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Volltext: Alte und Moderne Kunst XIV (1969 / Heft 104)

Aus der Kunstwelt 
Buntlusiniiiisttiriiim tiir u ittoriiciit 
Btisucltorstntistik dar Stainllicltun 
Musuun untl Kiiitstsantritlurigun 
Diis Buiidusnrinistrrritiiri fiir UlllUlfifhl gibt 
bükrfflftl, rinis lfl tltJfl iiiiii iiiiioisiuiiiiridiin 
Sianiiiriir-n Muciiiiri und KlJnSlStlfnmlUll- 
guri in (lllrt Monaten NIElfZ 1363 78.747 
unLl April 1968 801513 Besucher gt-ziiiiit 
wurtlun. 
ÜslBrfBlChlSCltES Museum für 
angewandte KtlftSl 
Die Gesellschaft der bildenden Kunstl 
Kuristleiliaus, hat Dlfüklüf Professor 
hulm Mra1ckiri„Wtiidigung seiner Verdienste 
um dir: Pflege und Fdrtlcrung tlcr Kunst" 
zum außcrurtluiitlichcit Mitglied Lrriianrtt. 
Mit Erlall vom B Januar lElGS) wurde Direk- 
lDf Piarami oi. Wilhelm Mtazek diö Lehr- 
hEfLlghlS iiii fftltllt-tfll iiiia rlßtjlift? Kunstge- 
SCltlChte an defUfllvafältal Sallburg Ufld der 
niiii Honorarprofessor Vßlllßheft, 
 
Berichte 
Informationen 
Streiflichter 
Museum das 20. Jahrhunderts - 
Oto Gutfreuncl 
lrn Rahmen der zuletzt stark forcierten 
Osikontakte Zßlglü das Museum des 
20 Jahrhunderts in Wien bis 11. Mai 
1969 die Ausstellung Oto Gutfreund 
(188971927) (Abb. 173). Die 42 
Plastiken sowic 45 Zeichnungen und 
Ariuarellc umfassende Schau wurde 
von der Nationalgalerie in Prag zu- 
sammengestellt. Sie ging auf eine 
Anregung Werner Hoimanns zurück 
und fand im Austausch gegen eine 
Wotruba-Retrosnektive statt, die in 
Prag gezeigt wurde. 
Der tschechische Plastiker Oto Gut- 
frcund ist lur den Westen - sicherlich 
aber auch fur fast alle Staaten des 
Ostens deren Kunstoppurtunismus 
nicht nur zu fatalen Versäumnissen 
sondern auch zu unzulässigen Bevor- 
mundungcn geluhit hat - eine spare 
Entdeckung. Sein in der Fachliteratur 
noch nicht zur Kenntnis gcnommerias 
Werk kennenzulernen und kritisch zu 
analysieren. ist legitimer Nachhol- 
bedarf und ltunsthistorische Ver- 
pflichtung, will man nicht s ohne 
deswegen die krassen stilistischen und 
qualitativen Schwankungen des 
Oeuvres in Abrede zu stellen - den 
Vorwurf auf sich sitzen lassen nur 
dem Aufmerksamkeit entgegenw- 
bringcn was auf den Hauptstraßen 
der Entwicklungsgescliichte der Mo- 
derne SDIFICH Weg nahm Ahrilich wie 
sein Landsmann Kupka zahlt auch 
Gutireurid zur mitteleuropäischen 
Avantgarde. Sein Werk konfrontiert 
irri Abschnitt von 1910 bis 1920 mit 
beeindruckenden, ausdrucksstarken 
kleineren Bronzen, die in ihrem 
personlichen Lvrismtis und ihrer for- 
nialcn Potenz Verglcichbarcm bei 
BoccionioderDuchanrp-Villon gegen- 
uborgcstellt werden konricn. 
Damit ist aber auch schon die Ein- 
flußsphare der Kunst des aus einer 
Kiull15tüdl in Nordostbohmen stam- 
menden Gutlreund umrissen. Sie 
wird im wesentlichen durch den 
Kubismus bestimmt, den Gutfreund 
bei seinem Pariser Aulenthalt1909 bis 
1910 kcnncnlernte und in durchaus 
personlicher Sicht weiterverfolgto. 
Mitentscheidende Bedeutung auf 
seine Entwicklung und sein kom- 
plexes Denken hatten allerdings auch 
Ausstellungen von Rodin, Munch, 
Cezzihno, Van Gogh, Matisse, Derain, 
Friesz und Braque, die ab 1902 von 
der international orientierten, sehr 
progessiven Prager Kunstletvercini- 
gung "Mänes" veranstaltet werden 
waren. 
In der Plastik selbst verdankt Gut- 
freund selir viel Bourdelle, dessen 
Schüler er in Paris bis zum Sommer 
191D war Gutfreunds auf ein starkes 
Einbeziehen von Lichtkcintrastan und 
-spielen bedachte Bronzen (gemeint 
sind vor allem die Arbeiten von 1911 
bis 1919) veranschaulichen s sieht 
man von den primären kubistischen 
Elementen eines klaren Ordnungs- 
gefuges ab s auch einen gewissen 
Hang zu einem verhaltenen Ex- 
pressionismus, der vereinzelt barock 
arimutet, jedoch in jedem Fall von 
großer Sensibilität getragen ist. 
Ob Gutfteund im oft uberbeworteten 
Frioritatcnstreit der modernen Kunst 
entscheidend mitzuteilen hat, bedarf 
nocii in vielem genauer vergleichender 
Untersuchung. Feststcht - und das 
zeigte die Wiener Ausstellung ein- 
deutig -, daß er Werke schuf, die im 
Konnex dergroßen kunstlerischen und 
geistigen StrömungenderzehnerJahte 
standen und fernab schwachen Epi- 
gonenlums die kuristlerische Problem- 
stellung dieser Epoche dokumentieren. 
Neben der monumental wirkenden 
„Angst" aus 1911, dem großartigen 
..Don Ouijote" und der „Vik zwei 
Köpfen aus 1911 bzw. 1912-13. 
der an Wotruba gemahncnden .,Lie- 
gcnden Frau mit Becher" und der 
cltubistischen Buste" (1912713), ver- 
dienen vcr allem zwei aus Abiallholz 
hergestellte Arbeiten aus 1919 Er- 
wähnung, zeigen diese doch in 
ihrer beinahe architektonischen Struk- 
tur dadaistisclie Aspekte und ein Vor- 
ausalrnon der ,.Lenintr'ibune" Lissitzkvs 
aus dem Jahre 1924. 
Was Gutfreund nach 1920 schuf s 
seltsam wuchtige folkloristisch in- 
spitiette Denkmals und Reliefs, der 
heutigen Pop-Art oberflachlich ah- 
nelncle symbolistisct-ie Figtirengruppen 
(„Handeli „lndustrie") sowie Stand- 
bilder und Auftragsarbeiten in einer 
dem "Sozialistischen Realismus" ver- 
wandten Sprache - kann dem Vcit- 
hcrgegangenen nicht verglichen wer- 
den. Es fallt in der Summe s so 
interessant auch mancher einzelne 
Aspekt sein mag - beträchtlich ab und 
ist fur die berechtigte Zurkenntriis- 
nahrne und Aufwertung Gutfreunds 
kaum maßgebend. 
 
Albertina - Alfred Hrdlitzka 
In dem mit einer Ausstellung von 
Ernst Fuchs begonnenen. den wich- 
tigsten österreichischen Druckgra- 
phikern der Gegenwart gewidmeten 
Zyklus, stellte die Graphische Samm- 
lung Albertiria als zweiten Kunstlcr 
Alfred Hrdlicka vor. Die von einem 
informativen und ansprechend go- 
staltetcn Katalog begleitete Schau 
umfaßte 120 Exponate (Abb. 4- 6). 
Der überwiegende Teil waren Radie- 
rungen, unter denen sich auch vier 
Blauer mit figuralen Masseriszenen 
aus den unmittelbaren Nachkriegs- 
jahren 194771949 befanden. Elf 
zumeist lavierte Fedeizeichnungen s 
in der Regel zu Hrdlickas neuestem. 
ebenfalls ausgestellten Zyklus „Rari- 
dolectil" - sowie vier druckgiaphi- 
sche Studienblatter fur den in Vor- 
bereitung begriffenen Radierzyklus 
„Elias Canetti s Masse und Macht" 
standen für die impcnierende jüngste 
Schaffensphase des 1928 in Wien 
geborenen Zeichners, Grachikers und 
Bildhauers 
Hrdlickas von allem Anfang an in 
sich geschlossenes, figural festge- 
legtes und einer im wesentlichen 
kaum Schwankungen unterworfenen 
Denkweise verpflichtetes Werk er- 
fahrt durch die zuletzt genannten 
Arbeiten seinen bisherigen Hohe- 
purikl. Hrdlickas kritisches „Engage- 
ment am Menschen" s wenn dieses 
Schlagwort gestattet ist s, an seinen 
Leiden, Lastetn und Unterdtucktsoin. 
wie es uns in seinem bisher bekann- 
testen Zyklcn „Martha Bock", „Haar- 
mann", .,J. J. Winckelmann" und 
„Roll Over Mondrian" entgegcntrilt, 
wird durch den nach einem medi- 
zinischen Fraoatat benannten Radier- 
zyklus "Randolectil" in thematisch- 
inhalllicher und künstlerisch-tech- 
nischer Weise wesentlich bereichert 
und ausgeweitet. Die radiertechnische 
Meisterschaft des ehemaligen Güters- 
loh- und Dcibrowskv-Schülers an der 
Wiener Akademie der bildenden 
Künste ist in vielen dieser Blatter 
schlechthin vollendet und bezieht in 
zunehmendem Maße die Moglich- 
keitcn der Schabtechnik auf Aqua- 
tintagrund und Mezzotinto in Vcr- 
bindung mit zweitarbigom Druck- 
vorgang (schwarz und rot) mit 
ein. 
Hrdlicka beweist in der Handhabung 
der technischen Möglichkeiten jedoch 
nicht nur wirkliches Konnen, sondern 
auch ebenso großes taktisches Ge- 
(SCllUll 49-53 und Nachtrag s, 
schick. Das bewahrt ihn einergg 
vor einem unzeitgemaßen, Seit; 
gelalligcn Maniensmus, der sich 
ornamentalen Details verliert, u 
verhilft anderseits seinen aiaiii 
zu ungewöhnlichem, die Kontra 
Wirkungen eines rembrandtesli 
Hell-Dunkel miteinbeziehentlem I. 
malem Spannungsreichtum. ln Stiir 
und Atzstarke, in der Lockerheit u 
Dichte bestimmter Bildpartien soi. 
in't tonigen Variieren und Scharnier 
zeigt sich l-lrdlickas große Scngibijj 
und sein bewundernswertes tet 
riisches Einfühlungsvermögen t 
weitestgehend die ihn auszeichnen 
inhaltlich-formale Adziquanz scii 
Arbeiten ausmacht. 
Die Erfahrungswelt, mit der Hrdlic 
den Betrachter dieses - wie er sei. 
sagt s „unpolemischen Outsid 
Zyklus" konfrontiert, läßt sich freil 
nicht auf einen Generalrienner bi- 
gen, dem simplifizierender Sir 
gehalt unterstellt werden könnte. . 
besitzt vielmehr in der Fülle u 
logischen Widersprüchlichkeit v 
Situationen und Aussagen die A 
satzounkte einer gelegentlich at 
aktuell reflektierenden Bezugnahr 
Mit zum Stärksten der hervcrragenc 
Schau zahlten Htdlickas bereits e 
gangs erwahnte Zeichnungen. Es v 
eine gute ldee. S10 mitauszustellen u 
in ihrer noch großereri Unmittelb 
kcit und irtiprovisatorischeri Sp( 
laneitat den „tiberlegteren" Rad 
rungcn gegeriuberzustellen. 
Die Eilßlrie Alfred Hrdlickas 
Graphikbiennalen des Auslandes (s 
1953 gewann er Preise in Laiba 
Biella, Tokio, Lugano und Rijel 
waren nicht zuletzt auch ein V 
dienst von Albortina-Direktor Dok 
Walter Koschatzkv, der sich jetzt 
dem Renommee eines weltbekann 
Institutes abermals mit voller E 
reclitigung fur das CEuvre des lar 
Zeit hindurch als Außenseiter ft 
gierenclen Kunstlers einsetzte. 
Osterreiclwisches Museum fur z 
gewandte Kunst - Andre Lurt 
Dem französischen Architekten An. 
Lurcat galt eine von der Ost 
ieichischeri Gesellschaft für Art: 
tektur und dem Französischen Kult 
institut gemeinsam veranstaltete Ai 
stellung im Museum fur angewan 
Kunst in Wien (Abb. 7). Die umfi 
reiche Schau, die bereits 1957 
Paris zu sehen war, dokumemie 
an Hand von Photos und Plänen 
Ftille urid Vielfalt unterschiedlich: 
Bauaufgaben, mit denen sich 
heute funfundsiebzigjähtige Archit 
in furif Jahrzehnten beschäftigt hat. 
Lurcats Schaffen weist zwei deutl 
voneinander unterscheidbare Perict 
auf. die in stilistischer und quali 
tiver Hinsicht stark voneinander i 
weichen. Die baukünstlerisch 
teressantere und eigiebigere ist zw 
fellos der Zeitraum von 1923 
etwa 1935. Lurcat. der mit Ac 
Loos gut bekannt und bestimmt at 
gewissen Einflüssen ihm gegenü 
offen war, galt in den zwanzi 
Jahren als profilierter Vertreter i 
internationalen kubischen Stils. 
zahlreichen Villenbauten und 
berühmt gewordenen Schule in Vil 
juif (sie wurde 1933 fertiggeste 
manifestiert sich Lurcats klares f 
malcs Ordnungs- und Ausdruc 
vermögen. Daß auch Wien zu ein 
wichtigen Werk Lurcats kam, t 
Josef Frank zu verdanken, Der Wie 
Architekt und Designer vcrmitti 
Lurcat einen Auftrag fiir vier Reilii 
hauserder s damals vielumstrlttenei 
Werkbundsiedlurig in Lainz, ei 
Mustersiedlung. an der u. a. ai
	        
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