MAK
Nr. 13 
Internationale Sammler-Zeitung 
: Seite 14 5 
Wandmalereien von 
Aus der Pfalz kommt die Mitteilung von der Auf 
findung vorzüglich erhaltener Wandmalereien Martin 
Schongauers im Chor der evangelischen Kirche zu 
Mühlheim a. Eis. 
Die Malereien waren unter einem Mörtelverputz 
begraben, der 1574 beim Übergang der Kirche in den 
evangelischen Kult über sie gelegt worden war, und 
dem ihre gute Erhaltung verdankt wird. Einstweilen 
sind bloßgelegt der Zyklus des südlichen Bogenfeldes: 
Geburt Christi, Kreuzabnahme, Grablegung, Oster 
szene „Noli me tangere“, und im östlichen Bogenfelde 
die Darstellung des Gleichnisses von den klugen und 
törichten Jungfrauen. Gemalt sind die Bilder, wie man 
in Berücksichtigung aller einschlägigen Fragen an 
nehmen muß, im Aufträge des Reichsgrafen Bernhard 
von Leiningen zwischen 1471 bis 1475, stellen mithin 
ein Jugendwerk des Kolmarer Meisters dar. An seiner 
Autorschaft ist kein Zweifel möglich; denn was Inhalt 
und Form der Gemälde, unter denen besonders reiz 
voll in Stimmung und Gehalt die Weihnachtsgeschichte 
ist, anzeigen, das bestätigt das einwandfreie und völlig 
klare Monogramm des Künstlers, M. S., in der 
Mitte unter dem Bilde der Geburt Christi und des 
Gleichnisses von den klugen und törichten Jungfrauen. 
Da die Leininger im Elsaß begütert waren und sich 
in jener Zeit zum erstenmal Grafen zu Leiningen und 
Dagsburg nannten, hat die Heranziehung des jungen 
und doch auch nicht mehr ganz jungen elsässischen 
Meisters (Schongauer ist 1445 in Kolmar geboren, 
Martin Schongauer. 
ebenda 1491 gestorben) zur Ausmalung der pfalz- 
leiningenschen Kirche nichts Verwunderliches. 
Außer den Bildern von seiner Hand sind aber noch 
solche älteren Ursprunges, wohl gegen die Mitte des 
14. Jahrhunderts entstandene, nämlich Kreuzabnahme 
und Grablegung, in der südlichen Fensternische des 
Chores nebst gotischen Ornamenten im nördlichen 
Bogenfelde zutage gekommen. Sie bezeugen, daß der 
Chor in hochgotischer Zeit bereits ausgemalt gewesen, 
daß aber diese alte Bemalung irgendwie beschädigt, 
beziehungsweise verdorben war, so sehr, daß für die 
zerstörten Flächen Ersatz zu schaffen sich als not 
wendig erwies, den eben Schongauer zu. leisten hatte. 
Die große kunstgeschichtliche Bedeutung des Fundes 
ist offenbar, wenn man bedenkt, daß das ganze Werk 
Schongauers sich außer den Kupferstichen bisher auf 
ganz wenige Bilder (in Kolmar, München, Wien und 
Berlin) beschränkte, daß unter diesen nur ein einziges, 
die Madonna, ein Rosentag in Kolmar, unbestritten 
als echt gilt und auch dieses als vielfach übermalt 
bezeichnet wird. Wie die „Union", evangelisch-pro 
testantisches Kirchenblatt der Pfalz, mitteilt, sind 
beim Generalkonservatorium für Baudenkmäler in 
München bereits Schritte getan, daß auch der Rest 
der Chorflächen noch freigelegt und über die Restau 
rierung dieser Wandmalereien in Verbindung mit der 
Instandsetzung der ganzen Kirche ein umfassender 
Plan ausgearbeitet wird. 
Chronik. 
AUTOGRAPHEN. 
(Briefe von Walter Scott.) Auf Veranlassung 
der Urenkelin Walter Scotts ist in London eine große 
Anzahl Briefe des Dichters versteigert worden. Unter den 
Briefen, die einen Teil seiner Riesenkorrespondenz aus den 
Jahren 1796 bis 1831 ausmachcn, befinden sich ein Schreiben 
von Goethe, der seinen Kummer über Byrons Tod aus 
drückt, viele Briefe von Byron, ein Stoß Manuskripte und 
anderes. Der größte Teil der Briefe wurde zusammen für den 
Preis von 1500 Pfund aufgekauft. Einige Briefe von Burns 
gingen einzeln weg; zwei davon brachten je 150 und 105 Pfund. 
(Cäsar-Flaischlen-Briefe.) Die Witwe Cäsar Flaisch- 
lens bittet alle Freunde und Verehrer des verstorbenen Dichters, 
ihr freundlichst zwecks späterer Veröffentlichung kurze Zeit 
Einsicht in noch vorhandene Briefe gewähren zu wollen. 
Übersendungen, eingeschrieben, erbeten nach Berlin W. 35, 
Kurfürstenstraße 51. 
BIBLIOPHILIE. 
(Neudruck der anatomischen Tafeln von Vesa- 
Iiüs.) Der 400jährige Geburtstag eines der größten Meister 
der Anatomie, Andreas Vesalius, sollte am 31. Dezember 1914 
von der wissenschaftlichen Welt festlich begangen werden. An 
Stelle der unterbliebenen Ehrung haben zwei berufene Fach 
männer, der Grazer Anatom Holl und der Leipziger Mediko- 
historiker Sudhoff, eines seiner berühmtesten Werke heraus 
gegeben; die sechs anatomischen Tafeln, die der 24jährige 
Doktor der Anatomie und Chirurgie in Padua, Vesaliüs, 1538 
mit Hilfe des Künstlers Stephan v. Klakar für seine Schüler 
angefertigt hatte. Für die damalige Zeit eine unerhörte Neu 
erung, da man die anatomische Zeichnung als Unterrichts- 
mi tel noch nicht kannte. Die Zeichnungen können natürlich 
heute nicht ausschließlich vom fachmännischen Standpunkte 
bewertet werden; sie sind durch die moderne anatomische 
Abbildung überholt. Aber sie rangieren trotzdem noch als 
Meisterwerke und wurden sogar eine Zeitlang Lionardo da Vinc i 
zugeschrieben. Ihre kulturgeschichtliche Bedeutung recht 
fertigte also die Neuausgabe; um so mehr, als von der ganzen 
Auflage heute nur noch ein Exemplar in der Markus-Bibliothek 
in Venedig und ei ne sin England ist, von dem 1874 einige Privat 
drucke angefertigt wurden. Die auf dreiviertel Originalgröße 
verkleinerten Tafeln mit ihren trefflichen geschichtlichen und 
anatomischen Erläuterungen bilden eine hervorragende Publi 
kation. (Leipzig, J. A. Barth.) 
(Das Vermächtnis des Professors Wallaschek). 
Der Professor für Ästhetik und Rhetorik an der Wiener Universi- . 
tat und Musikschriftsteller Dr. Richard Wallaschek, dt r 
1917 starb, vermachte sein Vermögen der Gemeinde Wien 
unter der Bedingung, daß diese sein im Manuskript zurück 
gelassenes Werk „Psychologische Ästhetik“ nach seinem Tode 
herausgebe. In der letzten Sitzungdes Gemeinderatsausschusses 
für allgemeine Verwaltung teilte Stadtrat Richter mit, daß 
dieses Werk noch heuer im Rikolaverlag in Wien erscheinen 
werde. Als Herausgeber wurde Dr. Kataun von den städtischen 
Sammlungen bestimmt. 
(Das Deutsche Biographische Jahrbuch.) Die 
Deutschen Akademien der Wissenschaften haben kürzlich 
auf ihrer Wiener Tagung auf Antrag der Münt heiler Histori 
schen Kommission beschlossen, das Biographische Jahrbuch, 
das Anton Bettelheim 1897 begründete, als akademisches 
Unternehmen weiterzuführen. Als Herausgeber des biogra 
phischen Teils ist jetzt Dr.‘Philipp Funk in München gewonnen 
worden; Regierungsrat Dr Saß, der Oberbibliothekar des Aus 
wärtigen Amts, übernimmt wie früher die Leitung der Toten 
listen. Zuerst soll ein Sammelband über die Jahre 1914—1920 
ausgegeben w-erden. 
BILDER. 
(Ein Rembrandt in Rom.) Ein bis dahin auf 
Bernardo S t r o z z i (1581 — 1644) getaufter Kopf eines alten 
Mannes in der berühmten Galerie Doria wurde von dem
	        
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