Er versichert uns jedoch, dass das der Ruin seines Werkes sein würde,
und die Sonne würde ebenso rasch wieder zerstören, was sie eben geheimnissvoll
geschaffen hat.
Eine dritte Flasche nimmt er nun und wieder giesst er in der früheren
Manier eine Flüssigkeit über das Bild aus.
Die Veränderung, die sie an demselben hervorbringt, besteht nur darin,
dass der weissliche Hintergrund , auf dem wir es bis dahin sahen, und alle die
weisslichen Lichttöne, die es hatte, durchscheinender werden und endlich ziemlich
verschwinden. so dass wir annehmen müssen, die Flüssigkeit löse die Substanz,
aus der sie bestanden, geradezu auf, oder ütze sie weg.
Zum Schluss wiischt er wieder das Bild sorgfältig mit einem Strahl Wasser
ab, und nun, sagt er, könne er uns das fertige Negativ zeigen. Im Tageslicht
des Nebenzimmers gewahren wir jetzt auf der durchsichtigen Glasplatte eine wie
mit Tusch in den feinsten Abstufungen der Töne gemalte Zeichnung, in der wir
übrigens etwas Mühe haben, uns zurechtzuünden.
Endlich verstehen wir das Verhültniss. Alle lichten weissen Partien des
cspirten Gegenstandes sind dunkel und schwarz, alle Schatten desselben hell in
den entsprechenden Abstufungen; das ganze gewöhnliche Verhiiltniss ist also ein-
fach umgekehrt.
Wir errathen leicht den Grund davon, wenn wir noch einmal die Reihe
der Operationen uns vergegenwärtigen und ihnen erklärend folgen.
Die erste Flüssigkeit mit ihrem Geruch nach Hoßmnnnschen Tropfen oder
Aether war eine Antlösung von Schiessbanmwolle in einem Gemisch von Aether
und Alkohol, Collodium genannt, worin sich gleichfalls gelöst eine kleine Quanti-
tät Jodkalium befand.
Diese Lösung, deren Lösungsmittel sehr rasch verdunstet, hinterlüst das
Gelöste als eine höchst gleichmiissige homogene Membran oder einen Ueberzug
auf der Platte; der in allen seinen Theilen nun ebenso gleichurässig ivertheilt
etwas von dieser Jodverbiudnng enthält.
Taucht man die so überzogene Platte, wie weiter geschah, in eine Lösung
von salpetersaurexn Silber (sog. Höllenstein), so setzt sich sofort diese frühere
Jodverbindung in Jodsilber um; es zeigt sich auf der ganzen Platte ein dünner
Niederschlag dieser unlöslichen Verbindung und dieser ertheilt ihr jene milch-
weisse Farbe, die wir beim Herausziehen uns der Cuvette mit dem Silberaalz
gewahrten.
Dieser Niederschlag ist nun die lichtempündlicbe Schichte, die in die Ca-
mera gebracht wird.
Das Bild des beleuchteten Gegenstandes, und nur dieses, da alles fremde
Licht abgehalten ist, trilft sie.
Die schwingenden Aetheratorne der einzelnen Farbenstrahlen lockern den
Verband der Atome des Jods und Silbers, und selbst wenn wir noch keine vve.
sentliche Veränderung an der Platte erblicken, ist doch schon eine solche
bewirkt.
Nun freilich sollten wir nach dem früher Gesagten eine solche auch wirke
lich erblicken, dann wir hörten bestimmt, dass diese Veränderung der Silberprii-
parste -sich durch eine dunklere Färbung kundgebe.
Unsere Verwunderung, die Platten nach der Exposition scheinbar ganz nu-
verindert zu erblicken, war daher sehr gerechtfertigt.
Hier ist es nun niithig, eine wichtige Erläuterung einzuschalten. Wiribesitzen
drei Verbindungen des Silbers, die so lichtempfindlich oder durch das Liebt zer-
setzbar sind, dass die Photographie sich ihrer mit Erfolg bedienen kann, das
Chlorsilber, Brosnsilber und Jodsilber. Alle drei entstehen mit Leichtigkeit, wenn