Nr. 24
Internationale Sammler-Zeitung.
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und Schlössern verschlossen werden. Die Schlösser gehen auf
die Zeit des Perikies zurück. Aber freilich waren diese Kasten
ursprünglich nicht zur Reise bestimmt, und versahen im Hause
den Dienst von Truhen oder Schränken, die dann den Besitzer
auf seinen Fahrten als »Gepäck« begleiteten. Die praktische
Anpassungsfähigkeit der Römer läßt sie dann diese von den
Phöniziern und Griechen vorgebildeten Reisekisten übernehmen
und vervollkommnen, und sie bereichern das Arsenal der Ge
päckstücke um den »Safe«, der eine römische Erfindung ist
und zuerst als eine Art mit Eisenplatten beschlagener Halz-
koffer auftaucht. Aber schon zu Neros Zeiten ist mit dem Luxus
der Reisegefährte auch der Luxus der Reisekasten hoch ent
wickelt, reiche Leute schmücken ihre »Koffer« sogar mit Edel
steinen und kostbaren Goldbeschlägen oder Elfenbeinschnitze
reien. In Mitteleuropa tauchte der Reisekoffer erst zur Zeit
Karls des Großen auf, um dann im raschen Entwicklungsgänge
Formen anzunehmen, die bisweilen schon sehr stark an manche
moderne Gepäckstücke gemahnen. Noch sind die Koffer aus
Holz gearbeitet, aber sie werden zum Schutze gegen die Witte
rung bereits mit Leder überzogen und zugleich entsteht ein
kleiner Koffer, ein Vorläufer unserer Handtasche, der von den
vornehmen Reisenden, insbesondere von den Damen, selbst ge
tragen wird, weil in diesen kleinen Behältern Juwelen, Geld,
Urkunden und manche kleine Toilettengeheirnnisse verwahrt
werden. Uns interessiert von diesen kleinen Reisegefährten
besonders das sogenannte »Reisefäßchen« der Renaissance:
wir glauben eine ganz moderne elegante Hutkiste von uns zu
sehen. Freilich, an der Stärke des verwandten Holzes und an
den schweren, kunstvollen Schmiedearbeiten der Verschlüsse
erkennen wir den Geist einer Zeit, die es noch nicht gelernt
hat, die Reiseausrüstung nüchterner Zweckdienlichkeit unter
zuordnen. Aber schon beginnt sich in diesen noch oft mit Holz
schnitzereien geschmückten Reisefäßchen die Form unseres
modernen Koffers anzukündigen, die scharfen Kanten werden
abgerundet, die Deckel wölben sich und mit der Zeit der Post
kutschen und der ersten Eisenbahnen setzt sich dann das
Prinzip, durch, die Reiseutensilien bei möglichst großer Wider
standsfähigkeit leichter zu gestalten. Die Bretter der Kisten
werden dünner, man beginnt sie mit schweren Leinenstoffen
zu überziehen, und dann taucht auch die uns aus vielen Stichen
vertraute Reisetasche aus Großmutters Zeiten auf, die aus
Stoff gefertigt Ist und in leuchtenden Farben ein kühn ge
streiftes oder verwegen geblümtes Muster aufweist.
Museen.
(Das Dubskysche Porzellanzimmer) ist vom
Oesterreichischen Museum in Wien erworben worden. Es ist
dies eine der bedeutendsten Erwerbungen seit dem Bestände
des Instituts. Das sogenannte Porzellanzimmer des Grafen
Aibrecht D u b s k y in Brünn, das im Mai 1902 durch eine
Publikation des Brünner Museumsdirektors Julius L e i s c h i n g
zum erstenmal bekanntgemacht wurde, ist darauf bei der Alt
wiener Porzellan-Ausstellung vom Jahre 1904 im Oesterreichi-
schen Museum durch eine Anzahl von Finzelstücken und Ab
bildungen des ganzen Raumes weiteren Kreisen vorgeführt
worden. Das Zimmer dürfte um 1730 ausgeführt worden sein
und ist in den reichsten Formen der österreichischen Spät
barocke durchgebildet. Wände und Möbel sind mit gelbem
Seidendamast bezogen, Fenster, Türen, Supraporten und
Lambericn in Eichenholz; das Ganze ist mit prächtigen ge
schnitzten und vergoldeten Ornamenten verziert, die auf
Konsolen etwa 70 kleinere und größere Porzellanvasen und
Becher tragen. Einzig in seiner Art wird dieses Zimmer durch
eine in dieser Form beispiellos dastehende Verbindung der
Goldverzierungen mit unzähligen Porzellanplättchen von ver
schiedener Form und Größe, die in die Holzvertäfelungen, in alle
Zierstäbe, in die Lämberien, Fenster- und Türenumrahmungen, in
sämtliche Möbel, Spiegel- und Bilderrahmen eingelassen und
zum Teil mit eigenen, höchst zierlichen Goldumrahmungen ver
sehen sind. In einer Ecke des Zimmers befindet sich ein
Porzellankamin mit darüber sich erhebendem, prächtig um
rahmten Spiegel, ein ähnlicher Spiegel mit Konsoitisch schmückt
den Fensterpfeiler. Eine Sitzgarnitur und sonstige Möbel, sämt
lich vergoldet, bilden die übrige Einrichtung, zu der auch die
Porträts Maria Theresias und Kaiser Josef II. sowie zwei weib
liche Bildnisse zu zählen sind. Eine große, prächtig umrahmte
Wanduhr, zwölf Wandarme und drei zierliche Luster aus
Porzellan vervollständigen das Gesamtbild dieses, mit Rück
sicht auf sein nahezu zweihundertjähriges Alter merkwürdig gut
erhaltenen Raumes. Die Porzellane sind auf das sorgfältigste mit
bunten Malereien, und zwar teils mit Chinoiserien, teils mit
»deutschen Blumen« verziert. Der Charakter der Malerei weist
auf die Frühzeit der Wiener Fabrik hin; die Porzellane sind mit
wenigen unbedeutenden Ausnahmen, die sich als spätere Er
gänzungen zu erkennen geben, Erzeugnisse Dupasquiers, des
Gründers der Fabrik, und somit die umfangreichste, bedeutendste
und in ihrer Gesamtheit glänzendste Leistung aus deren An
fängen. Das Zimmer wurde vor einigen Wochen unter Aufsicht
cies Vorstandes der keramischen Sammlung, Vizedirektors
Regierungsrates F o 1 n e s i c s, durch F. Schönthaler & Söhne
rnit größter Sorgfalt abmontiert und nach Wien gebracht. Es wird
int ersten Stock des zu diesem Zweck einer Adaptierung unter
zogenen Verbindungsbaues des neuen mit dem alten Hause zur
Aufstellung gelangen und voraussichtlich um die Jahreswende
der allgemeinen Besichtigung zugänglich gemacht werden.
Vom Kunstmarkt.
(Die Auktion Bösendorfer -Haunold.) Bei der
im Kunstsalon E. Hirschler & Co. in Wien durchgefiihrten
Auktion Bösendorf er-Haunold wurden folgende Hauptpreise
erzielt: Nrn. 45 und 46 Anton H a u s c h. Am Chiemsee und
Perchtoldsdorf, je K 300; Nr. 22 E. D e 1 f o s s e, Junge
Italienerin K 320; Nr. 23 Kopie nach Duple.ssis, Gluck am
Spinett K. 330; Nr. 27 Thomas Ende r, Pinienhain bei Rom
K 330; Nr. 28 Jehudo Epstein, Junge Sizilianerin K 640;
Nr. 30 Camilla F r i e d 1 ä n d e r, Erühstücktisch K 375; Nr. 31
Dieselbe, Geschnitzter alter Tisch K 385; Nr. 43 Remi van
H a a n e n, Moorlandschaft K 495; Nr. 59 Eugene J e 11 e 1, Une
ferme ä Saleneulles K 3245; Nr. 68 Ferdinand Küß, Großer
Blumenstrauß in Steinvase I\ 475; Nr. 67 Kriehuber, Fried
rich Kaiser K 835; Nr. 75 Friedrich L’A llemand, Oester-
rcichische Dragoner K 750; Nr. 86 Edmund Mahlknecht,
Almhütte K 420, Nr. 81 Viktor L e c 1 a i r e, Astern und andere
Herbstblumen K 1100; Nr, 87 Hans Makart* Junge Römerin
K 2695: Nr. 93 Andreas Müller, Christus als Knäblein K 1715:
Nr. 95 L. C. Müller, Junger Berber K 375; Nr. 97 Leopold
Mansch, Ungarischer Bauernhof K 550; Nr. 107 J. C. B.
Püttner, Altes Gebäude und Häuser, Winter, K 240; Nr. 108
Karl Rahl, Baronin von Feuchtersleben K 340; Nr. 109 Der
selbe, Bildnis einer jungen Frau K 330; Nr. 115 Karl
Reichert, Zwei Hühnerhunde K 660; Nrn. 118 u. 119 Franz
R e i n h o 1 d, Heimkehr vom Felde — Vor der Schmiede K 495:
Nrn. 121 und 122 Hermann R e i s z, Heimfahrt aus der Kirche
K 320; Wochenmarkt K 430; Nr. 129 Eduard Ritter, Un
schuldiger Uebermut K 1760; Nr. 151 Felix Schur ig, Chopin
I( 330; Nr. 159 Georg S e i t z, Obststilleben K 440; Nr. 161 Josef
Teltscher, Junge Dame in weißem Tüllkleid K 430, und
Nr. 163 Louis Toussaint, Der Trödlerladen K 705. Die
Bilder und Studien von C. Haunold erzielten Preise zwischen
K 30 und K 110.
(Die zweite Begas-Auktion.) Im Kunstauktious-
haus von Gebrüder Heilbfon in Berlin wurden anläßlich der
zweiten Begas-Auktion die Plastiken aus dem Nachlaß
von Reinhold Begas versteigert, die bei der ersten Auktion
zurückgesteUt worden waren. Beim. Strousberg-Sarkophag ging
aas Angebot nur bis 32.000 Mark, während das Auktionshaus als
Mindestpreis 40.000 Mark festgesetzt hatte. Auch die Modelle
zum Denkmal Wilhelm und Alexander v, Humboldts, die Pro-