klar zu machen, daß auch die kirchlichen Werke nachmittelalterlicher Zeit
Achtung verdienen und daß nur eine vorgefaßte Meinung ihnen die Kirch-
lichkeit absprechen kann. Kann irgend jemand etwa sagen, daß der Betende
vor einem barocken Altare weniger andächtig ist als vor einem gotischen?
jedes Kunstwerk, das aus einer echten Empfindung heraus geschaffen
worden ist, muß diese Empfindung wieder in uns erwecken, dadurch allein
ist es ja ein Kunstwerk. Und sollte es seit dem Mittelalter wirklich kein
echtes religiöses Empfinden mehr ge-
geben haben? Es scheint doch etwas
gewagt und gefährlich, dies behaupten
zu wollen und echte christliche Empfin-
dung nur für eine einzige und besonders
für eine langverwichene Periode gelten
zu lassen.
Es soll nun gewiß nicht gesagt
sein, daß wir zu den Nachahmungen
mittelalterlicher kirchlicher Kunst nun
auch Nachahmungen barocker Werke
hinzufügen sollen. Die natürliche Fol-
gerung ist vielmehr, daß es keinen Stil
gibt, der ein Privilegium auf Kirchlich-
keit hat, daß auch vom Standpunkte der
Kirche aus alles Gute und das durch
die Zeit geweihte Alte zu erhalten sei
und daß unsere Zeit sich durch gar
kein historisches Vorurteil binden zu
lassen brauche. In gewissem Sinne
ist die Vorführung der Werke des
XVII. und XVIIIJahrhunderts, deren
Schwerpunkt, wie gesagt, die Barock-
kunst bildet, also ebenso wie die der
„Nazarener" eine Kampfausstellung;
das sind aber im allgemeinen immer
die fruchtbarsten Ausstellungen ge-
wesen. Andere verlohnen eigentlich
gar nicht der Mühe eines größeren
Aufwandes. Bei der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit konnte die
österreichische Abteilung natürlich nur eine kleine Auswahl oder vielmehr
eine Anzahl von Stichproben bieten; mehr hätte auch nicht der Raum und
die Schwierigkeit der weiten Sendung gestattet. Immerhin durfte man wohl
erwarten, daß Österreich an barocken Werken einiges Hervorragendes
bieten werde, wenn es auch nicht gelungen wäre, die fast unschätzbaren
Stücke aus der kaiserlichen I-Iofkapelle, aus Klosterneuburg, Mariazell und
so weiter zu erlangen. Natürlich war es schwer, große Werke zu bringen,
Ausstellung für christliche Kunst in Düsseldorf. Maß-
kelch von 1727 (Domkapitel von Sankt Veix, Prag)