Künstlers Strandbildern quirlt Lebendigkeit. Ge-
steigerte Dramatik kann selbst aus einem im Grunde
so stillebenhaften Vorwurf wie dem des „Männer-
bads" bei Martinz entspringen. Und in dem großen
,.Negerbild" hat gesellschaftskritisch Geschautes un-
mittelbar Form angenommen.
Der Neger im Vordergrund wurde niedergeschlagen.
Zwei Weiße in der Mittelzone kämpfen miteinander.
Im Hintergrund sucht ein anderer Neger mit weit
ausholender Gebarde die Situation zu klaren. Das
Opfer und der, weicher aufklären will, sind in grau-
braunen Tonen gemalt, zu denen Weiß kommt.
Karminrot und Veronesegrün wurden verwendet.
Die Absicht des Künstlers war, ein entfremdendes
Bild zu schaffen. Der Betrachter soll die Leiber
nicht um ihrer selbst willen ins Auge fassen.
Solche Gemälde, die ein politisches Problem gleich-
sam beim Namen nennen, sind bei Fritz Martinz
selten. Mit der gleichen Intensität, mit der er Malerei
als .Farb- und Formproblem" bezeichnet, lehnt er
häufig alles Erzählerische, alles „Literarische" in der
bildenden Kunst. ab.
Seine Art des Protestes war, daß er in einem zu-
nehmend automatisierten Zeitalter Physis malte. Des
Künstlers Schlachthausbilder erhalten einen „philo-
sophischen" Aspekt dadurch, daß sie die Zerstorung
und Bedrohung des Organischen darstellen. Die
Liebesgärten, wie überhaupt die Frau als Thema
von Martinz' Malerei, sind Zeugnisse einer unge-
brochenen Vitalität. Die Bilder dieses Künstlers be-
schworen: Fleisch gegen Maschine, Figur als revo-
lutionäre Haltung gegen die Automation. Die Frau
wird nicht als Konsumartikel, nicht als Werbemittel,
sondern als ein krattiges, Iebenserhaltendes, lebens-
erneuerndes Wesen geschaut.
Es ist nicht notig, meint Martinz, ins einzelne zu
gehen. Es genügt der hockende, der stehende oder
sitzende, der sich bewegende Mensch, die Existenz
des Menschen im Bildraum. Der Maler habe da
unwahrscheinlich differenzierten Gesetzen zu folgen,
dem physischen, dem Lichtmoment in der Um-
friedung, auf der Schotterbank, auf der Fläche. Fritz
Martinz' Palette reicht von einer schweren Farbig-
keit, die viel Schwarz gebraucht, bis (in derjüngsten
Zeit) zu einer zarteren, hellen oder auch penetrant
grellen. Anfänglich legte Martinz seine Bilder flach
an, war ihm Volumen ein Greuel. Als er sah, wie
modern die flachige Malerei wurde, hat er sich um
das Volumen bemüht. Damals war das barocke
Anliegen Protest. Der Künstler malt seit einigen
Jahren ungemein spontan. Zeichnerisch aber ist
jeweils alles schon vorbereitet. Es gibt viele zeich-
nerisohe Varianten, viele Naturstudien, bevor
Martinz an die eigentlich malerische Arbeit geht.
Dieser Maler liebt große Formate. Er meint: „Diese
Wirklichkeit ist gar nicht paradiesisch. Man kann sie
nicht als Briefmarke machen. Ich mochte mich nicht
als Psalmodiker sehen, sondern eher als einen Hecht,
der beißt." Der Künstler glaubt nicht, daß das
Kostüm, daß das historische oder zeitgenössische
Detail in der Malerie notwendig sei. Er glaubt auch
nicht an grundlegende Neuerungen psychischer
Art: .,Der Mensch hat sich seit Jahrtausenden nicht
geändert. Er schreit noch immer, wenn man ihn
auf die Füße tritt. Er hat noch immer sein Liebes-,
sein Sexualproblem. Wer den Ovid, den Homer mit
Verstand liest, der wird sagen: Das bin ja ich!"
In des Künstlers Werk wird mit Leidenschaft eine
Tradition fortgesetzt, die dem Bilde des Menschen
ebenso gilt wie der Findung und Erweiterung for-
maler Möglichkeiten, welche für diesen Zweck ge-
eignet sind. Martinz ist unter anderem auch einer
der vollkommensten Aktzeichner, die es in Öster-
reich gegenwärtig gibt.
„La maison des fous", eines derjüngsten Gemälde des
Künstlers, setzt etwas fort, was mit den Schlacht-
hausbildern begann und in den „Fleischträgern"
weiterlebte: die Darstellung eines Raums, in dem
sich etwas sehr Ernstes vollzieht. Das Schlachthaus
war Martinz „eine Sache des Kriegserlebnisses, wenn
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