MAK
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Internationale Sammler-Zeitung. 
Nr. 4 
ist, Urkunden mit dem Fingerabdruck, aber auch des 
Schreibens Mächtige geben so ihre Unterschrift, die durch 
Vergleich des Fingerabdruckes mit dem Muster der 
Papillarlinienzeichnung auf dem Finger stets auf ihre 
Identität geprüft werden kann. Dem Verwaltungschef im 
indischen Zivildienste Sir W. H e r s c h e 1 war es Vor 
behalten, die grundlegenden Materialien für das Finger 
abdruckverfahren zu sammeln und in der Praxis anzu 
wenden, nachdem ein Oesterreicher, der Professor der 
experimentellen Physiologie .1. E. Purkinje (1787 bis 
1869) zuerst auf die Wichtigkeit der Fingerabdrücke für 
die Kriminalistik hingewiesen hatte. Von Indien fand 
das Fingerabdruckverfahren den Weg nach England, 
, wo es durch den kürzlich verstorbenen Naturforscher 
Francis Oalton, einen Vetter Charles Darwins, in 
ein wissenschaftliches System gebracht wurde, das in 
dem Buche »Finger Prints« niedergelegt ist. Von England 
aus eroberte sich dieses System die ganze Welt und ist 
heute das exakteste Rüstzeug der Kriminalbehörden ge 
worden. Da das Bessere stets der Feind des Outen ist, 
gelang es in kürzester Zeit der Daktyloskopie, 
wie das Fingerabdruckverfahren genannt wird, die Ber- 
ti Ilon sehe Anthropometrie (Körpermessung) zu ver 
drängen. Die Fingerabdrücke der Verbrecher werden in 
Registraturen verwahrt und jederzeit kann bei der Ver 
haftung eines Unbekannten durch Nachschau in der Regi 
stratur seine Identität festgestellt werden, falls einmal 
früher von ihm bereits Fingerabdrücke genommen 
wurden. Diese Fingerabdrücke werden von den mit 
Farbstoff gefärbten Fingerspitzen auf Papier genommen. 
Was nun den Vorschlag des Professors Bor das 
betrifft, so muß man vor allem unterscheiden, aus 
welchem Materiale die Kunstwerke sind, die mit dem 
Fingerabdrücke gezeichnet w-erden sollen. 
Alle Kunstwerke aut Zeichenpapier, wie 
Aquarelle, Radierungen, Kohlezeichnungen etc. lassen sich 
leicht an einer von Farbe nicht bedeckten Ecke mit dem 
Fingerabdrucke des Künstlers versehen. 
Bei 0 e l g e m ä 1 d e n w ird sich die nicht mit 
Farbe bedeckte Leinwand schlecht zur Aufnahme eines 
Fingerabdruckes eignen, da Fingerabdrücke nur auf 
Gegenständen mit sehr glatter Oberfläche gut sichtbar 
reproduziert w'erden können, ohne daß die Feinheiten 
der Zeichnung der Papillarlinien verloren gehen, was 
eine Identifizierung erschweren w ürde. Dagegen wäre 
ein Fingerabdruck sehr gut auf der Oclfarbenschicht des 
Bildes anzubringen, und zwar in einem gewissen 
Stadium des Erstarrens der Oelfarbe. Würde er in der 
noch zu flüssigen Oelfarbe angebracht w erden, so müßte 
durch das Erstarren der Oelfarbe eine. Verziehung ein- 
treten und es w r äre auch das Schrumpfen von Feinheiten 
der Papillarlinienzeichnung unausbleiblich. Auf der ge 
trockneten O.elfarbenschichte würde ein Fingerabdruck 
schw'cr sichtbar anzubringen und schwierig zu konser 
vieren sein, da er ja in die Schichte nicht eindringt. Auf 
glatten M a r m orflächen der Statuen ließe sich ein 
Fingerabdruck gut anbringen, aber wie ihn vor Ver 
letzungen. schützen? Das Ueberfirnissen dürfte nicht ge 
nügen. Dasselbe gilt von Broncestatuen. 
Die Sammlung der Fingerabdrücke der Künstler an 
einer Zentralstelle behufs Identifizierung der Finger 
abdrücke auf den Kunstwerken wäre leicht durchzu 
führen. Zum Zwecke der Identifizierung müßte das mit 
dem Fingerabdrucke versehene Kunstwerk der Zentral 
stelle vorgew'iesen w-erden oder es müßte der Anfrage 
eine Photographie des Fingerabdruckes auf dem 
Kunstwerke angeschlossen werden. Fingerabdrücke lassen 
sich nämlich mit allen ihren Feinheiten photographisch 
sehr gut reproduzieren. Wer bürgt nun aber dafür, daß, 
da sich Fingerabdrücke photographisch sehr gut repro 
duzieren lassen, es nicht einem Fälscher ge 
lingen wird, den photographischen 
Fingerabdruck des Künstlers auf ein 
anderes Kunstwerk zu übertragen? 
Schwierigkeiten bietet die heutige Reproduktionstechnik 
nicht. Da es den Fälschern gelungen ist, die kompliziertest 
hergestellten Noten der Bank von Frankreich nachzu 
machen, würden sie wohl bald Mittel und Wege finden, 
um die täuschend ähnliche Reproduktion eines Finger 
abdruckes auf einem Kunstwerke anzubringen und dann 
wird die Welt um eine gelungene Fälschung und Pro 
fessor Bordas um eine Enttäuschung reicher sein. 
Viennensia. 
Die nächste, am 25. Februar beginnende Auktion des 
Kunstantiquariats Qilhofer & Ran sch bürg in Wien 
trägt vorwiegend wienerischen Charakter, wenngleich 
Austriaca im weiteren Sinne des Wortes sehr gut vertreten 
sind. 
Besonderes Interesse beanspruchen die historischen Dar 
stellungen, die einen ziemlich breiten Raum in dem mit ge 
wohnter Sorgfalt redigierten Katalog einnehmen. Vor allem 
möchten wir da die aus dem Verlage Löschenkohl stam 
menden Blätter nennen, die mit tadelloser, das Kolorit bestens 
zur Geltung bringender Erhaltung Seltenheitswert verbinden. 
Eine Rarität ist zum Beispiel das Blatt »DAS NEUJAHRSFEST 
IN W1ENN ANO 1782«, das »der ikonographische Zeitungsmann«, 
wie ihn ü raff er nannte, am 5. Jänner 1782 mit folgenden 
Worten, ankündigte: »Ich habe auch dem Andenken der hier 
anwesenden höchsten Gäste einen Kupferstich, gewidmet, be 
titelt: Das Neujahrsfest in Wien, im Jahre 1782. Es. enthält 
diese: Platte 14 Porträts, die meist nach dem Leben gezeichnet, 
und wie ich mir schmeichle, gut getroffen sind. Ein Stück, das 
den Liebhabern des Schönen Vergnügen, und Männern, die sich 
in Kriegs- und Friedenszeiten um das Wohl des Staates ver 
dient gemacht haben, Freude machen soll.« 
Das Forträttableau, das unsere Abbildung (Fig. 7) repro 
duziert, führt uns in einen großen, zweifensterigen Saal des 
Augartens, der mit einem Porträt der erst zwei Jahre vorher 
verstorbenen Kaiserin Maria Theresia und der Büste 
der Zarin K a t h a r i n a von Rußland geschmückt ist. Teils 
sitzend, teils stehend ist da eine Gesellschaft von vierzehn 
Personen gruppiert, deren Namen Dr. Ign. Schwär z, der 
zur Zeit an einer Biographie Löschenkdhls arbeitet, festge 
stellt hat. 
Darnach sind (von links nach rechts betrachtet) in der 
ersten Reihe: Andreas Graf Hadik, Karl Fürst Liechtenstein, 
Franz Graf Nädasdy, Erzherzog Maximilian, Fürst Kaunitz, 
Gioßfiirst Paul von Rußland, Dorothea Sophia von Württem 
berg, Mutter der Großfürstin von Rußland, Elisabeth von 
Württemberg, Schwester der Großfürstin, spätere Gemahlin 
Kaiser Franz I., Kaiser Josef II., Moritz Graf von Lascy, 
Gideon Freiherr von Laudon und Dagobert Graf Wurmser und 
in der zweiten Reihe: Natalie Gräfin Soltyköff, geb. Fürstin 
Dolgoruky, Ferdinand Prinz von Württemberg, Bruder der 
Großfürstin, rriedrich Eugen Prinz von Württemberg, Vater 
der Großfürstin, Sophie, Großfürstin von Rußland, geb. Prin 
zessin von Württemberg, und Nikolaus Graf Soltykoff.
	        
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