angezogenen Zitaten aus der Lebensbeschreibung des Baldinucci haben die Herausgeber
in dankenswertester Weise auch die übrigen Stellen aus derselben abzudrucken sich
entschlossen, so daß ein vollkommener Neudruck der Originalausgabe dieses „Vita del
Cavaliere Bernini" jetzt vorliegt. Das gedankenreiche Werk Riegls gewinnt übrigens noch
an erhöhter Bedeutung für uns, weil es bei dem allgemeinen und starken Interesse der
modernen Kunstwissenschaft für die Entwicklung der österreichischen und deutschen
Barockkunst eine tretfliche Hilfe gewährt, denn die Wurzeln der nordalpinen Plastik des
endenden XVII. und des XVIII. Jahrhunderts gehen größtenteils bis auf Berninis Werke
und deren starke Wirkungen zurück. . E. W. B.
WIEN. VORTRAG MÜTHESIUS. Geheimrat Dr. Ing. Hermann Muthesius
hat, der Einladung des Österreichischen Werkbundes Folge leistend, über „Massen-
erzeugnis und Handarbeit" gesprochen. Er hat damit eine aktuelle und wichtige Angelegen-
heit beleuchtet, die in ihrem Kern eigentlich die ganze kunstgewerbliche Entwicklung der
jüngsten Vergangenheit und der nächsten Zukunft beschäftigt hat und bewegen wird. Sie ist
als unmittelbare Folgeerscheinung der technischen Fortschritte ebensosehr zum Stolz wie
zur Sorge der Einsichtigen herangewachsen. Der Vortragende hat einerseits die ästhetisch-
formale wie die wirtschaftlich-praktische Seite der Frage eingehend behandelt. In seinem
ersten Teil kam er zur Verteidigung der Möglichkeit, bei den Massenerzeugnissen auch eine
ästhetisch befriedigende Gestaltung durchzusetzen, die ja im Buch, in der Kleidung und
bei verschiedenen anderen Produkten industrieller, mit maschinellen Hilfsmitteln bewirkter
Herstellungsweise heute schon erreicht erscheint. Sie besitzen jene Schönheit, welche ein
mit vollkommensten Hilfsmitteln und höchster Präzision hergestellter, wichtigen Be-
dürfnissen in vollendeter Weise entsprechender Gegenstand in der Regel besitzt und die
durch den menschlichen Instinkt zur Verfeinerung und Veredlung geführt wird, wenn
auch Zweckerfüllung und Massenproduktion die Erzeugungsweise vorwiegend bedingen.
Daneben wird die Schönheit individueller Handarbeit immer ihren Seltenheitswert und die
höhere künstlerische Qualität zu behaupten vermögen, wenn sie auch aus einem früher
allgemeinen in ein später eng begrenztes und höhergestelltes Gebiet gerückt wird.
Bei allen Verkehrsmitteln (Auto, Eisenbahn, Flugzeug) bilden allein schon die Über-
windung natürlicher Widerstände und die Erreichung höchster Leistungsfähigkeit form-
gebende Bedingungen von hoher Bedeutung; ebenso gilt dies von allen Gegenständen des
Gebrauches unserer täglichen Lebensbedürfnisse, die in bezug auf Material- und Zeit-
Ökonomie zur vollkommensten Erzeugungsweise gedrängt und damit auch zur einwandfreien
Gestalt gebracht werden. Wenn auf all diesen Gebieten dem Massenerzeugnis eine günstige
Prognose gestellt wird, so kann jeder, der sich von historisch rückblickender Betrachtungs-
weise zu einer gegenwartsfrohen und zukunftsicheren durchzuringen vermag, sicherlich
zustimmende Empfindungen und Gedanken zum Ausdruck bringen. Die nächste Zukunft
gehört sicher der technichen Produktion, der Ökonomie und Ausbildung aller Arbeitskräfte
und ihrer Werkzeuge ohne Sentimentalität und Nachahmungssucht vergangener Zeiten.
Anders und viel weniger günstig liegen die Verhältnisse für die derzeit in Übung be-
findlichen wirtschaftlichen Methoden. Der direkte Verkehr zwischen Besteller und Erzeuger
hat aufgehört und ihr Vermittler, der spekulative, geschäftskluge Händler, hat viel Unheil-
volles angerichtet. Das Warenhaus, damit zusammenhängend die Erzeugung für den Export,
geben noch immer ein berübendes Bild. Auch hier hat die Organisation das Machtwort zu
sprechen. Das Schreckwort „billig und schlecht" muß als mahnendes Zeichen gelten, die
Verdrängung der Heimarbeit durch minderwertige Fabriksware muß als Warnungsruf
wirksam bleiben. Nur die zielbewußte Organisation der besten industriellen, künstlerischen
und kaufmännischen Kräfte zu gemeinsamer Wirksamkeit, welche nach Möglichkeit den
unverantwortlichen und gewissenlosen Vermittler ausschaltet und zurückdrängt, kann ein
aussichtsreicheres Bild aufrollen. Der Vortragende war auf diesem Gebiete bei Schilderung
der Zustände optimistischer und nachsichtiger, als man es bei uns zu sein gewohnt ist.