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Internationale Sammler-Zeitung,
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liehen ist, so ist Wichner doch weif entfernt, dem Künstler
gerecht zu roerden; denn die Hauptsache bei einem bilden
den Künstler sind seine Werke und gerade hiebei kommt
Wichner über eine beiläufige Inhaltsangabe und tadelnde
Bemerkungen über Anachronismen und des Künstlers Hang
zur Satire nicht hinaus, für das echt Künstlerische der
Arbeiten und für die Stileigentümlichkeiten Stammeis fehlte
Wichner das geschulte Auge und die Kunsferfahrung, roie
er denn auch in der Zu- und Ab-Crkennung non Werken
Stammeis, die nicht signiert sind, merkwürdig schwankt,
Cs mar darum mit freuden zu begrüfjen, dal] die
Herren Konservator J. Graus und Dr. Alfr. Schnerich
in der Zeitschrift „Kirchenschmuck“ mehrere Artikel über
den steirischen Künstler brachten. :i
Jn der „G.izetie dos beaux arts“ oom Jahre 1895
oeröffentlichte iTtarquillier eine Studie über Stammei,
sich dabei aber so enge an die im uorhergehenden Jahre
erschienene Studie Wichners anschließend,dafj Dr. Sch n eri chs
feine Bemerkung, der Aufsalz habe in der Gazette ein Ccho
gefunden, fast wörtlich zu nehmen ist. 1
In jüngster Zeit erfuhr Stammei auch in Dr. Alb.
Kuhns allgemeiner Kunstgeschichte eine kurze Charakteri
stik und drei Abbildungen erläutern die bezügliche Textes
stelle. Bei uerbreiteterer Kenntnis seiner Kunst wird ihm
die richtige Schälung sicherlich nicht nersagt bleiben.
Die chronologische folge der meisten seiner Werke
lege ich mir auf Grund der Wichnerischen archioalischen
forschungen, der oarhandenen Signaturen und Vergleichung
einzelner Werke in folgender Weise zurecht.
Stammei beginnt 1726 mit den Arbeiten am Ad-
monter frauenalfar, in das Jahr 1731 fällt eine Statue
für Wildalpen, 1732 fand nach Wichner (Admont und die
Kunst, S. 84) die Aufstellung der Steinstatuen St. Josef
und St. JRaria in der Stiftskirche statt, im Jahre 1734
wurden wahrscheinlich die zwei Kapellen St. Benedikt und
St. Blasius im Stiftsgarten erbaut, in die Zeit 1736 dürften
die Arbeiten in frauenberg a. d. tnns, in die Jahre 1738—
1740, die in der Kirche St. ITlartin bei Graz zu setjen
sein; 1740 folgen die Arbeiten für Kallmang, 1747 sendet
Beruh. G0I3 oon Augsburg die Cntwürfe zu nier Statuen
für die Bibliothek und damit beginnt die Tätigkeit Stammeis
für den herrlichen Büchersaal in Admont, den J. Graus
mit Recht ein förmliches Stammel-Kluseum nennt. Vorher
aber (1749) findet der Künstler Zeit, einige kleinere Arbeiten
für Seitenstetfen zu liefern, und in die Zeit 1755 fällt die
Vollendung der großen Krippe für die Admonfer Stifts
kirche und wahrscheinlich auch der beiden Reliefs „der
reumütige Petrus“ und „die büßende lAagdalena“. Die
Zeit non 1755 —1760 füllen dann jedenfalls die großen
Arbeiten für die Bibliothek aus, die er 1760 beendet. 1763
sendet der Abt ITlatthäus ein Vesperbild nach Wildalpen.
Cin noch erhaltenes Relief, eine Geburt Christi, trägt mit
der Signatur auch die Jahreszahl 1764 und da 1765 das
Todesjahr des Künstlers ist, so wäre diese Arbeit mit drei
ähnlichen, die aber beim Stiftsbrand zugrunde gingen, die
letzte seines reichen Schaffens.
Rach meiner Annahme sind die Schnitzereien beim
STauenalfare der Stiftskirche in Admont, der beim Brande
3 1897, 28. Jahrgang, Ur. 5 6, Jos. Thadd. Stammei, der
Künstler eines steirischen Stiftes, non J. Graus. Be
züglich der Anführung der Werke oon Stammei in
Kallmang und (Häutern dürfte Vorsicht am Plalje sein.
1898, 29. Jahrgang, llr. 3 4, Dr. Schnerich Über Donners
St IHartins-Altar zu Prefjbmg und Stammels Hoch- }
altar in St. ITlartin bei Graz.
1900, 31. Jahrgang, llr. 7, J. Graus, ein Werk unseres
J. Th. Stammei (Winklein bei Oberruölz).
1902, 33. Jahrgang, llr. 1, Weihnachtskrippen, o. J. Graus.
Abbildung der Krippe nan Kallmang mit Detail.
4 Der Verfasser des französischen Aufsatjes hat übrigens I
die lllitteilung Wichners non der Hand, die eine feige macht, so
oerstanden, als roollte die Hand eine Ohrfeige (!) erteilen.
1865 vollkommen uerschont blieb, die erste Arbeit Stammeis
fiir und in Admont. Cs sind dies die Rosenkranzgeheim
nisse in 15 niedaillon-Reliefs, je fünf für den freuden
reichen, den schmerzhaften und den glorreichen. Ich setze
die Cntstehung der Schnitzereien in die Zeit um 1726, denn
in diesem Jahre verfertigte ein Tischler aus Steyr-Garsten
den frauenaltar und 15 „Schildl“ für die Geheimnisse des
Rosenkranzes.' 1 Das Altarbild der Immakulata von Illartin
Altomonte ist mit 1726 bezeichnet und so dürfte die Cin-
meihung des Altares in diese Zeit fallen. Daij die Schnitze
reien von Stammei sind, zeigt ein Vergleich des Illedaillons
der Geburt Christi mit einer späteren Darstellung desselben
Gegenstandes, die wir auch auf dem Stiche von Schmidtner
erkennen, der durch die Bezeichnung Ötamel invenit sicher
auf die Urheberschaft Stammeis zurückgeht. Auf beiden
sehen wir dieselben Personen, dieselbe Anordnung; doch
zeigt das für frauenberg ausgeführte Relief hinsichtlich der
Komposition einen grofjen fortschritt und ist darum der
Zeit nach wohl später anzusetjen. Bei jenem Werke ist
die Gruppe in ein Oval zusammengedrängt, vier Köpfe in
gleichen Abständen nebeneinander, der die frohe Kunde
bringende Cngel schwebt über dem Kripplein; bei diesem
hat Stammel statt des einen Cngels zwei Cngelkinder auf
einem Strohdächlein angebracht. Ohne hier auf eine nähere
Beschreibung der einzelnen niedaillons, deren Komposition
sofort einen echten Künstler erkennen löfjt, einzugehen,
will ich nur noch erwähnen, dafj zu einem dieser Reliefs,
der Kreuzigung, eine im Stifts-Archiv erhaltene Rötel
skizze zu passen scheint.
DerZeit nach folgt nun laut einer noch vorhandenen
Rechnung von 1731, wie schon oben erwähnt, eine Schutj-
engelgestalt für Wildalpen, die ich aber noch nicht kenne,
Die Sandsteinstatuen in den Kapellen des Stifts
gartens und im Stiftsgebäude setjte ich in der vorange
stellten Übersicht in die Zeit um 1734. Sie scheinen mir
im Zusammenhänge mit der Verrechnung der Hofmeisterei
des Admonfer Hofes in Graz zu stehen (Anhang 5), wo
nach für 1734 Stammeis Anwesenheit in Graz behufs
Zahlung für Brechen und Tiefem von Teibnitjer Sandstein
bezeugt wird. Welchen Sinn hätte es wohl, mit der Be
zahlung den Künstler zu beauftragen, wenn nicht die Aus
wahl der Steinklötze durch ihn selbst notwendig gewesen
wäre?
Ursprünglich scheint statt der St. Blasius-Kapelle eine
solche zu Ohren St. Josefs und vielleicht statt der
Benediktus-Kapelle eine mit einer IRarienstatue — geplant
gewesen zu sein, denn eine erhaltene federzeichnung stellt
die Kapelle, genau wie sie noch jetzt zu sehen ist, mit
St. Josef im lAittelpunkte dar. Die Hauptfigur daraus,
St. Josef, wurde auch ausgeführt, aber nicht sitzend, wie
auf der Zeichnung, sondern stehend, mit dem Christus
kinde auf dem Arme. Die Statue sah ich mit dem Gegen
stücke, lllaria, vor dem grofjen Brande 1865 in der Stifts
kirche aufgestellt, jede an einem Pfeiler, die das Speise
gitter abschlossen, gegen das Volk gerichtet, die Josefs
statue rechts beim Kreuzaltar, die IRarienstatue beim
JTlarienaltar. Da diese im Geschmacke der Barocke gehal
tenen Statuen für den neuen gotischen Bau nicht passend
waren, stellte man sie in den Korridor des Rord-Traktes
in eigens dafür bereiteten Wandnischen auf, Bei dieser
Gelegenheit liefz man sie oon Jakob Glieber, der für Ad
mont die St. Blasiusstatue des Hochaltars und später den
Kreuzaltar u. a. herstellte, ein wenig überarbeiten, weil
man die Stileigentümlichkeit des Stammel nicht zu schätzen
verstand. Zu solcher vermeintlichen Verbesserung, nach
5 Sie hatten in ihrer ursprünglichen Aufstellung einen gelb’
liehen Anstrich und sahen roie blakgebackener Cebzelten aus. Jef^
zeigen sie das Holz in IJatur. Bei ITlar. Schratt sah ich dauern
die formen für Gipsabgüsse.
“ Wichner, Studien, 5 652.