2 BLICK AUF WIEN VOM LEOPOLDSBERG AUS (14. November
1805, 8 Uhr morgens). - Im Vordergrund Nußdorf, im Hintergrund die Tabcrbrückc,
die die Vorstadt gleichen Namens mit dem sogenannten „Spitz" am linken Donauufcr
verbindet. Sie ist die einzige Verbindungsbrücke nach Krems. Hier beginnt die große
Straße nach Brünn. Die französischen Truppen hatten am Tag vorher Wien besetzt.
Die Marsehälle LEIIUICS und Murat, mit dem General Belliard, Chef des Generalstabes
des letzteren, bemächtigen sich nun durch eine List der unversehrt gebliebenen Brücke,
indem sie die Leiehtgläubigkeit des FML. Grafen Karl Auersperg ausnützen (dieser
wird von Kaiser Franz II. getadelt und als Oberst-Inhaber des k. k. Infanterie-Regi-
ment Nr. 24 abgesetzt). Auf die Falschmeldung von einem unmittelbar bevorstehenden
Waffenstillstand hin, rücken das 10. französische Huszirenregiment und die Grenadiere
des Generals Oudinot inmitten österreichischer Truppen, bis zum Dorf „Am Spitz"
vor. - Aquarell von Bagctti. Vun größter Genauigkeit. - Vgl. „Vue du Danube a
Vienne. Prise de Pextremtite du pont du Thabor, au village de Spitz. Levee par ordre
de S. E. le General Comte d'Andre'ossy, Gouverneur de Vienne, en 1809", also vier
jahre später.
verstanden sich ganz ausgezeichnet aufdiese Kunst. Zur Zeit der Revolution und
des Kaiserreichs hat das „Depot de la Guerre" (Sammelstelle für Kriegsberichle,
Feldzugspläne und kartographische Arbeiten, das etwas dem heutigen Kriegs-
archiv entsprach) unter anderen auch talentierte Künstler für diese Aufgaben
verwendet, z. B. Carle Vernet und den späteren General Lejeune. Vivant
Dcnon, Direktor des Napoleon-Museums (er hatte am Feldzug nach Ägypten
teilgenommen), war seinerseits damit beauftragt, den offiziellen Malern, die
an historischen Gemälden arbeiteten. wie 7., B. Gros oder Gerard, die nötigen
Unterlagen zur Verfügung zu stellen.
Der interessanteste unter diesen Künstlern ist ohne Zweifel der Sarde Giu-
seppe-Pietro Bagetti,' am 14. April 1764 in Turin geboren. Im Jahr 1792
war er Zeichenlehrer an der Königlichen Akademie dieser Stadt, wurde dann
Landsehafts-Zeichner des Königs von Sardinien, und war von 1794 bis 1796
Lehrer der Artillerie-Schüler für topographisches Zeichnen. Später trat er
in französische Dienste. Dort finden wir ihn im Juni 1800 in provisorischer
Verwendung als topographischen Ingenieur und mit dem Rang eines Haupt-
manns bei der Italien-Armee, wo er vorn Ahteilungsehef des topographischen
Bureaus, dem Oberst Brossier, damit beauftragt war, „die Abbildungen der
interessantesten Landschaften anzufertigen, in denen sich die wichtigsten Be-
gebenheiten des Krieges abspielen würden". Die erste Arbeit, die er dem
„Depöt de la Guerre" übersandte, war ein Aquarell der Schlacht von Ma-
rengo, das er an Ort und Stelle angefertigt hatte. Unter seinen Bildern muß
man die Skizzen, die während der Schlacht selbst hergestellt wurden und
die sehr selten sind, von seinen anderen Arbeiten unterscheiden, die er erst
im nachhinein in Ruhe ausführte und von denen es eine große Anzahl
gibt.
Die erste Serie umfaßt 68 Aquarelle, die auf Befehl Napolcons zwischen 1801
und 1807 entstanden und markante Episoden aus den Feldzügen zwischen