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den Palas die letzte Hochburg eines sivaitisch umgeformten
Buddhismus mit einem zahllosen Pantheon, verfeinerte die späte
Gupfa-Architektur und -Skulptur in hochverzierfe Ikone, die
unter den Sena-Königen auch für die Hindu-Götter verwendet
wurden.
Im Herzen Nordindiens aber entwickelte sich unter den Pratihara-
Kaisern und ihren Rajput-Vasallen die Tempelkathedrale ge
waltig und reich wie ein gotischer Dom, auf einer hohen Platt
form über Treppen, Vorhallen, Tanz- und Kulthallen zu der
Wolkenkratzerspitze des Allerheiligsten hochsfeigend, nach
einem sorgfältig ausgearbeiteten Plan über und über mit Bild
werken überzogen. Dazu wurden alle Formen der Gupta-Kunst in
etwa derselben Weise umgewandelt wie die römischen in der
romanischen Kunst. Die Bildwerke, erst ungelenk, wurden im
9. Jahrhundert von einer erdigen Fülle, im 10. und 11. schlank
und modisch-elegant, schlief}lich ein gekünsteltes Filigranwerk
von Ornamenten. Die tiefe religiöse Gesinnung wich bald einer
sinnlichen Weltlichkeit und und ging seit dem späten 12. Jahr
hundert in der Ausdruckslosigkeit einer gewaltigen Massen
produktion unter.
Im Dekhan wurde dieselbe Entwicklung von den Calukyas von
Badami eingeleitet. Doch blieb sie vorerst rudimentär. Brah
manische Höhlentempel, von den buddhistischen Höhlenklöstern
der Gupta-Zeit adaptiert, blieben bis ins 9., Jaina-Höhlen bis ins
10. /11. Jahrhundert üblich. Die Steintempel, um die Kulthalle statt
des Allerheiligsten aufgebaut, blieben, vorerst in bescheidenen
Maljen, der Gupta-Tradition treu. Erst im 8. Jahrhundert wurden
unter Pallava-Einflufj zu Pattadakal grolje Tempel errichtet. Aber
erst der Kailasanatha zu Elura, ein Felsentempel im Stile Pafta-
dakals, wurde von den Rashtrakutas zu einer ungeheuren Ka
thedrale erweitert. Und erst unter den späteren (westlichen)
Calukyas war die mittelalterliche Kathedrale fertig. Gleicher
maßen wandelte sich die Skulptur, bis ins frühe 8. Jahrhundert
dem Gupta-Stil folgend, dann eine erdgebundene Grandiosität
und mystische Vision entwickelnd, seit dem 10. Jahrhundert leicht
und elegant, um im 11. unter den späten Calukyas und Hoy-
shalas in ein Filigranwerk auszuarten.
Im tamulischen Süden gehen die Pallavas ebenfalls von der
späten Gupta-Kunst aus. Die Siva- und Vishnu-Tempel zu Mamal-
lapura (7. Jahrhundert) und zahlreichen anderen Plätzen waren
noch höchst bescheiden. Aber die Staatsfempel des 8. Jahr
hunderts zu Kanci (Conjeevaram), vor allem der Kailasanatha,
wachsen ins Große, ihr Stil wird barock-unruhig, die Figuren
werden schwer und heftig, die Fresken sind in starken Farben.
Nach einer klassischen Renaissance nahmen die Cola-Kaiser diese
Tendenz auf, bauten riesige Tempel mit turmhohem Allerheilig
sten und Torbauten und weiten Kulthallen zu Tanzore, Gangai-
kondacolapura, Darashuram, Tirubhuvanam usw. Gleichzeitig
wurden die Bildwerke gröber. In der späten Cola-Zeit und unter
den Pandyas (13. Jahrhundert) wagte man nicht mehr, die so
heiligen innersten Schreine zu verändern, sondern umschloß diese
mit neuen Schreinen, Umfassungsmauern, Tortürmen, und die
Skulptur wurde wieder elegant, wenn auch konventionell.
Nach dem mohammedanischen Einfall begannen die Kaiser von
Vijayanagar eine gewaltige Bautätigkeit. Die Tempel verschwan
den hinter noch höheren Mauern und Tortürmen, die Höfe wurden
zu Hallen eingedeckt. Die Säulen wurden durch Säulenbündel und
komplizierte, mit Reliefs bedeckte Pilaster mit sich bäumenden
Tier- und Reiferfiguren ersetzt. Das Gebälk wurde mehrstöckig. Der
Skulpturenreichtum ist unaussprechlich, aber die klassisch-mittel
alterliche Tradition löst sich immer mehr in einem sehr lebendigen
Volksstil auf. Auch die Malerei geht zwischen dem 14. und
16. Jahrhunderf zu diesem Volksstil über. Etwas später setzte eine
ähnliche Renaissance in den wieder unabhängig gewordenen
Hindu-Staaten Nordindiens ein, erlosch aber Im 17. Jahrhundert;
im 18. versuchten die Marathen eine ähnliche Wiederbelebung
der mittelalterlichen Kunst.
Die islamische Architektur war im 13. Jahrhundert ein Ableger der
reich dekorierten samanidisch-saljuqischen Kunst Persiens und
Turkestans. Im 14. Jahrhunderf entwickelte sich, unabhängig von
Iran, ein eigener Stil, durch Festungsformen, geneigte Wände und
farbigen Steinplatfenbelag charakterisiert. Im 15. Jahrhundert ent
standen Lokalstile, teilweise aus der Hindu-Kunst adaptiert (Kash-
mir, Gujarat, Bengalen), teils durch neue Moden aus Persien und
Turkestan inspiriert (Delhi, Jaunpur, Malwa, Dekhan), wieder mit
reichem Ornamenfschnitt und auch glasierten Kacheln. Aber von
der Kleinkunst dieser Zeit wissen wir noch außerordentlich wenig.
Das änderte sich erst seil dem späten 16. Jahrhundert. Nach dem
großen Sieg über Vijayanagar 1565 kam in den Sultanaten des
Dekhan ein in seinen Formen wie in seinem Gefühl halb hindui-
sierter Geschmack auf, jedoch variiert durch Einflüsse aus Arabien
und der Türkei. Die Malerei, Einflüssen aus der Mogul-Kunst, dem
späten Persien und Europa offen, zeichnet sich durch Linienrhyth
mus, romantische Stimmung und reichliche Vergoldung aus. Das
Kunstgewerbe (Kat. 688; 693), halb hinduisiert, liebte reichzlselier-
fes Gold und Vergoldung, Elfenbein und blumenreiche oder mit