Hummer 18
Internationale Sammler-Zeitung.
Seite 285
Uersctiiedenes.
(6ine Bann -Bulle des Papstes Alexander III.)
Sammler uon Polonicis seien auf die im Annoncenteile ausgebofene
Bulle des Papstes Alexander III. aufmerksam gemacht. Die Bulle
stammt aus dem Jahre 1181 und ist an die damalige polnische
Regierung in Warschau gerichtet. Der Papst spricht darin über
die Regierung und den Herzog uon Polen den Bann aus, rueil nach
dem Tode eines jeden hohen geistlichen Würdenträgers dessen
Güter oom Staate eingezogen tuurden Die Bulle, die tuir zu sehen
Gelegenheit hatten, ist sehr gut erhalten.
(Der Thron der Venus.) einer der größten Schäle des
römischen Aationalmuseums in den Thermen ist der sogenannte
„Thron der Venus“, ein dreiseitiger Sockel, dessen Vorderseite in
großartigster und lieblichster Auffassung zugleich die „Geburt der
Venus“ darstellt. Das Werk ist griechischer Herkunft, wahrschein-
lich auf dem sizilischen Vorgebirge Eryx gefunden und etrua um
die Wende des fünften Jahrhunderts entstanden. Bin bisher fehlen
des Bruchstück dieses Werkes ist uor ein bis zruei Jahren in Italien
aufgefunden, aber heimlich nach Amerika oerkauft und ins Bostoner
ntuseum of Sine Arts exportiert morden. Seit einiger Zeit roufjten
engere Kreise uon diesem Handel, den die amerikanischen Wächter
der Kunst nach dem System der ITlorgan und anderer milliarden-
schmerer Sammler betrieben haben; nunmehr aber sind die Karten
ungeniert aufgedeckt, denn das Juni-Bulletin des Bostoner ITluseums
gibt eine genaue Schilderung der lleuermerbung. Demnach ist die
Ähnlichkeit des Bostoner Reliefs mit dem römischen augenfällig;
die Größenuerhältnisse stimmen fast genau, die Ornamentik, die
ganze form, die Detailausführung der beiden Stücke korrespon
dieren so genau, daß daraus allein schon der Schluß zu ziehen roäre,
das Bostoner Bruchstück ist die Ergänzung des römischen. Aber
auch die Darstellung nötigt dazu. Der Kitharaspieler auf dem
rechten Seitenflügel des Bostoner Werkes ist ersichttich die Pendant
figur zu der sitzenden nackten flötenspielerin auf der einen Schmal
seite des Bruchstückes zu Rom. Die Haupfseife zeigt eine geflügelte
figur, die zroei nackte jugendliche Gestalten uor zroei zuschauenden
frauen abmägt; aller Wahrscheinlichkeit nach ist das Hermes, der
in Gegenmarf non Thetis und Bros eine Psychasfasia (Seelen-
mägung) oornimrnt, eine Anspielung auf den Tod, zu der die
Geburtsszene des Stückes im Thermenmuseum das Gegenstück ist.
Ergänzt man die beiden fragmente, so erhält man ein Ganzes, das
zioar die Eigenschaft eines „Thrones der Venus“ aufhebt, aber den
großartigsten frühgriechischen Altar ergibt, den die Welf
besißt. Um die möglichkeit, dieses klassische Werk zu einem
Ganzen uereinigt zu sehen, hat der Geschäftssinn amerikanischer
ITluseumsleifcr nun die Kultunuelt leider mohl für immer betrogen,
(Die Kunsfschäße des Vatikans.) Aus Rom tuird uns
berichtet: Der Oberste Gerichtshof hat in einem Urteile, das hier
großes Aufsehen erregt, dem heiligen Stuhle das Recht zuerkannt,
ohne besondere Erlaubnis der italienischen Regierung seine Güter
zu uerkaufen. Dieser Gerichtsbeschluß hat namentlich in Künstler
kreisen lebhafte Aufregung heruorgerufen, da diese befürchten, daß
die in den oatikanischen Palästen enthaltenen, unerseßlichen JTleister-
tuerke eines Tages uerkauff merden könnten. Es heißt nunmehr,
daß der Kammer ein Geseß uorgelegt werden soll, wonach dem
heiligen Stuhle untersagt wird, die Kunstwerke des Vatikans
zu oeräußern. Ein solches Geseß besteht für ganz Italien schon
seit Jahren.
(lleue funde auf dem Janiculus.) Aus Rom wird uns
berichtet: Die Ausgrabungen auf dem Janiculus haben in leßter
Zeit einige bemerkenswerte Ergebnisse gezeitigt, ln dem reichen
Ausgrabungsgebiet ist jüngst eine Art rechtwinkligen Hofes bloß
gelegt worden, zu dem eine weite Treppe führte, der im Hinter
gründe, nach der Bergseite, ein zellenförmiges Heiligtum enthielt,
das seitlich einspringende Winkel und außerdem uerschiedene
nischen für Götterbilder aufwies, ln der lllitte der Zelle sind
Spuren eines dreieckigen Altars, der aus Backsteinen errichtet war
und an der Unterseite eine Einbuchtung für ein Götterbildnis ent
hielt. ln der Zelle wurde ferner eine Inschrift auf lllarmor entdeckt,
die die Widmung eines gewissen Galonas aufwies. Seitlich uon
dem Altar fand sich der Rumpf einer Jupiterstatue; unterhalb der
Ebene des Hofes wurden, in mehrere Schichten uerteilf, große
Ölkrüge entdeckt, die Opfergaben enthielten, unter anderem Tier
knochen, Am tiefsten Punkte wurden zwei weitere, uieleckig ge
staltete Zellen entdeckt, ln der linken fand sich bei dem Schaffe
einer Säule aus Cipollinstein eine Bacchusstatue aus griechischem
lllarmor, bei der Kopf und Hände uergoldef waren; die andere
Zelle enthielt eine Basalfstatue in ägyptischem Stil, ein Götterbiid
darstellend, das die Hände ausstreckt. Die Fäuste sind dabei
geballt, ln den llischenmänden wurden drei ziemlich gut erhaltene
reichen aufgefunden. Der leßfe Sund, ein großer dreieckiger Altar,
scheint für die Archäologen der bedeutendste zu sein. Dieser Altar
ist noch nicht eingehend untersucht. Es handelt sich um ein ge
tünchtes Backsteinbauwerk in Gestalt eines Dreiecks, dessen Scheitel
nach Osten zugewandt ist.
(Pfahlbautenfunde im Waginger See.) Bereits Ende
der' sechziger Jahre des uergangenen Jahrhunderts waren bei der
Tieferlegung des Waginger Sees (n-ö. oom Chiemsee) zahllose
Pfähle im Wiesenboden entdeckt worden, ohne daß dieser wichtige
Sund der prähistorischen Forschung weiter bekannt wurde. Jeßt
hat man an derselben Stelle am Ufer des Sees eine weitere Anzahl
Pfähle gefunden. Bestimmtes aber läßt sich über das Alter dieses
„neuen“ Pfahlbaues noch nicht sagen. Vielleicht gehört er mit den
Pfahldörfern der benachbarten oberösterreichen Seen dem Ausgang
der jüngeren Steinzeit an. Der Sund ist umso wichtiger, als sich
auch die Umgebung des Waginger Sees (z. B. Traunstein) durch
uor- und frühgeschichtliche Denkmäler auszeichnet.
(fleue archäologische Sunde in Thessalien.) Aus
Athen wird berichtet: In den leßten Tagen des Juli d. J. hat Herr
Dr. Aruanito paullos, Cphoros der Altertümer in Thessalien, bei
der diesjährigen Sortseßung seiner Arbeiten in Pagasae einen
zweiten Turm gefunden, der gleichfalls farbig bemalte Stelen ent
hält, wie der im Jahre 1908 freigelegfe; der neugefundene ist oom
leßferen etwa 500 Oleter entfern!. Bisher wurden gegen 100, meist
große Grabsäulen, mit Palmetten aus dem Turme gewonnen. Eine
in Sorm eines Tempelchens, hat eine länge uon 1'60 llleter und
eine Breite uon 0‘90 llleter, drin befindet sich eine gemalte, bunt
farbige Darstellung einer sißenden Srau in natürlicher Größe. Eine
so große Darstellung ist bisher zum ersten ITtule gefunden worden,
leider ist die Erhaltung der Sorben nicht die beste, troßdem sind
der Reichtum der uerwendeten Sarben und die Genauigkeit in der
Anordnung der Gewänder, das braune Haar, das schöne Gesicht
und andere Einzelheiten noch deutlich erkennbar. Die Säule, obwohl
ganz erhalten, trägt keine Inschrift; diese befand sich wohl am
Epistyl des Grabdenkmals (in Sorm eines kleinen lllansoleums), in
dem die Säule aufgesfellt war. Zwei oder drei andere Säulen
zeigen die Bemalung noch sehr gut erhalten. Eine der Klymene,
Tochter des Agathokles gehörig, zeigt den kreisrunden Altar, auf
dem sich eine Schlange befindet. Außerdem wurde noch die Basis
einer Säule gefunden, welche eine fünfzeilige archaische Inschrift
aus dem 6. Jahrhundert u. Chr. trägt; wahrscheinlich gehörten
Basis und Inschriften zu dem alten Tempel des Apollon Pagasites,
der uon Hesiod und anderen Dichtern erwähnt wird. Die Arbeiten
in Pagasae wird Herr Dr. Aruanitopoullos auch während des
September fortseßen und sich darauf nach Deutschland begeben,
um den Druck uon elf bemalten Stelen durchführen zu lassen,
nachdem sich die griechische archäologische Gesellschaft endlich
entschlossen hat, die Kosten für den Druck einer Sonderschrift
des Herrn Dr. Aruanitopoullos über Pagasae zu übernehmen.
An weiteren Arbeiten in Thessalien fanden nach folgende statt:
Auf dem Berge Kissauos (Ossa) wurde in der Höhe uon 600 llleter
eine den Aymphen geweihte Höhle gefunden; bei den uorläufigen
Ausgrabungen wurden Weih-Inschriften des 4. Jahrhunderts u. Chr.,
Ringe, Tonstatuetfen und dergl. gefunden. Diese Ausgrabungen
merden im September fortgeseßt werden. Bei Dereli (dem alten