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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe XIII (1878 / 149)

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Material, noch mit der gleichen Vollendung gearbeitet sein. Eben so 
selbstverständlich ist die Folge, dass sie von der reichen oder vornehmen 
Dame, die sich auf Spitzen versteht, zurückgewiesen werden; sie will mit 
vollem Rechte lieber theurer zahlen, wenn sie dafür hat, was gut ist und 
ihr gefällt. 
Es kommt nun weiter hinzu, dass die Art der Spitzen-Ornamentation, 
wie sie heute die Franzosen und Belgier betreiben und wie sie augen- 
blicklich noch in Mode steht, an sich eine verkehrte ist. Dieses natura- 
listische Genre durch einander geworfener oder verstreuter Blumen und 
Bouquets macht unruhigen und wirren Eindruck, und um so mehr, als 
ja die Ausführung nur in Einer Farbe, in Weiss oder Schwarz, stattfindet. 
Ist das schon bei den französischen Originalen der Fall, die wenigstens 
den Vorzug einer gewissen Leichtigkeit und Duftigkeit haben, um wie 
viel mehr bei den erzgebirgischen Imitationen. Je geringer und beschei- 
dener das} Kunstmittel ist, um so mehr muss die schöne Zeichnung mit 
Ordnung und Uebersicht wirken. 
Dieser Umstand, der ein neues Hinderniss zu sein scheint, kann 
aber in richtiger Benutzung für unsere Spitzen zum grossen Heile dienen. 
Die Vorliebe, welche heute den alten Spitzen zugewendet wird, die Be- 
gierde, mit welcher sie gesammelt und getragen werden, der Eifer, der 
sich ihrer wissenschaftlichen Erforschung, selbst in Schulen und Dilet- 
tantenkreisen ihrer Nachahmung zuwendet, beweisen uns, dass auch auf 
diesem Gebiete die Stunde des bisherigen französischen Geschmackes ge- 
schlagen hat. Es wird ganz gewiss ein Umschwung stattfinden und dieser 
wendet sich eben so gewiss den alten Mustern zu, wie das bisher bereits 
auf allen übrigen Gebieten der Kunstindustrie geschehen ist. 
Unter diesen Umständen wäre es die Aufgabe, die österreichische 
Spitzenfabrication zu befähigen, dass sie diesen Umschwung rechtzeitig 
mitmachen, ja in demselben vorausgehen und der Welt die neuen Mode- 
formen zuerst vorführen kann, welche doch einmal binnen kurzer Zeit 
unausbleiblich kommen werden. Dass sie dessen im Momente nicht fähig 
ist, das ist klar, aber eben so wenig scheint die Möglichkeit in Zweifel 
zu stehen, wenn anders die rechten Mittel angewendet werden. Die Mög- 
lichkeit geht aus dem hervor, was bereits geschieht, aus den Arbeiten 
mancher Damen, welche die Imitation alter Spitzen mit Erfolg betreiben 
- auch die Weihnachts-Ausstellung gibt Beispiele -, aus den Leistungen 
des Spitzencurses an der Schule des Frauen-Erwerbvereines und der 
höheren Fachschule für Stickerei, die eine Menge geschickter Hände in 
vergessener Spitzentechnik ausgebildet haben. Sie geht ferner hervor aus 
allerdings noch vereinzelten Erscheinungen der Industrie, die kühn eine 
neue Bahn betreten. Ein ganz vortreßliches und lehrreiches Beispiel bietet 
auch die Weihnachts-Ausstellung in dem von Stramitzer ausgestellten 
Kragen, der nach S!0rck's Entwurf angefertigt worden. Hier ist Alles, 
was wir wünschen: eine schöne, klare, der Sache entsprechende Zeich-
	        
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