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daß in den ersten Jahren nach des Kaisers Tode größere Erneuerungen der
Burg durchgeführt wurden; denn sowohl die österreichischen Erbländer als
das Reich waren damals von inneren Unruhen und Wirrnissen erfülltf"
Gesichert erscheint auch, daß der neue Saal Maximilians (nach 1510) an das
Paradeis anschloß.
Beim Paradeise wird im Jahre 1510 von keiner Veränderung gesprochen,
ebensowenig bis zum Brande hin; man darf also wohl annehmen, daß der
bauliche Zustand dieses Raumes, wie er sich aus den Urkunden derJahre 1534
und 1536 für die Zeit unmittelbar vor dem Brande ergibt, in der Hauptsache
schon für die Zeit vor I 510 gilt. Schon erkannt haben wir, daß die Paradeis-
stube im Jahre 1534 nicht die ganze Traktbreite einnahm; das gilt also
offenbar auch schon für die Zeit vor 1510. Die Erweiterung gegen den Graben
hat erst nach dem Brande stattgefunden; die Seite gegen den Hof gehört
jedoch schon der alten, kleineren Paradeisstube an. Was sich also an dieser
Seite aus dem Bauvertrage des Jahres 1536 als alt ergibt, kann, wenn sonst
nichts dagegen spricht, schon auf den Zustand vor dem Jahre 1510 bezogen
werden. Nun heißt es in dem Vertrage des Jahres 1536, der Baumeister solle
in der Paradeisstube für das „halb ausgeschossene" Fenster ein gutes, gerades
Kreuzfenster, aber auf seine Art, wiederum(!) von neuem machen, ferner
das Schneckentürmchen oben abtragen und unten auf Kragsteinen erwei-
tern, die fünf kleinen Fenster daran aber durch drei große, machtvolle Fenster
aus neuem Steinwerk ersetzen, die in einem halben Achteck anzuordnen
wären; endlich solle er die viereckige Ausladung gegen das „Frauenzimmer"
nach seinem Entwurf von neuem Steinwerk machen. "i
Es werden hier also verschiedene turrn- und erkerartige Ausbauten an-
geführt, wie sie für die nordische Baukunst des späten Mittelalters so kenn-
zeichnend sind; kaum irgendwo waren sie aber so beliebt und ausgebildet,
wie im deutschen Tirol, das hierin, wie in anderem, auch den italienischen
Süden des Landes beeinflußt hat. Gerade der früher erwähnte Ausdruck
„Ausladung", sowie die Bezeichnung Schnecke (Schneckenstiege und der-
gleichen), finden sich mit geringer Veränderung der Form ziemlich gleich-
zeitig auch in italienischen Urkunden Trients."""
"' Vgl. unter andern: Wilhelm Bauer „Die Anfänge Ferdinands 1.", Wien 1907, auch die Besprechung
Hermann Wopfners in der Zeitschrift des Ferdinandeums 1907, Seite 359d.
"' In der paradeys Stuben das halb ausgeschossen vennster ein guts gerads kreucz vennster doch auf
sain manier widerumb von newem machen, auch das schneckenthumdl abtragen, vnnd vnden erweittem auf
Icrackstain, die funj vennsterln abthun, vnnd drey gmsse tapfere vennster in ain halb aehtegk von nenlem
stainwerch hatven vnnd machen, auch die gefuert (geviert, viereckige) uusladung gegen Frawenzimmer von
newem stainwerch, jnnhalb seiner visierung seczen vnnd machen . . . _
"'" Siehe H. Schmölzer „Die Fresken des Castells del Buon Consiglio . . ." Innsbruck, xgox. Seite r7
(lo ausladen), Seite 42 (la lozeta zoe e! Lausloden), Seite 46; Seite 14 und 23 (landito zzl snech), Seite 15
und 39 (lo salot et chamarino in eao (mp0) el snech). 7 Es sei hier noch auf ein anderes Kunstgebiet hin-
gewiesen, wo der deutsche Teil Tirol: dem italienischen gegenüber offenbar auch der gehende war: im Jahre x53:
war im Tdenrer Custell ein mistro anzel Orle tisler beschäftigt, das ist der Tischler Meister Hansßl) Herndle
(a. a. O. Seite 27 und u); schon der Gebrauch des deutschen Wortes "Tischler" (tisler), wenn er auch gewisser-
maßen als Eigennamen auhritt. ist hier bezeichnend. Über deutsche Maler im mehr oder weniger italienischen
Süden Tiroia siehe unter andern: Schmöker, Min. d. Z. K. 1892, Seite x52 und am oben ausgeführten Orte
Seite 6x. Anmerkung.