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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe V (1870 / 52)

Können die Unheholfenheit, Unsicherheit und auch die Naivetät der Kindheit zur 
Schau trug. 
Allein wenn wir bedenken, wie unendlich viel grösser die Hilfsmittel sind, 
über die wir heute verfügen, welcher mächtige wissenschaftliche Apparat uns für 
neue Leistungen, Verbesserungen und Erfindungen zu Gebote steht, wie dieser 
wissenschaftliche Behelf doch auch ohnedie Vorarbeiten früherer Jahrhunderte 
nicht zu Stande gekommen wäre, so muss nicht nur unsere Bescheidenheit cr- 
weckt werden, sondern wir müssen geradezu mit Bewunderung erfüllt sein über 
die vielen aus jener Zeit uns überlieferten Werke, die eben so viele Beweise 
einer scharfsinnigen Empirie, einer durchdringenden Beobachtungs- und Comhi- 
nationsgabe sind, wie über die intuitive Praxis und Technik, die oft vor den 
grölsten Aufgaben nicht zuriiekschreckte, über die Kühnheit der Projecte und die 
Sicherheit ihrer Ausführung, die sich auf diese musste stützen können. 
Wir sind einsichtig genug, vor Allem der Baukunst des Alterthums eine ge- 
waltige Ueberlegenheit über die unsrige znzuerkennen. 
Aber nicht nur der eigenartige, charakteristische, harmonische, stylvolle Plan 
und Entwurf, auch die Technik der Ausführung, die berechnete Festigkeit, die 
Solidität der Construction imponirt uns an derselben. 
Diese aber ihrestheils war nicht möglich ohne gewisse Behelfe und Kunst- 
griife der Ausführung, die sich jene Zeit ganz tsppend suchen musste, die sie 
mit einer Geschicklichkeit, einem Instinct fand, verbesserte, ausniitzte und ver- 
breitete, der fast ebenso verlässlich war, wie unsere geläuterten wissenschaftlichen 
Speculationen und nach diesen angestellten Versuche. 
Die Geschichte aller Handwerke und Künste ist erfüllt von Beispielen, die 
das beweisen, und der Gegenstand, über den ich auch heute wieder vor Ihnen 
zu sprechen die Ehre habe, der Mörtel für Wasserhauten, der hydraulische Mörtel 
oder Cement ist eines der schlagendsten dafür. 
Ich habe letzthin mitgetheilt, dass die Eriindung des Mörtels für den Hoch- 
bau in das früheste Alterthum, in die Zeit ältester egyptischer Cultur zurück- 
reicht, dass wir heute unsern Mörtel noch ebenso bereiten, wie die Griechen und 
Römer, dass fast Alles, was wir aus Eigenem dazu thun konnten, eine wissen- 
schaftliche Erklärung seines Erhärtens war. 
Ich kann heute damit beginnen, Sie daran zu erinnern, dass die viel schwie- 
rigere Aufgabe, einen Manerkitt zu finden und zu ersinnen, der auch dem Wasser 
widersteht, dem Meere und seinem ewigen Aetzen und Nagen, seinem Anprnllen 
und Fluthen, schon von den Altengelöst wurde, dass sie mit derselben Sicherheit 
ihre Brücken, ihre Häfen und Dämme bauten, wie ihre Tempel und Paläste. 
Und dass diese Aufgabe schwieriger war, das wird Ihnen klar werden, wenn 
ich Ihnen die Theorie eines solchen Mörtels zu geben haben werde, der, zu An- 
fang ein Brei, wie der Luftmürtel, schnell im Wasser erhärten, zu einem Stein, 
einem Mineral werden muss, soll er seine Aufgabe erfüllen, eine Theorie, die so 
viel schwieriger und complicirter als die des Luftrnörtels ist, dass Sie noch zur 
Stunde verschiedenen Meinungen grosser Gelehrter darüber begegnen können, die 
"wieder die Ausgangspunkte zahlreicher Versuche und Verbesserungen wurden, 
dieses so wichtige Material allzeit verlässlich und untadelhaft darzustellen. 
Das neulich schon citirte Werk des Vitruvius, eines Zeitgenossen des 
Augustus, enthält auch über den Wassermörtel die ersten zusammenfassenden Mit- 
theilungen und Vorschriften. Es geht daraus hervor, dass die Erfindung des. 
selben etwa zwei Jahrhunderte vor Christo gemacht zu sein scheint, und es lässt 
sich weiter verfolgen, dass bis tief in's 17. Jahrhundert hinein man nach diesen 
Vorschriften arbeitete.
	        
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