Schwarzenberger fordert vom Kunst-
werk „intuitives Maß" im Sinne der
gegenwärtig vielzitierten Bewußt-
seinserweiterung. Sein vor kurzem
ausgestellter Beitrag dazu waren an
die zwanzig "Formationen": bemalte,
mit Löchern beziehungsweise Steck-
kugeln versehene Reliefs, einige selbst
entworfene und in Streifenmanier be-
malte Möbelstücke und ein sogenann-
ter ..Guckkasten mit permanent lau-
fendem Film" zur Vorführung der von
Schwarzenberger in den drei letzten
Jahren gedrehten Dokumentar- und
Umweltstreifen (unser Bild). Schwar-
zenberger, der als Steinbildhauer be-
gann, verbindet in seinen neuen.
ästhetisch ansprechenden ,.Formatio-
nen" im wesentlichen Tendenzen des
Hard Edge mit jenen der Op-Art und
erzielt durch den in manchen Reliefs
vorgenommenen aquarellistischen
Farbauftrag zusätzliche ungewöhn-
liche Kontrastwirkungen.
Galerie nächst St. Stephan -
Wolfgang Ernst
Im April vergangenen Jahres fand in
der Kunsthalle Bern eine vielbeach-
tete internationale Ausstellung statt,
die sich unter dem Titel ..Wenn Atti-
tüden Form werden" dem aktuellen
Phänomen der Conceptional Art zu-
wandte und dieses - begleitet von
einem umfassenden Katalog 7 an
Hand von ,.Werken, Konzeptionen,
Vorgängen, Situationen und Informa-
tion" auf breiter Basis dokumentierte.
Eine ähnliche Großausstellung gab es
in Osterreich bisher noch nicht. Zwei
Gruppenausstellungen der Galerie
nächst St. Stephan (,.Surrealismus
ohne Surrealisten", „Zehn über zehn")
waren jedoch zumindest Teilaspekten
der Conceptional Art gewidmet, was
auch prompt eine Reihe von Miß-
verständnissen zur Folge hatte und
einige jener Kulturpessimisten auf den
Plan rief, die zum soundsovielten Male
das Ende der Kunst verkündeten. Die
Wiener Galerie nächst St. Stephan war
es auch, die dem 1942 geborenen
Wiener Wolfgang Ernst die Möglich-
keit einräumte, eine größere Kollek-
tive seiner im wesentlichen der Con-
ceptional Art zuzuordnenden Objekte
und Projekte zu zeigen (Abb. 8).
Ernst nützt diese nicht alltägliche
Chance kompakt und mit jener Dosis
an Provokationsbereitschaft, die pro-
blematischen Dingen anhaften muß,
wollen sie eine Diskussion außerhalb
der üblichen künstlerischen Kriterien
und Praktiken in Gang setzen und
darüber hinaus möglicherweise zu
neuen Erkenntnissen führen.
Was Ernst bis 4. März 1970 in der
Wiener Avantgardegalerie zeigte, war
allerdings keine leichte Kost und er-
forderte vom Betrachter ei hohes
Maß an denkerischer Flexibilität, mit-
inbegriffen die Bereitschaft, über
künstlerische Phänomene und kunst-
ähnliche Tatbestände auch dann nach-
zudenken, wenn diese auf Anhieb
nicht gerade sehr viel herzugeben
scheinen. Zwischen Dingen mit Sub-
stanz und Ansätzen für eine ernstzu-
nehmende Weiterentwicklung bezie-
hungsweise bloßen Gags, die primär
um ihrer selbst willen inszeniert wer-
den, zu unterscheiden, ist freilich
nicht nur bei Wolfgang Ernst von-
D018".
So war z. B. sein ,Raum für Huhn
und Kritiker" kaum viel mehr als ein
sarkastischer Spaß. Daneben stellte
Ernst jedoch einige Objekte vor, die
mit mehr Berechtigung reflektiert wer-
den konnten. So zum Beispiel ein in
einem eleganten Metallrahmen an die
48
verandernoer .,Kunsr oder niois uer
Versuch, feststehende Begriffe durch
neukonstruierte Zusammenhänge,
durch bruchstückhaftes Herausreißen
aus der gewohnten Realität zu über-
prüfen und in ihrer Realtivität aufzu-
zeigen?
Ein weiteres Objekt zielt in ähnliche
Richtung: Ernst hat ein kitschiges
Heiligenbild mit Aluminiumblech zur
Gänze verkleidet. Er löscht es damit
aus 7 ohne seine materielle Existenz
zu vernichten 7 und nimmt damit
einen ähnlichen Akt vor wie Arnulf
Rainer mit seinen Uberdeckungen und
Ubermalungen von Bildern anderer
Künstler. Vermeintliche Kunst wird
bei Ernst durch ein unausgefülltes
"Bild" des Kontemplativen ersetzt, in
dem sich der Betrachter leicht ver-
schwommen spiegelt. Das Banale
wird zum Verschwinden gebracht,
ohne freilich - und darin zeigt sich
ein echtes Dilemma 7 einen vom
Volk ähnlich begehrten Ersatz für den
persiflierten Devotionalienkitsch an-
bieten zu können.
Skizzen in Richtung Land Art. Pro-
jekte, die nie realisiert werden können
und auch nicht darauf abzielen, mit
Metallgriffen versehene Ziegel und
ähnliches ergänzten die 7 hier nur in
einigen Aspekten von Deutung und
Bedeutung skizzierte 7 Schau, die
trotz gewisser Vorbehalte als künst-
lerisch-künstliche lnjektionsspritze zu
bejahen war.
Künstlerhaus-Galerie 7
Hans Krenn
Hans Krenn, einer der eigenwilligsten
und konsequentesten österreichischen
Maler der jüngeren und mittleren Ge-
neration, zeigte in der Galerie des
Wiener Künstlerhauses seine bisher
größte und wichtigste Einzelausstel-
lung (Abb. 9). Die Exposition, die
vom 16. Mai bis 7.Juni 1970 auch
in der Neuen Galerie der Stadt Linz
zu sehen war, umfaßt 36 Bilder.
Gouachen, Radierungen und Farb-
siebdrucke aus den letzten drei Jah-
ren. Krenn, der erst vor kurzem mit
Erfolg in Köln und München aus-
stellte, erweist sich in diesen Arbeiten
einmal mehr als originärer, technisch
perfekter Maler gesellschaftskritischer
Grundhaltung. Seine bis zu einem ge-
wissen Grad im Surrealen beheima-
teten, durch grellbunte Pop-Art-Ele-
mente angereicherten Darstellungen
beruhen auf der ökonomischen Ver-
wendung eines verhältnismäßig knap-
pen, doch überaus signifikanten Vo-
kabulars, dem schon in seinen Grund-
zügen jenes zur angewandten Mal-
kultur in reizvollem Kontrast stehende
Tolpatschig-Aggressive anhaftet, das
den außergewöhnlichen Rang dieser
hintergründigen Persiflagen bestimmt.
Ein abschließender Hinweis gilt einer
in Vorbereitung begriffenen Krenn-
Sondernummer der in Basel erschei-
nenden Kunstzeitschrift „Panderma",
die in Kürze vom Verlag Carl Laszlo
herausgebracht werden wird.
Kunstzentrum Mahlerstraße -
Neues Domizil der Galerie Tao
Mit der Ausstellung „5 optische Wege"
wurde _Ende Februar das neugegrün-
dete "Osterreichische Kunstzentrum"
in Anwesenheit zahlreicher Prominenz
aus Kultur, Wirtschaft und Politik
durch Bundeskanzler a. D. Dr. Josef
Klaus eröffnet (Abb. 10, 11).
Die Initiative zu dem bereits 1968 als
Verein konstituierten "Osterreichischen
Kunstzentrum" geht ebenfalls auf
Dr. Klaus zurück, auf dessen persön-
uumrzii war ein teuer genireiews
Kellerlokal im Wiener Palais Palffy)
erhielt in den von Architekt Hannes
Lintl zweckentsprechend umgestalte-
ten ehemaligen Stallungen des 1860
erbauten Palais Todesco kostenlos
Quartier. Als Gegenleistung für diese
verpflichtende Subvention hinsicht-
Iich der Raummiete und der laufenden
Regien übernahm Frau Wong die
Durchführung des kompletten Aus-
stellungsprogrammes, bei dessen Er-
stellung sie jedoch zumindest teil-
weise an Entscheidungen des Ver-
einsvorstandes gebunden sein wird.
Die Galerie mit dem Eingang Mahler-
straße 1 wird grundsätzlich nach
kommerziellen Gesichtspunkten ge-
führt und soll neben primären Ver-
kaufsausstellungen auch ausgespro-
chene "Förderungsausstellungen" ver-
anstalten, bei denen den dazu ein-
geladenen Künstlern keine finanziellen
Belastungen erwachsen. Daß man
sich nicht auf österreichische Maler,
Graphiker und Bildhauer beschränken
will, entspricht der Notwendigkeit
nach impulsgebender internationaler
Kontaktnahme, ohne die auf längere
Sicht kein wirklich qualitätvolles und
aktuell interessierendes Ausstellungs-
programm erstellt werden kann. Dar-
über hinaus wird die großzügig ein-
gerichtete Galerie auch als Forum für
andere Veranstaltungen, wie Dichter-
Iesungen, Vorträge und Diskussionen,
fungieren, die - nach Wunsch ihrer
Initiatoren 7 der "Auseinandersetzung
mit aktuellen kulturellen Problemen,
Ideen und Strömungen" dienen.
Die Eröffnungsausstellung umfaßte in
abwechslungsreicher Präsentation und
Auswahl neue Druckgraphiken und
Bilder von Theo Braun in der für sie
typischen Tendenz geometrischer
Hard-Edge-Elemente, deren farbiger
und formaler Zusammenklang aller-
dingsverschiedentlichauchorganisch-
vegetativ anmutet und die subjektiven
Ausdrucksmoglichkeiten eines im all-
gemeinen eher als "objektiv" einge-
stuften bildnerischen Vokabulars ver-
deutlicht. Bertram Castell, Mitglied
der Künstlergruppe Schloß Parz und
zuletzt Aussteller in der Welser Gul-
den-Galerie, zeigte neben einer Folge
jüngst entstandener Zeichnungen zwei
farbig subtile, ausgewogene größere
Bilder, die hinsichtlich Kompositione-
gerüst, Bilddichte und der sehr male-
rischen Detailbehandlung erfreuliche
Fortschritte andeuten. Hildegard Joos,
die in Wien schon länger nicht zu
sehen war, präsentierte drei mit Be-
dacht komponierte, zumeist auf reine
Schwarzweißkontraste reduzierte Ab-
straktionen, die ihren Ursprung im
amerikanischen Post-Painterly Ab-
stractionism besitzen. Mittelgroße
Zeichnungen des Köflachers Franz
Roupec (sie wurzeln in einem mit-
unter skurril anmutenden lnformel)
und dekorativ betonte, im allgemeinen
jedoch zu wenig geläuterte Abstrak-
tionen des Salzburgers Lucas Suppin
ergänzten die Schau unterschied-
licher Tendenzen und Qualitäten.
Galerie Junge Generation -
Elfriede Trautner
Mit rund vierzig zumeist neueren
Kaltnadelradierungen gab die Linzer
Künstlerin Elfriede Trautner kompak-
ten Einblick in ihr von echtem Aus-
drucksbestreben getragenes CEuvre
(Abb. 12).
Der in mehreren Beispielen mögliche
Vergleich zu älteren Blättern verdeut-
lichte dabei die schrittweise erworbe-
nen Fortschritte, die außer zu einer
spieuaun e. naumang ..
größere Bestimmtheit vorterlha
geschränkt. Das zeichnerisch
ment tritt heute 7 variabel um
stilistisch einheitlich genützt 7
in den Vordergrund. Das hat
Spannung zur Folge und inspir
sensible Graphikerin oft und
dynamischen, großzügigen Lös
Elfriede Trautner ist mit zunehm
Erfolg um eine - mitunter gle
hafte 7 Synthese von real ref
baren Sinneseindrücken und
tionellen Erfahrungen bemüht. 1
dient sich dabei eines weitest;
abstrahierten, doch fest im Fig
Gegenständlichen verwurzelte
kabulars, das mehr und me
dekorative Reize und Atzstrt
verzichtet, wie sie z. B. in derr
subtilen Blatt „Altes Rad" no
zutreffen sind.
Mittelgroße Arbeiten wie „Er".
der Puppe 1" oder der in ma
auf Pop-Art-Tendenzen in der
Figuration eines Antes hinwt
„Zeitgenosse" sind für die I
Auffassung der Graphikerin
ders charakteristisch. Sie zählte
nur zu den graphisch ergiebigst
spannungsreichsten Blättern de
tativ beachtlichen Schau, s
vermutlich auch zu den ausgev
sten und interessantesten Leis
der empfindsamen Künstlerin
haupt.
Galerie Ariadne -
Kurt Moldovan: "Alice im
Wunderland"
Mehr als zwanzig kapriziöse V
nen, die der Wiener Zeichn-
Aquarellist Kurt Moldovan 19
viel Verve zu Papier gebrac
stellte die von George McGu
leitete Galerie Ariadne (VI
Bäckerstraße 6) im Rahmer
qualitätvollen, intimen Auss
vor. Moldovan, dessen rhyt
beschwingte. spannungsreiche
erst bei eingehender Betra
ihren eigenwilligen Charakter v
falten, widmete sich dem Then
schließlich in mittelgroßen
formaten. Seine mit Pinsel um
in unverkennbarem Stil gezeic
Tuschen beziehen ihren Re
herben graphischen Charme r
Spontaneität einer temperamer
Handschrift, die den Vollblutgr
immer wieder zu phantasievolle
quat illustrierenden Kapriolen
Galerie Peithner-Lichtenfel
Walter Schmögner
Der zuletzt sehr erfolgreiche
geborene Wiener Graphiker, Z
und Illustrator stellte bei Peithi
gesamt 47 Blätter aus: Aq
Tuschen, Federzeichnungen
einige Radierungen. Besonder
lich: die zum Besten gehö
espritgeladenen, doch auch v
Idee her einfallsreichen Bild:
im popigen Stil amerikanischer
sowie einige der gelungen aqu.
ten Politikerporträts. Viele der
ten Blätter sind auch in dei
Verlag für Jugend und Volk,
München, herausgebrachten Si
ner-Schmöcker-Band "Böse
in sehr guter drucktechnischer
tät veröffentlicht. Starpoet H.
mann hat der skurrilen Feder t
nichtwenigerindividualistische
sicht des zeichnenden Self
Mannes „Brave Worte" mit 2
Weg gegeben und damit zu
stehen eines publizistischen .
seiters beigetragen, der sic