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Internationale Sammler-Zeitung
Nr. 16
das Stück dar. Auch alle regelmäßigen Ausgaben der Ver
einigten-Staaten-Post von 1847 an bis zur Periode des Bürger-
kriege» sind hier lückenlos vertreten. Die Sammlung enthält
so mannigfache und zahlreiche Marken, daß Wochen ver
gehen werden, bevor sie ordentlich gesichtet und klassifiziert
und der Wert dieses Briefmarkenschatzes genau bestimmt wer
den kann. William Meredith, der.bei Lebzeiten verschiedene
öffentliche Ämter bekleidete, hatte es sich zur Gewohnheit
gemacht, jeden Brief und jedes Schriftstück, das in seinen
Besitz kam, aufzubewahren. Die Sammlung in den Koffern
blieb seit seinem Vor mehr als 50 Jahren erfolgten Tode un
berührt. Ein Zufall führte kürzlich, als auf dem Dache des
Hauses Reparaturen ausgeführt wurden, zu ihrer Entdeckung.
PORZELLAN.
(Die Du'dley-Vasen.) Ein Fund, wie er wohl selten bei
einer Versteigerung gemacht wird, gelang dieser Tage dem
Londoner Kunsthändler Albert Amor in dem großen Auktions
haus von Christie. Es kamen ein paar hervorragend schöne
Porzellanvasen zUr Versteigerung, in denen der Kunsthändler
die berühmten ,,Düdley-Vasen“ erkannte. Diese Vasen, die
1765 in der Chelsea-Manufaktur hergestellt wurden und sich
durch eine wundervolle rosa Färbung auszeichnen, gelten für^
die schönsten Stücke, die aus der berühmten Fabrik hervorge
gangen sind und überhaupt für die besten englischen Porzellane
des 18. Jahrhunderts. Sie waren vor mehreren Jahren für
20.000 Pfund in eine Privatsammlung übergegangen. Zweifel
los war der einzigartige Wert dieser Stücke dem Verkäufer
unbekannt, und so konnte sie Amor für den Preis von 6200 Gui
neen erwerben. ,,lch kann gar nicht begreifen' warum sie sonst
niemand erkannt hat“, sagte er, strahlend vor Glück. „Der
Raum war ganz mit Menschen gefüllt, aber alle sahen nur, daß
es sehr schöne Stücke Chelsea-Porzellan waren. Daß ich sie
erkannte, ist für mich das größte Ereignis meines Lebens.“
VERSCHIEDENES.
(Tod bekannter Sammler.) Mit dem in Wien hoch,
betagt aus dem Leben geschiedenen berühmten Ohrenarzt
Hofrat Dr. Politzer ist auch ein großer Sammler dahinge
gangen. Politzer hinterläßt eine Sammlung von Gemälden
alter und neuer Meister, die man schon als Galerie ansprechen
durfte. Es sind da Italiener, Niederländer und Deutsche her
vorragend vertreten. Unter den Italienern wären hervorzu-
hebon Moretto da Brescia, Guercino, Palmaveccbio, Riber'ra
und Piatolli; vom letztgenannten •; cin’jl lauptwerk, die Dar
stellung eines historischen Konzerts am Hofe des Großherzogs
Leopold von Toscana. Unter den Niederländern der Sammlung
Politzer ragen zwei Studienköpfe’Jvon Rubens hervor, doch
sind auch Bartholomäus von Heist, Lievens, Adrian van
Ostade, Campliuyzen sowie Teniers der Ältere mit bedeuten
den Arbeiten vertreten. Unter den deutschen Gemälden wären
besonders zwei Seitenflügel eines Altars Von einem Kölner
Meister und ein Bild von Franz Francken erwähnenswert.
Die modernen Meister sind repräsentiert durch Namen wie
Brozik, Hugo Charlemont, Remi van Haanen, Klimt, Hans
Makart, Pettenkofen, Probst und andere. Auch wertvolle Aqua
relle, Miniaturen und Plastiken zierten die Räume Politzers.
Großes Interesse wandte er der Lithographie zu. Auf seinen
weiten Reisen sammelte er alle Erzeugnisse auf diesem Ge
biete und hatte schließlich die Genugtuung, eine Sammlung
zusammengebracht zu haben, die ein vollkommenes Bild der
Entwicklung der Lithographie bietet. Großartig wie diese
Spezialsammlung war auch die otologische Bibliothek
Politzers, der wohl keine zweite an die Seite zu petzen ist.
Sie wird gewiß eine Attraktion der Wiener Universität werden,
der sie zufällt.
(Anders Zorn f.) Schweden beklagt den Heimgang seines
bedeutendsten Malers. Anders Zorn ist am 22. August in Mora
gestorben. Als der Künstler, damals ein Fünfzehnjähriger
aus seiner engeren Heimat, dem Kirchspiel Mo a in Dalekarlien,
nach der Hauptstadt des Königreiches kam, widmete er sich
zunächst der Plastik. Sein Übergang zur Malerei vollzog sich
im Jahre 1880, wo er auf der Stockholmer Akademieausstellung
mit einem Aquarell, einer Dame in Trauer, großes Aufsehen
erregte. Nach Reisen in Italien und Spanien ließ sich Zorn
in London als Aquarellmaler nieder und sammelte später auf
Reisen in Spanien, Marokko, im Orient, in den Balkanländern,
in Ungarn, in seiner Heimat Dalekarlien neue Erfahrungen.
Von Werken aus dieser Periode befindet sich eine Anzahl
Figurenaquarelle in öffentlichen Sammlungen, so im Goten
burger Museum, im Nationalmuseum in Stockholm und anderen.
Ende der achtziger Jahre ließ er sich hier ein Jahrzehnt nieder.
Eines seiner Gemälde, drei nackte Frauen an einem Felsen
strand, wurde zum Markstein seiner. Entwicklung, da er sich
seitdem besonders dem Stu’ium des nackten Körpers in freier
Natur widmete, welchen Motiven er sich namentlich nach
Rückkehr in seine Heimat DaLkarlien in eingehender Weise
zuwandte. In Gonrcbildern, Pcrträts und Landschaften trat
seit Anfang der neunziger Jahre sein großes Können zutage.
Unter seinen Porträts sind solche des Königs Oskar von Schwe
den, des Prinzen Karl, Bruno Liljefors.^des gleichfalls be-
Srühmten Schilderers des schwedischen Waldes und Tierlebens,
sowie als eines der späteren der Königin Sophie icu nennen.
Von dem umfassenden Wirken Zorns haben die zahlreichen
Sonderausstellungen, die in den Verschiedensten Städten
Europas, unter anderem in deutschen Kunstzentren, statt
fanden, Zeugnis abgelegt. In Mora, dem geschichtlich und land
schaftlich interessanten Landesteil, dessen Bevölkerung noch
heute in Sitten und Trachten Viel von ihrer alten Eigenart
bewahrt hat — alles Umstände, die Dalekarlien zu einem
hervorragenden Touristenziel machten — besaß .Anders Zorn
ein an Kunstschätzen reiches Heim, in dem' er nunmehr ge
storben ist. Zorn ist 64 Jahre alt geworden.
(Die Sammlungen Li Hüng Tsangs.) Wie aus
Stockholm gemeldet wird, sind die Kunstsammlungen des
1901 verstorbenen chinesischen Staatsmannes Li Hung
Tsang von einem schwedischen Konsortium angekauft worden
und bereits in Schweden eingetroffen. Die Schätze gehen teil
weise an Museen, teilweise in Privateigentum über. Das National-
müseum wird eine Sondeiausstellung seiner Erwerbungen Ver
anstalten.
MUSEEN.
(Eine zweite Sammlung James Simon.) Aus Berlin
wird uns berichtet: Es ist in einer Zeit, wo wir so wenig auf
Bereicherung unseres heimischen Kunstbesitzes"rechnen können,
sehr zu begrüßen, daß jetzt der bekannte Berliner Kunstsammler
James Simon dem Kaiser Friedrich-Museum seine sehr
wertvolle Sammlung altdeutscher Kunst, die er bisher
in seinem eigenen Heim aufbewahrte, geschenkt hat. James
Simon hatte schon 1904 den Berliner Museen seine kostbare
Sammlung älterer italienischer Kunst zum Geschenk ge acht;
sie war in einem besonderen Kabinett des Kaiser Friedrich-
Museums aufgestellt. Diese neue Sammlung umfaßt über
300 Stücke, besonders Werke der deutschen und fremden
Plastik aus der Zeit des gotischen Mittelalters und der Re
naissance. Auch wertvolle Teppiche befinden sich in dieser
Sammlung, Sie soll in dem Flügel für ältere deutsche Kunst
aufgestellt werden, der in dem neuen Deutschen Museum auf
der Museumsinsel eingerichtet wird, und von dem man hofft,
daß er in nicht allzu ferner-Z.it eröffnet werden kann.
(Böcklins ,,Toteninsel“.) Der Schweizer Bundesrat
hat den durch die Gottfried Keller-Stiftung mit Hilfe der
Basler Regierung erfolgten Ankauf von Böcklins „Toteninsel"
genehmigt und gleichzeitig die Aufstellung des Bildes in der
öffentlichen Kunstsammlung in Basel beschlossen.