MAK

Volltext: Alte und Moderne Kunst XXII (1977 / Heft 152)

triumph at last through the benefit of the ma- 
chine. Let us nat fear the new tools which 
technic has given us. We can anly live authenti- 
cally in our owrl time. Achieving Iarge-scale 
distribution is necessary to answer the vast 
demand which comes to us from the warld"." 
Die Entwicklung multiplizierbarer Kunst blieb 
trotz der Proklamatianen und Manifeste in den 
50er Jahren auf erfolglose Versuche beschränkt. 
Als Jean Fclutrier 1950 in New York Werke unter 
dem Titel „Originaux Multiples" ausstellte, wur- 
den nur zwei davon verkauft. Die Preise beweg- 
ten sich zwischen 6000- und 10.000.- französi- 
sdlen Francs. Ein Angebot Daniel Spoerris aus 
dem Jahre 1956, eine Edition von Multiples 
herauszugeben, wurde von Denise Rene aus 
Gründen der Kalkulation abgelehnt. Erst 1959 
wurde die erste MAT-Edition von Spaerri ver- 
wirklicht, die erste generell auf Vervielfältigung 
beruhende Produktion von Kunstwerken in grö- 
ßerem Rahmen. MAT steht für Multiplicatian 
d'Art Transformable und enthielt Werke u. a. 
von Albers, Arp, Duchamp sowie von jüngeren 
Künstlern wie Morellet, Le Parc, Christa, Arman 
und Rainer. Die Preise lagen zwischen 300.- und 
600 DM, doch der finanzielle Erfolg der Gale- 
rie war mäßig, und die Edition ging sdton 
nach kurzer Zeit in den Besitz einer anderen 
Galerie über". 
Das Kunstwerk als Ware 
Ein multipliziertes Kunstwerk ist im Sinne der 
industriellen Produktion entstanden, ahne jedoch 
seinen Kunstcharakter aufzugeben. Es ist nicht 
nur einmal vorhanden, sondern mehrfach, prinzi- 
piell in unbegrenzter Zahl von Exemplaren. Jedes 
Exemplar ist allen anderen exakt gleichartig, 
wie es eine Ware ist, die in der Fabrik herge- 
stellt wird und ihre Häufigkeit dem Bedarf an- 
paßt". Ein Multiple ist somit wie ein Foto in 
iedem der vorhandenen Exemplare in gleichem 
Maße vallgültig gegenwärtig. In diesem Sinne 
ist ein Kunstwerk lediglich dann als Multiple 
anzuspreohen, wenn es kraft der Intentionen 
des Künstlers und der Wesensart seiner Struktur 
nach auf Massenproduktion hin konzipiert ist, 
wenn also der Begriff der Reproduktion eines 
als Original anzusehenden Entwurfs nicht auf- 
kommen kann. 
Neue Phänomene wie die der multiplizierbaren 
Kunst implizieren offene Fragen. Welcher Art 
ist das neue Publikum für diese Kunst? Wie und 
wo sollen die Objekte verkauft werden? Im Wa- 
renhaus, im Buchladen der Museen oder in der 
Galerie? Wer soll die Marktforschung betrei- 
ben? Soll Marktforschung überhaupt betrieben 
werden? Soll es Preisbegrenzungen nach oben 
undlader unten geben oder nicht? Alle diese 
Fragen, insbesondere die nach der Höhe der 
Auflage, sind nicht zu unterschätzende Faktoren 
für die Gesamtkalkulation, häufig genug ent- 
scheidend für das Zustandekommen eines Wer- 
kes überhaupt". 
Die mit multiplizierbaren Kunstwerken hervorge- 
tretenen Künstler sind an keine Stilrichtung, Tech- 
nik oder Altersgruppe gebunden, bekannte 
Künstler der älteren Generation stehen oft neben 
iungen Künstlern, die sich auf die neuen Mög- 
lichkeiten konzentrieren. Auch die Preise der 
Kunstwerke unterliegen starken Differenzierun- 
gen. Multiples lnc. in New York zum Beispiel 
bietet Werke in einer Preisskala zwischen 15.- 
und 1500- Dollar an, darunter Altmeister wie 
Albers, Newman, Man Ray und Fontana, aber 
auch berühmte jüngere Künstler wie Warhol, 
Lichtenstein, Sdtristo, Dine, Judd, Trova, Rau- 
schenberg und Fahlstram. Edition MAT bewegt 
sich in Preislagen von 500.- DM und ist vor- 
wiegend auf europäische Künstler konzentriert. 
34 
Andere große Firmen für die Herausgabe von 
IMuItipIes sind Pace Editians in New York, Ge- 
mini G. E. L. in Los Angeles und Vice-Versand 
in Deutschland, der beispielsweise ein Multiple 
van Joseph Beuys bereits in mehreren tausend 
Exemplaren verkaufen kannte. 
Aber auch große Museen haben Multiples pro- 
duziert und herausgegeben. Die Tate Gallery in 
London gab eine limitierte (50) Edition van „Ki- 
tes" heraus, die Künstlern wie Robyn Denny, 
Gordon Hause und Richard Smith in Auftrag 
gegeben worden waren. Ernest Trovas „FalIing 
Man Kaleidoscope" wird vom Museum of Mo- 
dern Art in New York herausgegeben und kostet 
3.95 Dollar. Thema, Gestaltung Produktion und 
Distribution sind hier zu einer harmonischen Ein- 
heit gekommen. 
Dem Wesen der multiplizierbaren Kunst gemäß 
erscheint generell die unlimitierte Produktion. 
Ein Multiple von Takis in einer unbegrenzten 
Auflage von Unlimited, Bath, kostet in Anbe- 
tracht der unterschiedlich verwendeten elektri- 
schen Apparaturen 38.-, 45.- bzw. 50.- Dollar 
und erfüllt die genau gleichen Funktionen wie 
es ein nur einmal vorhandenes Werk des Künst- 
lers erfüllen würde". Limitierte Auflagen hin- 
gegen ähneln der Produktion der traditionellen 
Plastikgüsse, die oft, um einen hohen Preis zu 
Anmerkungen 18-30 
"Zitiert nach J. L. Tancock: Multi les, the First Decade, 
Philadelphia Museum af Art, Mar s - April 4, 1971. 
"1959 war auch insofern ein bezeichnendes Jahr, als 
Jean Tinguelys Painting Mad1ine und Piera Manzonis 
Linien sowie die wie Gemälde wirkenden, in hoher Auf- 
lage entstehenden Drucke von Warhol in diesem Jahre 
produziert werden sind. 
1" H. H. Holz: Vorn Kunstwerk zur Ware. Studien zur 
Funktion des ästhetischen Gegenstandes im Spätkapitalis- 
mus, Neuwied und Berlin 1972. 
7' J. K. Galbraith: The market system and the arts, Studio 
International 187, June 1974. 
"N. R. Piene: Art under Dollar 500.-, Art in America, 
MaylJune 1970. 
"Arts and Artists, June 1969. 
"The End of the .,Cult af the Unique", Studio Internatio- 
nal, June 1971, S. 286, 
"Vorwort von E. H. Turner im Katalog Mulaples, The 
First Dezade, Philadelphia Museum ot Art, arch s - 
April 4, 1971. 
"Demozrazy as Cammercialization, Studie International 
a7, 1972. 
"gmwrf Haug, IIFSQJ Warenüsthetik, FrankfurtlMain 197s, 
1' Art and lndust A Systematic Approach, Studio 
International 107, "l 1974, s. 161. 
"Visuelle Kommunik ion. Beiträge zur Kritik der Be- 
wußtseinsindustria, Köln 1971, S. 179. 
"' Versuche 5-10, Berlin 1931, S. 301-302. 
halten, in nur sehr wenigen Exemplaren 
stellt werden. 
Die Diskussion über diese Fragen ist nicht 
schlossen, doch die Argumente tendier 
Recht mehr zugunsten unlimitierter Edi 
Ralph Pomeroy sprach es deutlich aus: 
multiples should be reproduced in amol 
never less than 10.000 - better in the 100.t 
and should sell for ten Dollars or less 
the counters af drug and ten-cent stores". 
D. H. Karshan sieht eine Entwertung de 
zips in der Tatsache der Limitierung vol 
tipIe-Editianen: „Thus, the original poten 
the multiple work af art - a truly deml 
oriented one - was subverted, partly c 
technical necessity, but more often due t 
nomic vagaries, into a rare and precioul 
modity"." Die Tatsache, daß Bronzeabgüs 
Constantin Brancusi, Alberto Giacomett 
Henry Moore Preise von mehr als 150.000. 
Iar erzielen, ist ein in diesem Sinne eklc 
Beispiel. 
Sind also die Editionen von multiplizierten 
werken Produkte ökonomischer Opportul 
Oder sind sie eine Antwort auf soziali 
Ideale, die die Kunst in Reichweite vieler 
zu bringen suchen"? Ist die Ausweiturl 
Kaufkraft im Bereich der Kunst lediglicl 
Täuschung im Hinblick auf die nicht vorhc 
politische Macht, wie Janet Daley meint" 
die oft erwähnten niedrigen Preise der Ml 
ein soziales „Plus" oder der höchstmi 
Profit der Unternehmergruppe nach sorgf 
Marktanalyse? 
Wolfgang Fritz Haug verneint die Frag 
ein Kunstwerk auch Ware sein kann und f 
daß ein Künstler, der sich nach dem 
richte, notwendigerweise von diesem bee 
werde und die Warenfarm über den kül 
schen Inhalt entscheide". Doch ist dies 
sichtig und hat zu Recht Gegenargumente 
ziert, wie sie B. Smith bereits überzeugen 
kuliert hat: „But the value af a work 
qua art is not determined solely by its ca 
tive market relatianship with products whi 
desired for utilitarian reasons. lt is detel 
by the resalution within the art syste 
interactian and mediatians, af the values 
aquired in contact with component parts 
system during its effective ,life' ar dl 
within the system, and in competition with 
warks in the systemu." Damit ist gleicl 
auch die allein polemisch zu verstehendi 
fassung von H. K. Ehmer zurückgewiese 
besagt: „Zur Kunst wird gemacht, was 
nigen, die über die Produktionsmittel ver 
zur Kunst machen wollen?" 
Die Tatsache, daß Kunstwerke auch War 
und sein können, findet im vervielfältigten 
obiekt ihre wesentliche Ausprägung. Bert 
erkannte dies generell für die Kunst un 
schied sich für den Sachverhalt selbst mi 
Zugeständnis, den Begriff für das Produkt 
zu lassen: „lst der Begriff Kunstwerk nich" 
zu halten für das Ding, das entsteht, we 
Kunstwerk zur Ware verwandelt ist, dann r 
wir varsidltig und behutsam, aber unerschr 
diesen Begriff weglassen, wenn wir nic 
Funktion dieses Dinges selber mitliquidiere 
len, denn durch diese Phase muß es hin 
und zwar. ohne Hintersinn, es ist kein 
bindlicher Abstecher vom rechten Weg, s: 
was hier mit ihm geschieht, das wird e 
Grund auf ändern, seine Vergangenhei 
löschen, so sehr, daß, wenn der alte I 
wieder aufgenommen werden würde - t 
wird es werden, warum nicht? - keine Erinl 
an das Ding durch ihn ausgelöst werden 
das er einst bezeichneten."
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.