen Haar-
massen und anderer Einzelheiten. Die Welschen haben eben die schreckliche Virtuosität
voraus; der Deutsche fürchtet gleichsam, daß sie wirklich schrecklich werden könnte. Unter
den Wiener Beiträgen wurde die etwas weichliche Man-norbüste des Ministers v. I-Iartel,
von Frau Ries, doch sehr gewürdigt. Dann die frischen Arbeiten von Mestrovic, Hanak,
Müllner; eine Stilbüste Metzners nicht zu vergessen.
AMMLÜNG MILLER ZÜ AICHHOLZ. Zu wohltätigem Zwecke hat
einer der bestbekanntenWiener Sammler, Herr Eugen von Miller zu Aichholz, im Salon
Pisko seine schönen Pettenkofen und Rudolf Alt zur Ausstellung gebracht. Von den rund
xoo Nummern gehören 14 Alt an. Sämtlich früheste Jahrgänge, bis 1833 und 1835 zurück.
Ansichten aus Venedig, Rom (Capitol), Neapel im leuchtenden Blau von Himmel und
Wasser, durch einen wahren Ernailglanz bestechend, dabei jedes i bis aufs Tüpfelchen
genau gegeben. Es sind äußerst liebenswürdige Denkmale einer übersorgsamen Zeit, in
der noch ein Nachklang von Wigandschen Dosenveduten zu stecken scheint. Ein Kabinett-
stück geradezu ist ein „Spalato" bei Mondschein, von wundervoller Klarheit, aus der
sich ein echt romantischer Gebäudeschatten aufreckt. Zwei kleine Studien (Hallein,
Wien x85g) zeigen Alts erstaunliche Kunst in der Wiedergabe eines Gewimmels von
Kleinigkeiten und eine Ecke des josefsplatzes seine unerreichte Gebäudeplastik im kleinen.
Dazu kam noch das unvergessene Prachtstück „Dümstein" von x841, das leuchtet wie