Molt fu Thelamon regretez
Molt fu de toz plainz et plorez:
Molt ont retrete sa proece" u. s. w.
illustriert. Entsetzen und Trauer der Griechen, die Aiax Telamonius in seinem
Zelte ermordet auffanden, werden gut geschildert; besonders ist die lebhafte
Bewegung der dem Zelt zunächst stehenden Gestalten recht anschaulich
zum Ausdruck gebracht.
Es bedarf bei dem bekannten Reichtum der Hofbibliothek an italienischen
Bilderhandschriften nicht erst des Hinweises, dass der Übergang zu den
Meisterwerken der Renaissance auf dem Gebiet der Buchillustration in der
Miniaturenausstellung vortrefflich verfolgt werden kann. Wie mächtige
literarische Einflüsse hiebei mitspielten, wurde bereits mehrfach betont; es .
darf als ein erfreuliches Zusammentreffen bezeichnet werden, dass die beiden
Führer in dieser Bewegung, Dante und Petrarca, in eben derselben Sammlung
nicht nur durch schön ausgestattete Exemplare ihrer Werke vertreten sind,
sondern uns auch hier in eftigie vergegenwärtigt werden.
i Die Wiener Handschrift der Commedia Dantes (cod. 2600) hat Colomb
de Batines („Bibliografia Dantesca", I, 270 f.) kurz erwähnt und dann
Ad. Mussafia (Sitzungsberichte derkaiserlichen Akademie derWissenschaften,
XLIX, 144 ff.) eingehend auf ihren Text hin untersucht. Die Kunstforschung
und die Dante-Ikonographie nahm noch nicht Gelegenheit, sich mit ihr zu
beschäftigen _ weder Alfred Bassermann („Dantes Spuren in Italien", Heidel-
berg, X897), noch Ludwig Volkmann („Iconograiia Dantesca", Leipzig, 1897),
die über illustrierte Dante-Handschriften so reiches und sorgfältig erläutertes
Material vorlegten, scheinen sie zu kennen. Doch hält es nicht schwer, auf
Grund dieser Forschungen unserem Dante-Manuskript eine bestimmte Stelle
unter den illustrierten Commedia-Handschriften zuzuweisen; es gehört
zur Gruppe jener zahlreichen Exemplare, die, fast durchwegs toskanischen
Ursprungsi", nur auf den Titelblättern der drei Cantiken Miniaturen enthalten.
Für diese Titelillustrationen hatten sich ziemlich feste Typen ausgebildet,
die Bassermann, a. a. 0., 214, charakterisiert; beim Inferno: „Dante imWalde
mit den drei Tieren und Vergil und im I-Iintergrunde den sonnbeschienenen
Berg, manchmal auch nur ein Teil dieser Situation." Selbstverständlich ist
dem Anfangsbuchstaben N eine gewisse Rolle bei der Ausschrnückung des
ersten Blattes zugewiesen, und wiederholt erscheinen in dem N Dante
und Vergil im Gespräch, so schon in einem der ältesten und wohl dem
prächtigsten Manuskripte dieser Gruppe, in dem x 337 geschriebenen
Commedia-Exemplar cod. 1080 der Bibliothek des Fürsten Trivulzio zu
Mailand. Die dort mannigfaltig ausgestattete Randornamentik auf dem ersten
Blatt des Inferno (reproduziert bei Bassermann, Tafel g) ist hier nach einer
Seite hin vereinfacht - nur die drei Tiere sind übrig geblieben - dagegen
ist, wie bei dem Titelblatt dieser Cantica in der Handschrift der Mailänder
' Auf das nördliche Xtalien weisen bei unserer Handschrift, wie Mussafla a. a. O. bemerkt, dialektische
Eigentürnlichkeiten des Textes; einige derselben gehören der Venezianer Mundart an.