Wir haben mit Absicht die Bronzen der letzten
Jahre als Beispiel aus Pillhofers Oeuvre aufge-
griffen, weil sie, auf Grund ihrer Formen, in ihrer
Uberschaubarkeit die beste Moglichkeit bieten, die
Schaffensweise des Künstlers zu verfolgen. Hier
wird ganz eindeutig, daß es sich weder um eine
Abstrahierung der Naturformen noch um ästhetische
Formspiele handelt. Wir könnten Pillhofers Schöp-
fungen am ehesten noch als Formfindungen be-
zeichnen. Henry Moore sagte einmal zu diesem
Thema: „Ein sensibler Betrachter von Skulpturen
muß auch lernen, Form einfach als Form zu emp-
finden und nicht als eine Darstellung oder Er-
innerung..."'. Eine eminent wichtige Funktion
gerade in einer Zeit, die so sehr wie die unsere zur
Auflösung oder lnfragestellung jeder Form neigt.
Sicher hat der Kubismus und des Künstlers Lehrer
Wotruba sehr viel zu dieser Findung bei Pillhofer
beigetragen. Wer aber diese Bronzen betrachtet.
wird sich über den eigenen Weg dieses Bildhauers
klarer werden. Diese Plastiken sind weder eine
Archaisierung noch ein Kürzel. Es sind vielmehr
jene Wesen, deren Schatten Plato in seinem Höhlen-
gleichnis zitiert: also die Ideen. Denn Idee heißt
im ursprünglichen Sinne „Anschauliche Gestalt".
Als solche ist schon die „Horizontale Figur"
aus dem Jahre 1956 zu verstehen. Die Verkantungen
derverzogenen Flächen, Schrägen und Rhomboide
strecken den Korper in eine schwebende Waag-
rechte. Das ganze Objekt zeigt aber nahezu eine
architektonische Strenge und Gesetzlichkeit im
Aufbau. Man konnte vielleicht bei Pillhofers
Werken an eine Stelle in lonel Jianous Buch über
Brancusi denken, wo über den rumänischen Meister
geschrieben steht: „Es ging ihm um die Festigkeit
und das Gleichgewicht der Maße, um Proportionen,
kraftvolle Geschlossenheit und Struktur. Die
meisten seiner Plastiken waren Modelle, die ver-
grbßert und wie Gebäude im Freien errichtet werden
sollten".
Dasselbe kann man auch von den vertikalen Fi-
guren Pillhofers sagen, selbst wenn sie keinen
besonderen Titel tragen. Etwa bei einer Bronze
aus dem Jahre 1965. Hier ziehen die Kräfte aller-
dings nach oben. Ein steiler Aufstieg baut die
Massen auf schmalem „Fuß" höher, um weiter
auszugreifen. Und wenn eine Plastik Pillhofers 1966
den Titel „Vogel vor dem Abflug" bekommt, so
gilt für sie ebenso wie für die vielen Torsi, Köpfe
und Beine jene Anschaulichkeit, von der schon
gesprochen wurde.
Als ganz markantes Beispiel mag dafür der „Schwe-
bende Vogel", der 1968 entstanden ist, zitiert
werden. Obwohl die hier sich schichtenden, zu-
einander und aus sich aufbauenden kubischen
Körper gleichsam etwas Monurnentales haben, ist
der ganzen Plastik, auf einen kleinen Sockel ge-
stellt, etwas ungemein Leichtes, nahezu Segelndes
0mm sie: vi z-
Josef Pillhofer , Kopf" was. Bronze, H a4
Hintergrund Steinskulptur, H 2so cm, Sarnmlun
(New mit)
Josef Pillhofer „Schwebender Vogel", isse.
a 32 cm
Josef Pillhofer, ,Vogel vor dem Abflug", 1956.
H 3a cm
Josef Pillhofer, , Fünlteilige Figur" 157D. Bronze.
Josef Pillhofer, jrzengel" 1970. Bronze, H
Museum des 20. Jahrhunderts, Wien
Josef Pillholer Atelier mit Plastiken aus dem Jr
Josel Pillhofer, Plastik (ohne Titel) tsee Bronze,
Josef Pillhofer, „TurmkopV, 1970. Bronze, i-i er