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Internationale Sammler-Zeitung.
Seite 283
Handschriften.
(6in Bibelhandschriffen-Sund in Giefjen.) Vor drei-
oierfel Jahren wurden in der Uniuersitätsbibliothek in Giefjen
Reste der gotisch-lateinischen ßibelüberseljung gefunden, die aus
dem Anfang des fünften Jahrhunderts stammen und das älteste
literarische Denkmal unserer germanischen Vergangenheit darstellen.
Diese Reste, die in Ägypten aufgekauft morden mären, maren der
Bibliothek bei der Verlosung zugefallen, die durch das sogenannte
Papyrus-Kartell in Berlin, an dem die Giefjener Bibliothek beteiligt
ist, im Juli 1908 sfattgefunden hatte, llun hat, wie man uns
mitteilf, der glückliche Sinder jener Reste, der Prioatdozent der
Theologie Die. Glaue, in anderen Pergamentstücken, die aus dem
gleichen Sundort stammen und auch seinerzeit mit nach Gieren
oerlost wurden, Reste einer nicht minder merfoollen biblischen
Handschrift entdeckt. Dalj die Gemeinden der Samariter in
Ägypten für ihren gottesdienstlichen Gebrauch eine griechische
Übersetjung ihrer heiligen Schrift, der fünf Bücher llJosis, ange- )
fertigt hatten, war bisher unbekannt gewesen. Wenn der berühmte
christliche Bibelforscher Origen es einen griechisch-samaritanischen
Text zitierte, so meinte man, er habe cm im samaritanischen Dialekt
uerfafjtes Werk für seine besonderen Zwecke an einzelnen Stellen
ins Griechische überseht, llur Sam. Kohn hatte 1804 die Ver
mutung ausgesprochen, und zu begründen oersucht, es müsse eine
nallständige, in Ägypten angefertigte griechische Übersetjung des
samaritanischen Bibelmerkes gegeben haben. Cr hat mit seiner
Vermutung recht. Diese Übersetjung liegt nunmehr in einigen
Resten oor, die, so gering sie sind, für die Arbeit an der Wieder
gewinnung des ältesten alttestamentlichen Bibeltextes Bedeutung i
haben.
(Cin Dokument zur Geschichte des falschen Deme
trius.) Aus Warschau wird gemeldet: Jn Pultusk ist das
Original der schriftlichen Verpflichtung des falschen Demetrius auf
gefunden worden, worin er oerspricht, dem Wojmoden oon Sandomir
ITluiszek nach seiner Ankunft in ITloskau 4000 Zloty (Goldgulden)
auszuzahlen. Die Verpflichtung ist mit der polnischen Unterschrift
des Demetrius und einem Siegel mit Doppeladler oersehen.
(Kostbare Handschriften.) Cine Sammlung oon seltensten
Handschriften alter Zeit, aus dem Besitj des Cheoalier Ridder oan
Rappard wurde bei frederik Illuller u. Co. in Amsterdam oer
steigert. Den höchsten Preis erzielten einige Dokumente der Jndisch-
Occidenfalen Kompagnie über Tleu-niederland, die Cxpedition nach
dem Senegal 1628, die holländische Kolonie Cssequibo, und über
die Kolonisation unter Claude Preno 1626, die den hohen Preis
oon 8700 111. brachten. Cin sehr interessantes lUanuskript des
13. Jahrhunderts, englische Arbeit, enthielt prachtoolle llliniaturen
und 178 farbige Initialen; aus dem 14. Jahrhundert war ein
ITlanuskripf oon Philippoe Alaizieres: £e Song du oiell peilerin,
die 2430 111. erzielten. Von ITtarguerite de Valois, Königin oon
Itaoarra, mar eine kleine Handschrift oon 1550: „Ce Alirouer de
tarne Pecheresse“, die 2020 m. erzielte. — Unter den aiten Bibeln
maren Prachtexemplare; eine lateinische Bibel des 13. Jahrhunderts
enthielt 155 Aliniaturen, Bordüren und Initialen in wunderschöner
Handschrift; ebenso prächtig mar ein niederländisches Gebetbuch
des 15. Jahrhunderts und zwei Blätter aus einem Antiphonarium
des 15. Jahrhunderts, italienische Arbeiten mit großen llliniaturen,
die 2170 Hl. brachten.
numismatik.
(Römische Bronzemünzen.) In Botighofen (Thurgau)
sind zahlreiche sehr gut erhaltene römische Bronze münzen
aus dem zweiten und dritten Jahrzehnt des dritten nachchristlichen
Jahrhunderts ausgegraben worden. Stücke oon Constantin dem
Grofjen, dem Caesar Crispus, dem Caesar Cicinius (Junior) und oon
Constantin IT. gelangten in eine Basler Prioatsammlung.
(Di e fleuermerbungen des königl. Illünzkabinetts
lllü neben.) Über das Wachstum der llliinchener Staatssammlung
im Jahre 1905 gibt der ausführliche, reich mit Abbildungen uer-
j sehene Crmerbungsbericht interessanten Aufschluß, den der Vor
stand des k. Illünzkabinetts Dr. G. Habich im ersten Halbband
des Jahres des ITlünchner Jahrbuches der bildenden Kunst jeljt
oeröffentlicht hat. Cs sind an antiken münzen und Gemmen,
mittelalterlichen und neuzeitlichen münzen, Hledaillen des 15.—18.
Jahrhunderts, modernen Kunstmedaillen, Plaketten und Varia ins
gesamt 7057 Stück ermorden worden; daoon gehören 6702 Stück
der Kategorie der ITütfelalter- und lleuzeitmünzen an, welch hohe
Ziffer sich damit erklärt, dafj meist die ganzen Sunde dieser Zeit
geschlossen ins Alünzkabinett wandern. Der erfreulich grofje Zu
wachs ist übrigens zum grofjen Teil durch lllittel aus überaus
dankenswerten größeren Stiftungen oon prioafer Seite (der Herren
Hugo o. Hirsch-Gereuth und Georg Hitl) und Cinzelschenkungen
I zustande gekommen. So konnten denn ein so kostbares und für eine
oaterländische Sammlung künstlerisch so wichtiges Stück wie das
Steinmodell mit dem herrlichen Bilde des Kurfürsten Otto Heinrich oon
derPf alz, ferner eine Glanzleistung der oorgeschrittenen italienischen
oder, wie Habisch glaubt, olämisch-burgundischen Quattrocento-
Kunst auf dem Aledaillengebiet, die Schaumünze auf Anton uon
Buraund, den Halbbruder Karls des Kühnen, daneben eine Reihe
anderer kleiner meistermerke der Hledaillen- und Plakettenkunst
des 16. und 17. Jahrhunderts erworben werden. Von den Antiken-
Crmerbungen fesseln die Aufmerksamkeit der Kenner wohl am
meisten ein paar dem 5. Jahrhundert o. Chr. ungehörige Silber-
statere aus einem 1907 auf der Insel lllelos gemachten funde,
auf jenem nur drei Quadrafmeilen grofjen Cilande des ägäischen
Aleeres (heute lllilo), das eben jener fund als durch cine bisher
ungeahnt reichhaltige ITUinzprägung merkwürdig erwiesen hatte,
ferner ein in Sizilien, dem Hauptlande griechischer Stempelschneide-
kunst, geprägter goldener Halbstater des Königs Pyrrhus uon
Cpirus uon sehr feinem Stil; dieser und andere münzen gleicher
örtlicher Prooenienz sind cine willkommene Bereicherung der schönen
Reihen griechisch-sizilischer münzen des Kabinetts, die noch der
oerständnisoollen Alunifizenz des Königs Cudwig I. uon Bayern zu
uerdanken sind. Auch der bedeutende G emmenschafj des lllünz-
kabinetts konnte um einige bemerkenswerte Stücke oermehrt
werden; es wurde bei der Ergänzung besonders der Gesichtspunkt
des Zusammenhanges zwischen Stein- und münzstempelschneide-
kunsf gewahrt. Von den wichtigsten Stücken seien heroorgehoben:
Ein um 2400 oor Christus datierter babylonischer Siegelzylinder
aus Capislazuli mit interessanter Helden- und Tierdarstellung und
ein reizendes Originalwerk bester griechischer Steinschneidekunst,
ein Chalcedon mit dem Bilde eines bogenschiefjenden Kranichs, die
oirtuos geistoolle Arbeit eines wohl dem grofjen Dexamenos (um
500 u. Chr.) nahestehenden Künstlers.
(Eine neue Plakette oon Hans Schaefer.) Der Wiener
medailleur Hans Schaefer hat, wie wir erfahren, im Aufträge
des General-Kommissariats der „I. Internationalen Jagdausstellung“
eine Plakette ausgeführt, die nach im Caufe dieses ITlonates zur
Prämiierung der Aussteller in der Abteilung „Industrie und Ge
werbe“ oerwendet werden wird. Der Hoers zeigt Kaiser franz
Josef im Jägergewande, jedoch ohne Huf und Waffe; ihm gegen
über sieht man kräftige Arbeitergestalten, deren eine dem ITlanarchen
ein Corbeerreis entgegensfreckt. Im Hintergründe gewahrt man
die Rotunde mit der Hauptaoenue der Jagdausstellung Die Unter
schrift lautet: Erste Internationale Jagdausstellung Wien 1910. An
der Seite ist die Signatur des Künstlers angebracht. Der Reuers
präsentiert einen stilisierten frauenkopf als Symbol der Industrie,
zu beiden Seiten strebt Corbeer empor; unter einem Corbeerzweig
liest man die Inschrift: „Abteilung D. Industrie und Gewerbe.“
(numismatische Gesellschaft zu Berlin.) Aus
Berlin wird berichtet: In der lefjten Sitjung erläuterte Herr
A. u. D. Hey den eine jüngst uon ihm erworbene silberne Porträt
medaille des lefjten Kurfürsten des ernestinischen Hauses, Johann
friedrich (1532 bis 1547), u. 3. 1537, die sein Brustbild halb
nach rechts und auf der Rückseite die Darstellung eines Turniers
trägt, nach Tentjel, wo die ITledaille Tab. 9 S. 107 abgebildet
ist, soll sie auf den schmalhaldischen Bund bezüglich sein, was
aber sehr fraglich ist. Der Künstler hat sie leider nicht signiert,
aber sie ist sicher keine sächsische, sondern eine heroorragende