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Volltext: Monatszeitschrift IX (1906 / Heft 6 und 7)

doch einen künstlerisch ent- 
wickelten Ausdruck fand, 
dem eine lokale Färbung 
innewohnt. Man ist, abge- 
stoßen vom internationalen 
TreibenderBauspekulation, 
welche die Baubestrebun- 
gen der ganzen Welt und 
aller vergangenen Kunst- 
epochen ausbeuten wollte, 
um immer neue Sensationen 
bereiten zu können, endlich 
wieder zur Wertschätzung 
einer natürlichen Einfach- 
heit gelangt, die Spielraum 
für individuelle Färbung in 
engeren Grenzen bietet. 
Die eigentümliche An- 
lage Wiens, in der eine 
deutliche räumliche Tren- 
nung und ein ausgesprochen 
ländlicher Charakter der 
Vorstädte noch in der ersten 
Hälfte des XIX. Jahrhun- 
derts begründet war, hat 
diesen Stadtteilen ein indi- 
viduelles Leben bewahrt. Es finden sich neben regelrechten Sommersitzen 
sehr zahlreiche Wohnhäuser, die der aufblühenden Industrie einer Zeit, in 
der das Handwerk noch seinen goldenen Boden hatte und der Großbetrieb 
noch keine Bedingung der Lebensfähigkeit industrieller Unternehmungen bil- 
dete, ihr Leben verdanken. Da war eine Liebe zum Heim noch tätig, ein Stolz 
auf den häuslichen Besitz, der Wohnlichkeit und Behagen hochhielt, und 
eine lokale Tradition weiter pflegte. Allmählich gingen die Formen der Barock- 
zeit in die klassizistischen der Kongreßzeit über. Die alten Motive des Hof- 
hauses blieben lebendig und erhielten eine typische Ausbildung. Die meist 
ein- bis zweistöckigen Bauten, welche der Straße zu häufig im Dachgeschoß 
einen mittleren Aufbau tragen, zeigen Architekturformen, welche immer ein- 
facher und ruhiger werden, aber doch einer sinnvollen Plastik, einem 
Schmuck durch Gitterwerk, I-Iauszeichen, geneigt bleiben. 
Der Grundriß besteht in der Regel aus einem schmalen, doppelten 
Gassentrakt und einem oder zwei nach der Tiefe gehenden einfachen Hof- 
trakten, in denen häufig noch Arkaden, freie Gänge, offene Stiegenhäuser 
lebendig wirken. Der schmale, aber tiefe Hofraum, der nicht selten durch 
den Hausbrunnen ein Schmuckstück erhielt, ist gegen einen kleinen Garten 
Wien, Fechtergasse
	        
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