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Volltext: Monatszeitschrift III (1900 / Heft 3)

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mit kreuzartig erhobenem Schwerte auf einem silbernen Sockel mit stürzendem Gegner 
steht, und die dramatische Episode einer Rettung aus dem Meere, wo sich ein Relief mit 
Strand und Brandung und angestrengten Menschen zu voller Figurenfreiheit auswächst. 
 
Arthur H. Baxter, Thiirangel aus getriebenen: Kupfer (Aus: „The Artist") 
Karl Seffner hat aus Leipzig seine jüngsten Büsten gesandt, darunter die vorn-efiliche 
Klinger-Büste, leider nicht in jenem rosig colorirtenMarmor, in dem sie auf derDresdener 
Ausstellung stand. Hugo Lederer (Berlin) kann seine interessant gesetzte Actiigur: „Die 
Haide" als Mittelstück verwendet sehen, wozu sie sich durch ihre mächtige Silhouette 
eignet. Aus Paris sendet Rodin den Ponrätkopf seines Balzac-Concurrenten Falguiere, Nocq 
einige serpentinöse Einfälle von absonderlichem Reiz, namentlich 
auch der Metalliärbung, Carabin einen Eckschrank, an dem er in 
beliebter Weise eine nackte Fraueniigur von echt Carabin'schem 
Typus als Trägerin anbringt. Ein ganz Junger, L. Dejean, wirft 
plötzlich eine Specialität in die Welt, eine Anzahl kleiner weiblicher 
Figuren, von einer sehr persönlichen Bizarrerie in Haltung, 
Bewegung und namentlich der Gewandung, die das Princip des 
Bauschigen komisch übertreibt. Wir konnten nur eine Biichtige 
Skizze der Ausstellung geben; schon die Länge, zu der sie sich 
trotzdem ausgesponnen hat, ist ein Masstab für die Reichhaltigkeit 
und Anregungskraft des Schaustoffes, den die Secession bietet. 
RITZ VON ÜHDE. In der Galerie Miethke kann man 
sich jetzt an einer ganzenUhde-Ausstellung erfreuen. Es sind 
28 Bilder aus seinen letzten Jahren, darunter einige jener grossen 
Scenen (Grablegung, Christus predigt am See, Würfler um den 
Rock Christi), in denen der Meister mit solcher Inbrunst den Weg 
zur grossen Kunst sucht. Sein Ziel ist die heilige Historie für heute, 
mit jener Art von Andacht, die in dem modernen Culturrnenschen 
erregt werden kann. Er ist ja auch von den modernen Nerven 
ausgegangen, von Landschafts- und Stubenstimmungen, in denen 
die Seele einer angeblich seelenlosen Zeit sich gleichsam unver- 
muthet findet. Erstaunt und entzückt gibt sie sich den stillen 
Wundern hin, die den Alltag erfüllen, aber lange Zeiträume 
hindurch sich unbemerkt, unempfunden abgespielt haben. Uhde ist 
einer der Seher, die das menschliche Auge wieder auf das leise Anm" H' 3mm" Thu" 
_ klopfer, aus Kupfer gea 
Farbenweben um uns her eingestellt haben, das der realen Er- "üben (Aushmn Anisw) 
scheinung einen tieferen Sinn von Weihe gibt, sie in einem Zustande 
schlichter, menschlicher Verklärung zeigt. Als ein Stimmungsmeister dieser Art hat er die 
Welt wieder geheiligt und den Menschen durch Kunst zu dieser Heiligkeit bekehrt. Die 
Ausstellung enthält einige seiner innigsten Bilder dieser Art, vor allem das Bild: „Weib, 
 
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warum weinest Dul", das SeineMajestät für die kaiserlichen Sammlungen erworben hat. In seiner transparenten Abendstimmung, die ein Wunder als einen natürlichen Vorgang erscheinen lässt, und in der bestrickenden Heimlichkeit seiner Tonxnischungen müsste dieses Bild, auch abgesehen von dem ergreifenden Vorgang, einen tiefen Zauber ausüben. Arthur H. Baxter. Detail des Friesen aus dem Schlafzimmer (Aus: „The Artist") Noch andere mässig grosse Bilder fesseln durch den Reiz der Uhde'schen Farbenrnischung, die sich in lauter feinen Übergängen und Vermittlungen bewegt. Sein Verfahren führt zu einer Einheitlichkeit, die eigentlich in jeder Faser mannigfaltig ist. Die Localfarbe wird selten entscheidend betont, wie etwa in dem köstlichen Bilde „Verlassen", das aber auch weniger Uhde. als einem alten, sehr feinen Niederländer gleicht. Dies ist wohl auch der Grund, warum bei ganz grossen Massstäben die farbige Wirkung nicht so mühelos beherrscht erscheint. Die grossen Bilder Uhdes sind willensstarke Aufrafllxngen und hochintelligente Constructionen, denen man aber den Gang durch die Bildergalerie, an Rubens und Rembrandt vorbei, deutlich ansieht. Er erholt sich bei ihnen Raths, aber die technische Rechnung geht nicht ganz in der Empfindung auf, man hat nicht den Eindruck einer nothwendig in das Grosse ausströmenden malerischen Naturkraft, wie eben bei geborenen Grossmalern. Uhde ist noch auf der Suche nach seinem grossen, ausgiebigen Gesammtton, und zwar sucht er ihn auf der Seite nach Grau und Schwarz hin. Den historischesten Eindruck unter den grossen Bildern machen die „Würfler"; dagegen ist die „Predigt" reich an gemiithvollen Ziigen aus dem Volksleben. Es sind auch einige Landschaften da, in denen man wandeln möchte, ein Wald mit Kindern und ein Feld mit einem Paar, das an die Morgenarbeit geht. Wenn man Uhde'sche Statfagen sieht, hat man den Eindruck, dass die Welt wirklich für den Menschen erschaffen ist, und zwar jedes Stück Welt für einen gewissen Menschen. Das ist so sein rein menschlicher Socialismus. Und einen wahren Schatz von stiller Lebensfreude birgt ein grosses Bild, auf dem er seine drei Töchterchen im Hausgarten darstellt. Das ist in der Originalweise Uhdes gemalt, ohne alle Hinübersteigerung in einen gehobenen Stil. Einfach drei liebliche junge Existenzen, in einer Schlichtheit, die schon wie Tugend berührt, und in einem Halblicht und Halbschatten von harmloser Alltagssonne, wie kein anderer das dem Künstler nach- malt. Was in seinen Anfängen Problem war, z. B. die mannigfache Belichtung und Beschattung eines einzigen niederhängenden Armes, das erscheint hier zur zweiten Natur geworden. Und das ist es, was dem Beschauer ein ästhetisches Wohlbefinden einflösst. Die Sache leuchtet ihm ein, er spürt Natur in ihr. Und das wäre eigentlich auch das Problem für Uhdes grosse Historien. In dieser selbigen Weise behandelt, ohne Seiten- blick auf componirende und stilisirende Alte, wären sie das Historienbild der Zukunh.
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