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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe VI (1871 / 65)

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tfanlivllrn Cirkels bildet. Uebrigens hat die Kunst des fünfzehnten und sechzehnten 
Jahrhunderts sich redlich bemüht, aus ihm zu machen, was nach Material und Gestaltung 
möglich war. Die griinglasirten Kacheln mit runden Vertiefungen oder Stab- und Mass- 
werk wichen solchen mit tiguralen Darstellungen, Ksryatiden an den Ecken und mit ver- 
schiedenartiger Färbung. 
Wie die Architektur im siebenaehuten Jahrhundert Glieder, Profile, Ornamente liber- 
trieb, um eine stärkere Wirkung von Licht und Schatten zu erreichen, neigten auch die 
Möbel zur Plumpheit in der Construction und Ueberladung in der Ornamentatiun. In den 
Niederlanden, wo damals für den Norden der Hauptsitz der Fabrieation reicherer Möbel 
war, wurde neben der Schnitzerei auch die Holzintarsia geübt, welche in der ersten 
Htllße des siebnehuten Jahrhunderts in Holland, am Nieder-Rhein u. s. w. Tische, Schränke 
u. s. w. mit reizendem farbigen Ornament iiberzog, später aber _in idie Dienste des Rococo 
trat und mit diesem unter-ging. 
Um die Mitte des genannten Jahrhunderts hörte Italien auf, den Ton anzugeben im 
Reiche des Geschmacks, und Frankreich trat an seine Stelle. Konnte man den Kunstcharakter 
der Wohnung des sechzehnten Jahrhunderte, namentlich der venezianischen, als vornehm 
und warm bueichnen, so wurde er jetzt vornehm und kalt. Die warmen Farben, Roth 
und Braun. weichen den kalten, alle Farben werden unter der Herrschaft des Roeoco zu 
lichten und zarten Tönen abgeschwächt und zerdiessen endlich zu Lichtgrau und Weiss. 
Auch wird das lebhafte Gold häufig durch das matte eintönige Silber verdrängt. Das Holz 
musste sich ebenfalls einen weissen Anstrich gefallen lassen, um sowohl den Holacharalcter 
im Allgemeinen, als besonders die natürliche warme Farbe zu opfern. An den Winden 
wurde die Schnitzerei fast durchweg durch Stuck ersetzt, die glatte lichtgetärhte Seide 
der schwereren Wolle und dem dunklen Sannnt vorgezogen und die Seide selbst wieder 
durch die wohlfeileren Surrogate der Zitz- und Papiertapeten verdrängt. 
Wichtiger noch war die Umwandlung in den Formen der Ornamentation. Alles 
Gerade wurde gesehweiß, alles Symmetrische unregelmässig gemacht, Ranken- und Muschel. 
werk trat an die Stelle der architektonischen Gliederungen und Umrahmnngen, zarte, grav 
ciöse Malereien an die der gewebten Tapeten. Die Kästen. welche die Wandmalerei ver- 
stellt haben würden, verwandelten sich in niedrige Commoden, bei allen Möbeln wurden 
die gebogene Linie, die Marqueterie, die Bronzebeschläge zur Regel. 
Die Sitzmöbel, der Fauteuil. welcher aus dem Sessel, das üopha, welches aus der 
Banktruhe entstanden war, fügten sich mehr der Bequemlichkeit durch niederen. tieferen, 
gepolsterten Sitz, geschweifte Lehnen u. s. w. Von besonderer Bedeutung fiir die Zimmer- 
decoration wurde die reiche und üherreiche Verwendung der Spiegel und des faceltirtan 
Glases. - 
Wie aus dem Rococo unter dem Eindnsse der Ausgrabungen von Pompeji und zu- 
gleich der antike Reminiscenzen pdegenden politischen Bewegung der Zeit der Styl Lud- 
wigs XVI. und aus diesem wieder der nüchtern antikisirende Styl der Revolution und des 
Kaiserreichs wurde, braucht hier nicht des Niiheren entwickelt. zu werden. 
Bücher-Revue. 
l"r. Rock, Geschichte der liturgischen Gewänder des Mitlelslters. Dritter 
Baud. Bonn, 1511. (B. K. 127a.) 
Seinem treßlichen Werke, der „Geschichte der liturgischen Gewänder", von dem 
zwei Bände erschienen sind, hat Herr Fr. Bock einen dritten Bsnd folgen lassen, der 
alle Behänge, Bedecknngen und stolfliclien Gebrauchsgegenstände {iir den Alter und 
Chor, die plllßplil. nttsris et chori, behandelt. Mit grauer Seehkennmiss geschrieben, geht 
diese: Welk des Herrn Bock auf eine Reihe der wichtigsten Alturstüeke, Altsr- und Com- 
muniontiicher, Bnldnchine und Teppiche n. s. f. ein, mit besonderer Rücksirdrtnshme snf 
den christlichen und mittelalterlichen Altar. Die Darstellung ist sehr hreit und nntsrmischt 
mit terrninologiseben Ausdrücken in lateinischer Sprache - ein Umstand, der die Lectiire 
des Werkes bei Lsien nicht fördert. Dngegen linde! letzterer in diesem gelehrten Buche 
die genaue Angabe der Adressen aller jener Künstler und Fabrikanten. die, mit Herrn 
Bock in Verbindung stehend, auf die in dem Werks ausgesprochenen Ideen eingehu. 
Dass such einige in Wien lebende Gesinnungsgenossen, Prof. Klein, Gisni, Rein 
n. n. m. genannt werden, nehmen wir mit Vergnügen wahr. Auch erfahren wir aus diesem 
Buche zu unserer Ueberrasehung. dass der englische Archäologe Herr Parker mit einer 
rnit einem Glossar versehenen Herausgabe des Anssussins Bihliothecnrins, so weit dieser 
Kirchengeiiisse und Parlamente behandelt, beschäftigt ist.
	        
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