zusammenzubringen. Dafür
war er ein zu praktisch den-
kender Mann. Auch nicht zum
Kopieren wollte er das ge-
samte Material verwendet
wissen. Lange bevor man in
Deutschland an die Verbin-
dung von Museum und Lehr-
werkstatt dachte, hat Sauer-
mann allen Widerreden, allen
Anfeindungen zum Trotz eine
solcheAngliederungzurfrucht-
bringendenTatsache gemacht.
Ihr sollte indes nicht der hand-
werkliche Lehrgang ab ovo
zugrunde liegen. Sauermann
wußte, daß das unter den ge-
gebenen Verhältnissen ein un-
fruchtbares Beginnen sein
Abb. 23. Kunstgewerbemuseum zu Flensburg. Beiderwandstoff werda Nur praktisch vorge'
mit Bäumchenmuster. Zweite Hälfte des xvxn. Jahrhunderts aus bildete fanden bei ihm Auf-
Leinen und Wolle. Wollschuß cochenillerot, Leinen naturfarhig nahrneIDaTinIiegtdaS Geheiß}
nis seines Erfolges. Aus dem
Handwerker bildet er - das ist ja die einzige Möglichkeit richtiger Erziehung
zur angewandten Kunst - den Kunsthandwerker, das heißt Leute, die dem
materiell richtig bearbeiteten Kern die künstlerische Hülle zu geben verstehen?
Bei der Erziehung zur Reißbrettarbeit liegt der Fall meist so, daß die künst-
lerische Hülle zuerst in Betracht gezogen wird, das Notwendigere aber, der
materielle Kern den „Künstler" verdammt wenig kümmert. Sauermann hatte
bald Schüler aus aller Herren Länder. Die von seinen mehr theoretisch als
praktisch gebildeten Kollegen anfangs angefochtenen und verlachten Schul-
prinzipien sind heute überall, wo diese Dinge wirklich ernsthaft genommen
werden, vollauf anerkannt.
Ein Fehler haftet dem Flensburger Museum an, der gleiche, der in
ungezählten andern Fällen auch gemacht wurde. Der entwerfende Architekt
hat sich mehr mit der Frage der „monumentalen Erscheinung" des Ganzen
als mit der zweckdienlichen Unterbringung der vorhandenen Materialien
befaßt. Hervorragend schön auf baumumbuschter Höhe über der Stadt
gelegen, machte der Bau eine symmetrische Fassadenlösung keineswegs
notwendig. Weit eher war das Gegenteil am Platze. Aber das wäre ja nicht
„monumenta " gewesen. So entstand eben ein Bau, der vor andern seines-
" Auch nach dieser Seite bietet die Ausstellung „München 1908" ein außerordentlich instruktives Bild
der Heranziehung eines fachlich gründlich gebildeten, kaufmännisch und staatswissenschaftlich wohl unter-
richteten Handwerker- und Kunsthandwerkerstandes, ein Werk des genialen Münchner Schulrnanns Dr. Georg
Kerschensteiner.