K. k. Fachschule Bozen, Naturstudie und Anwendung
Grundsätze verkündet, laut, wenn auch schrill. Vor uns liegt ein stattliches, reich illustrirtes
Heft: „Grazer Kunst", dem in zwangloser Folge weitere - hoffentlich viele und immer
bessere - sich anreihen sollen. Dass darin die neue Grazer bildende Kunst die klang- und
sangvollen Schwesterkünste als Mitstreiter auf bietet, ist ein glücklicher taktischer Gedanke.
Rosegger, Drasenovich, Ertl, Frischauf, Graf, Kollar und Ubell mit Hugo Wolf,
Hausegger, Kienzl und Peters führen die Vertreter der modernen bildnerischen Kunst
Georg Brucks, Bela Conrad, Daniel Pauluzzi, Ludwig Presuhn, Paul Schad-Rossa,
Konrad v. Supanchich, Margarethe Supprian, Georg Winkler und Luise v. Drasenovich vor
und ein. Nur die wenigsten sind Steirer, alle aber in der Steiermark schaffende Künstler,
nicht alle gleichwertig, alle aber mit starkem Selbstvertrauen erfüllt, auf der äussersten
Linken moderner Kunstanschauung stehend; sie wollen, wie Drasenovich kampflustig ihren
Weg bezeichnet: „aus eigenem Recht schaiTen, in ihrer Zeit wurzeln und leben". Ob sie auch
in freimüthiger Ergebung das Urtheil der Mitwelt erwarten, möge dahingestellt bleiben. Der,
den sie wohl als ihren Führer betrachten und auch mit der Leitung des Ganzen betraut
haben, Georg Paul Schad-Rossa, ein Münchener, der auf die Nachrichten „über das rege
Kunstleben in Graz aus freien Stücken und auf eigene Gefahr dahin übersiedelte", nimmt
uns freilich nicht sofort für das Unternehmen ein, man wird mehr von ihm sehen müssen.
Talent hat er, aber leider auch - Manier, und dass er wirklich so empfindet, wie er sich
gibt. „aus eigenem Recht schaffend", möchte man bezweifeln. Die dreifarbige Lithographie
„Die Blume im Thau" und die zweifarbige Umschlagzeichnung „Grazer Kunst" ist wohl
kaum die Grazer Kunst, die die anderen meinen. Dass ein Kunstwerk Schönheiten haben
kann ohne „schön" zu sein, ist eine heute vielen geläufige Ansicht von gewisser innerer
und übrigens längst erkannter Richtigkeit, aber zu der Auffassung, dass ein Kunstwerk
unter allen Umständen hässlich sein müsse, um Schönheit zu haben, sind die meisten von
uns doch noch nicht durchgedrungen. Auch Schad-Rossas Weihnachtsmotiv ist gelinde