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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe XVI (1881 / 192)

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die erste technische Fachsehule der Monarchie, namlich die nk. k. Staatsgewerbeschule 
in Wienu. Nachdem durch die, wie man gewiss zugestehen wird, verstandnissvolle Or- 
gnnisirung dieser drei Grundlagen unseres gewerblichen Bildungswesens die Gründung 
kleiner Fnchschulen erst ermöglicht worden war, begann dann vom Jahre 187a angefangen, 
iene bekannte Parallelaction des Handelsministeriums in Errichtung von zahlreichen ge- 
werblichen Fachschulen an verschiedenen Orten der Monarchie. So wenig die Verdienste 
der betreEenden Herren Handelsminister sich verkennen lassen, welche sich für die ge- 
werbliche Fachbildung in der lebhaftesten Weise interessirten, wird man doch nicht 
leugnen können, dass eben diese Fachschulen nach gewissen Beziehungen in einer fort- 
währenden Abhängigkeit von dem Unterrichtsministerium standen und stehen, und zwar 
in Bezug auf das Lehrmittelwesen, dann in Bezug auf die Lehrer, weiche zum größten 
Theile in den Anstalten des Unterrichtsministeriums vorgebildet waren, endlich in Bezug 
auf die Fachinspectoren, welche von dem Unterrichtsministerium entlehnt wurden. 
Man kann also nicht behaupten. dass das Handelsministerium hier allein eine 
bahnbrechende Thätigkeit entwickelt habe und was mich anbelangt, würde ich es am 
liebsten sehen, wenn wir weder dem einen, noch dem anderen Ministerium diese Ehre 
ausschließlich vindiciren würden. Seien wir Denienigen dankbar, welche sich um die 
Hebung des gewerblichen Unterrichtes verdient gemacht haben, und vergessen wir dabei 
nicht, dass die Ersten, welche an die Gründung von gewerblichen Anstalten gegangen 
sind, die Gewerbetreibenden selbst waren. Der erste Einwand scheint mir damit behoben 
zu sein. 
Wenn man zweitens behauptet, dass das Handelsministerium den gewerblichen 
Unterrichtsanstalten eine ausgedehntere Pflege widme, als das Unterrichtsministerium, so 
ist das nicht weniger unrichtig. Die Verdienste, welche sich die Handelsminister, namentlich 
Banhans und Chlumecky, um die gewerblichen Fachschulen erworben haben, sind 
allerdings oEenkundig. Aber man muss uns doch so viel Urtheil zutrauen, um Quantität 
von Qualität zu unterscheiden und um zu wissen, dass die Pßege des gewerblichen 
Erziehungswesens nicht allein in der Gründung einer möglichst großen Anzahl von 
gewerblichen Fachschulen bestehe. Man wird nicht vergessen dürfen, dass viele dieser 
Anstalten nicht an den richtigen Orten gegründet wurden, nicht vergessen dürfen, dass 
das Handelsministerium zwar eine gewisse Hast in der Errichtung von gewerblichen 
Fachschulen entwickelt, aber an vielen Orten diese Schulen, nachdem sie einmal in's Leben 
gerufen waren, gewissermaßen ihrem Schicksale überlassen hat. Man wird sich auch daran 
erinnern müssen, dass das Unterrichtsministerium durch die Errichtung seiner Zeichen- 
und Modellirschulen und durch die fortwährende sorgfaltigste Pflege derselben zur Hebung 
des Gewerbes an den betrelfenden Platzen viel mehr beigetragen hat, als an anderen 
Orten das Handelsministerium durch gewerbliche Fachschulen, sowie, dass das Unter- 
richtsministerium durch die Heranziehung von Lehrern zu Fachcursen. beispielsweise in 
Reichenberg, sich bemühte, auch schon die Volksschule in den Dienst der gewerblichen 
Bildung zu stellen. Denken wir zudem an iene großen, auf die Entwicklung des gewerb- 
lichen Lebens abzielenden Anstalten, wie das Museum für Kunst und Industrie u. s. w.. 
so werden wir wahrlich keinen Grund haben, zu sagen, dass sich die gewerbliche Bildung 
von Seite des Unterrichtsministeriums einer geringeren Pflege erfreue und dass das 
Unterrichtsministerium nicht die in den gewerblichen Kreisen gehegte Voraussetzung zu 
rechtfertigen vermochte, es werde dem in seinem Ressort vereinigten gewerblichen 
Bildungswesen eine ausgezeichnete Forderung zu Theil werden lassen. 
Wenn man drittens bemerkt, das Handelsministerium sei viel mehr in der Lage, 
sich mit den Gewerbetreibenden in einer gewissen Fühlung zu erhalten, als das Unter- 
richtsministerium, so muss ich (ragen, obin der bisherigen Thatigkeit des Handelsministeriums 
die nbthigen Garantien für eine solche Zuversicht geborgen liegen. 
Es ist ja ein offenes Geheimniss. dass an die Stelle des seinerzeit bestandenen 
technischen Aufsichtsrathes vom Handelsministerium vor drei Jahren ein aus Gewerbe- 
treibenden zusammengesetzter Beirath berufen wurde, dass aber dieser nur eine, sage 
eine, und zwar die constituirende Sitzung gehalten hat Seit jener Zeit, also seit drei 
Jahren. hat das Handelsministerium unter drei Handelsministern die gegenwärtige Handels- 
excellenz mit inbegriffen, es nicht für nothwendig befunden, bei seinen Actionen des Rathes 
der Gewerbetreibenden sich zu bedienen. Es würde mich sehr freuen, wenn ich in Bezug 
auf diese Beschwerde von irgend einer Seite widerlegt würde. So lange ich aber nicht 
widerlegt bin, habe ich das Recht zu behaupten, dass das Handelsministerium in seiner 
Vergangenheit nicht die Garantie biete, dass es in der Zukunft mit den Gewerbetreibenden 
in einer engeren Fühlung sich befinden werde. Jedenfalls wünsche ich, dass dasjenige 
Ministerium, welches die einheitliche Leitung de gewerblichen Bildungswesens zu besorgen 
haben wird, also wie ich meine das Unterrichtsministerium, sich hierbei stets eines Beiruthes 
von Gewerbetreibenden bedienen und bei allen wichtigen Actionen, bei der Bestimmung 
über die Art der Fachschulen, welche da oder dnrt zu errichten sind, bei der Berufung 
der Lehrer, bei der inneren Organisation u. s. w., diesen Beirath hören soll. 

	        
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