Marquise in Eisenconstrucftion stützt sich au! zwei kernige Granitsäulen mit
elektrischen Lichtkugeln; hart an der Wand trägt sie zwei kolossale Sandstein-
figuren, Hagen und Siegfried, Arbeiten des jungen Othmar Schimkowitz, dessen
Entwurf für das Gutenberg-Denkmal vorigen Winter einen Preis erzielt hat. Im
übrigen macht sich das moderne Element nur spärlich geltend, es mengt sich mit
einer gewissen Unauffälligkeit unter das deutsche Spätrenaissance-Ornament,
etwa als üppige Laubfüllung über den äusseren Seitenthüren, als Masken an
Stelle von Pilastercapitälen im Vestibul, bei Verglasungen und der Bemalung des
eisernen Vorhanges. Im Innern Fällt eine gewisse Grossräumigkeit auf, und zwar
auch ausserhalb des Zuschauerraumes. Vestibule und Foyer sind fast weiss
gehalten und mit Stuck verziert, auch mit einigen Dichterprohlen. Der Zuschauer-
raum hat 1855 Sitzplätze und im Proscenium 4a Logen; Parquet und Parterre
sind, wie im Burgtheater, durch einen breiten Quergang getrennt. Die Farben
sind hell Creme und Gold, für die Draperien Roth. An der Decke des Prosceniurns
sieht man ein Bild: „Frau Holdes Frühlingsreigen", von Karl Schüller. Dieser
Künstler hat mit Hilfe des Decorationsmalers Janny auch dern Hauptvorhang zu
einem Gemälde verholfen, das den Einzug der Poesie in die Wiener Landschaft
darstellt. Leider sind diese gequält zierlichen, farbenschwachen Malereien
decorativ vollkommen wertlos; und es fehlt doch in Wien jetzt nicht an jungen
Talenten für solche Arbeit. Viel Sorgfalt ist auf die Akustik verwendet, die in der
That nichts zu wünschen lässt. Der ganze Saal mit seinen geschweiften Flächen
und abgerundeten Winkeln ist so in Curven gehalten, dass alles als Schallfänger
dient und das Ganze den Schall wie ein Trichter dem Publicum zuströmen lässt.
Man sitzt, sieht und hört gut, das sind drei Eigenschaften, die selbst ein
schwächeres Stück annehmbar erscheinen lassen.
IRIBUS UNITIS, DAS BUCH VOM KAISER." Unter diesem
„ Titel hat der Wiener Verlag Max Herzig ein Prachtwerk herausgegeben,
dem unter den ähnlichen des abgelaufenen Jubeljahres ein besonderer Platz
gebürt. Der reich illustrirte Folioband von XXIV und 322 Seiten ist nämlich
ausschliesslich der Person des Kaisers gewidmet. Kein Zeitbild, sondern ein
persönliches Lebensbild ist bezweckt und auch erzielt, und man begreift, dass
Ihre k. und k. Hoheit Frau Erzherzogin Marie Valerie das Proteetorat des Werkes
übernommen hat. Der Monarch selbst nahm lebhaftes Interesse daran, dass das
Buch in allen Einzelheiten durchaus authentisch sei, und so wurde namentlich auch
den Zeichnern Gelegenheit geboten, in den allerhöchsten Privatgemächern, sowie
in sämmtlichen Ressorts und Dependenzen des I-Iofhalts in Wien und Budapest,
in den Lustschlössem, bei Manövern, auf der Jagd und auf Reisen die minutiö-
sesten Naturstudien zu machen. In der That ist da die ganze private und öffent-
liche Lebensführung des Kaisers in Wort und Bild treulich geschildert, von den
grossen Staats- und Familienfesten angefangen bis hinab in die I-Iofzuckerbäckerei,
ja bis zum „I-Iolzträger Franz Meidl". Alles in diesem Buche ist Porträt, die
obersten Würdenträger und „Vater Emerich", der in seinen Pensionistenstübchen
in der Hofburg den Bediensteten ihren Imbiss verkaufen darf. Ja selbst der Sessel,
auf dem der Monarch in Ischl sein „Frernden-Blatt" liest, ist nach der Natur abge-
bildet. Auch der Text entspricht völlig diesem Plane, doch wollen wir hier nur
die Jugendgeschichte des Kaisers von J. A. Freiherrn von l-Ielfert und den vor-
trehlichen Aufsatz: „Der oberste Kriegsherr" von Oberst Gustav von Bancalari