Die Rococoieit, von Albert Ilg. - Das neunzehnte Jahrhundert. Die Kunst unter den
Kaisern Franz l. und Ferdinand 1.; die Kunst unter Kaiser Franz Joseph I., von Alfred
Nossig. -Schlusswnrt, von Albert llg. - Jede der einzelnen Abhandlungen ist eine in
sich abgeschlossene, mit liebevoller Hingebung an den Gegenstand gearbeitete Studie,
zusammen aber gestalten sie das Buch zu einer umfassenden geschichtlichen Uebersicht
der Kunstentwicklung in Oesterreich-Ungarn.
Dem Verleger gebührt die vollste Anerkennung für die schöne Ausstattung des
Werkes sowohl in typographischer als in künstlerischer Beziehung. Das Verzeichniss
der Illustrationen und ihrer Urheber bezeugt, dass einerseits Kräfte ersten Ranges, wie
William Unger (von W. Unger ist das anmuthige Titelbild radirt, ein Porträt des
Kaisers Franz Joseph im Kindesalter, nach einer Miniatur von M. Dafünger),
H. Charlemont, G. Niemann, R. Bernt, E. Pessler, L. Michalek, J. G. Fahrnbauer zur
Mitwirkung gelangten, andererseits aber wurde auch einer Reihe von jungen Künstlern
- unter ihnen mehrere Zöglinge der Kunstgewerbeschule des k. k. Oesterr. Museums --
die Gelegenheit geboten, sich an einer vornehmen und würdigen Aufgabe zu betheiligen,
wie sie der illustrativen Kunst seitens des österreichischen Verlages leider nicht so oft
gestellt wird als anderwarts und als es im Interesse dieser Kunst erwünscht wäre.
Möge nun auch der Wandersegen, welchen der Herausgeber Albert llg diesem schonen
Volksbnche am Schlusse seines Vorwortes mitgegeben, sich voll erfüllen und das nvon
patriotischer Gesinnung getragene, sorgfältig geschaifene Werk für die ästhetische Bildung
unseres Volkes erfreuliche Früchte zeitigenl- R-r.
ö
Geschichte des Geschmacks im Mittelalter und andere Studien auf dem
Gebiete von Kunst und Kultur. Von Jacob v. Falke. Berlin, Allg.
Verein für deutsche Litteratur, 1892. 8". 374 S. M. 7.
Die nGeschichte des modernen Geschmacks: bildet bekanntlich ein Hauptwerk
des Verfassers, und hat mit der aKunst im Hausen vornehmlich für die Verbreitung häus-
licher Kunstpliege gewirkt. Das Buch bedurfte aber einer Ergänzung, da die Reform-
bewegung, die wir unter dem Namen Renaissance begreifen, ja nur verständlich wird
durch die Kenntniss der Zeit, gegen deren Inhalt die Reform sich kehrte. Diese Ergän-
zung liefert nun das vorliegende neue Werk. dessen erstes Drittel in fünf Abschnitten
das Entstehen des mittelalterlichen Stils aus den drei sich bekämpfenden und miteinander
vermischenden Elementen: den antiken Traditionen, dem Christenthum und dem Germanen-
thum, dann die Ausprägung des selbständigen nationalen Geistes in den Ländern romani-
scher und germanischer Zunge, das Ritterwesen und die geistliche Kunstübung, endlich
die Entartung darstellt. Selbstverständlich wird dieser Entwicklungsgang stets im Zu-
sammenhange mit Ursachen und Nebenerscheinungen in der Geschichte der Staaten und
Volker, der Litteratur, der Wirthschaft, der Sitten, der Tracht etc. behandelt. Daran
reiht sich eine anziehende Schilderung der Straße im Mittelalter, wie sie sich unter dem
Eintlusse der Architekturstromungen, der klimatischen und Materialbedingungen, des häus-
lichen und Vcrkehrslebens gestaltet hat. Des Weiteren sind hier die Abhandlungen über
Elfenbeinarbeiten, Gobelins, farbige Kupferstiche, Delfter Faience, innere Buchausstattung,
über die italienischen Porzellane vor Bottger, über Barock und Rococo gesammelt.
B.
1'
Der Fassadenschmuck. Eine Studie von Julias Leisching. Mit 76 Ab-
bildungen. Wien, Pest, Leipzig, A. Hartleben, 1893. 8'. 229 S.
fl. 2'2o.
In historischer Anordnung schildert der Verfasser zunächst die Entwicklung der
menschlichen Behausung. Ausgehend von den ursprünglichsten Wohnstätten, der Höhle,
Grube, Hütte und dem Zelte werden der Reihe nach die Holzbaukunst und deren Ueber-
tragung auf den Steinbau, der Ziegelbau, sowie der eigentliche Steinbau bis zur hochsten
Stufe desselben, dem Quaderbau der römischen Kaiserzeit, eingehend besprochen und
charakterisirt. Die architektonische Gliederung der Fassade bildet den Gegenstand des
zweiten Theiles, des Hauptsbschnittes des Buches, beginnend mit demjenigen Zeitabschnitte,
bei welchem zuerst von einer eigentlichen Fassadenbildung die Rede sein kann, mit
der römischen Kaiserzeit und fortschreitend bis zu den höchsten Aeusserungen der Hoch-
renaissance. Von besonderem Interesse sind die Streifblicke des Verfassers auf das
Schafen unserer Zeit und kann man sich mit demselben nur einverstanden erklären,
wenn er die übertriebene Heranziehung kunstgeiverblichen Zierraths zum Aufputz der
Fassaden tadelt und es freudig hervorhebt, dass in neuer Zeit der nbaulichc Gedanke!
wieder in den Vordergrund gerückt wird, der die Fassade zu einem aBauwerk-i, zu
einem agegliederten Organismus: zu machen trachtet.
Jahrg. t893. l 3