Die Sippe ist jedenfalls zur selben Zeit auf der Rückseite des kaiserlichen
Familienbildes aufgemalt worden, da die Sippennamen auf der Vorderseite
hinzugefügt wurden und die Porträts der Familie Cuspinian entstanden sind,
also im Oktober r52o. Diese so einfache Sachlage ist in der Literatur mit
alleiniger Ausnahme von Baldass, der (l. c., pag. 276) auf eine derartige
Möglichkeit hindeutet, bisher nicht erkannt worden; Frimmel und Weizinger
zum Beispiel suchen das Verhältnis zwischen Kaiserbild und Sippe auf ganz
andere Weise zu erklären: „Die Inschriften der Vorderseite" (des kaiser-
lichen Gruppenporträts), sagt Frimmelf" „sind als Pentimente aufzufassen.
Sie sind zwar vermuthlich von Strigel's eigener Hand, gehören aber doch
nicht dem ursprünglichen Bilde an. Unter den Zügen mit den Namen der
Dargestellten haben andere Inschriften gestanden, die sich auf die heilige
Sippe beziehen. Man sieht sie, meist vollkommen leserlich, allerwärts durch
die alte Übermalung durchschimmern. Wahrscheinlich haben Gesellen, die
des Schreibens und Lesens wenig kundig waren, auf die Vorderseite jene
Schriften gesetzt, die für die Rückseite bestimmt waren. Nach einiger Zeit
bemerkte dann wohl der Meister das Missverständnis. Er liess dann vermuth-
lich die irrthümlich hingesetzten Namen überstreichen und malte auf die
gedeckten Inschriften neue. Auf der Rückseite sind die Überschriften (die
sich auf die dargestellten heiligen Personen beziehen) in ihrem ursprünglichen
Zustand verblieben." Daß die Pentimente erst nach Ferdinands Kaiser-
krönung aufgesetzt worden sein können, wurde bereits erwähnt. Aber die
Frimmelsche „Gesellentheorie" ist schon deshalb unhaltbar, weil die Anzahl
der Figuren auf der Vorder- und Rückseite eine ganz verschiedene ist (sechs
gegen zehn) und darum eine Verwechslung der dazugehörigen Überschriften
selbst bei ganz ungeschickten Gesellen so gut wie ausgeschlossen erscheint.
Weizinger, der jüngste Strigel-Forscher, legt sich (l. c., pag. 130) die Sache
folgendermaßen zurecht: Die seiner Meinung nach um die Zeit der
Rehlinger-Bilder (1517) gemalte „kaiserliche Familie" „war ursprünglich als
Sippenbild gedacht. Das geht daraus hervor, daß unter den heutigen Auf-
Schriften noch Sippennamen zu erkennen sind; unter ,Ferdinandus I. Impf
steht ,Simon justusß unter ,Carolus V. Impf bemerken wir ,Simon
Zelotes conso . . . . .'. Diese Umtaufe hat Strigel selbst vorgenommen, und
zwar kurz nach dem Tode des Kaisers, 1520, nach der Wahl Karls zum
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Der hailig gaisr tet würcken das
Joseph sein gschäizrer vaner was.
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Den mindern Jacob si geberen ret
Der gerecht Joseph der ander was
Der dritt und vierd Syrnon Judas.
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Vnd Jakobum den grössern gnanr.
Vgl. Weizinger, l. c., pag. x40, und Heidrich, Die alxdeutsche Malerei (Jena 190g, Band I der „Kunst in
Bildern"), pag. 26x, wo die Verse wesentlich richtiger wiedergegeben sind als bei Weizinger.
"l Frimmel, Geschichte der Wiener Gemäldesammlungen, I. Halbband (Leipzig rßgg), pag. 584 f.