Nr. 4
Internationale« Sammler- Zeitung
Seite 37
sich der überkommenen Schätze zu entäußern ent
schloß. Der Krieg verzögerte die Ausführung dieser
Absicht, die nun vom Dorotheum verwirklicht wird.
Die Sammlung_ umfaßt an dreitausend
Nummern und es : gibt wohl keine Spitzen
gattung, die nicht" darin durch kostbare
Stücke vertreten wäre. Es finden sich da
Brüsseler, Alencon-, Valenciennes-, Chantilly-,
Mailänder, Venetianer-, Kirchen- und Klöppel
spitzen, daneben aber auch herrliche Arbeiten
aus Gold- und Silberbrokat, Seide und Sammt
(Skutari-) Arbeiten, Ar beiten in" Gold-, Silber
und Weißstickerei, Wandbehänge und Tapeten,
Arbeiten der südslawischen und rumäni
schen Hausindustrie, Stickereien auf Leinen,
Gold- und Silberborten, Fransen und Quasten.
Eine reiche Kollektion von Paramenten des
16. bis 19. Jahrhunderts vervollständigt die
Sammlung.
Einige Stücke seien aus der fast ver
wirrenden Fülle her aulgegriffen.
Da ist ein Heiligenbild in bunter Flach
stickerei, von dem der Katalog folgende
Beschreibung gibt: „Heiligenbild in blau,
grau und schwarz auf braunem Grund. Die
Beweinung Christi. Maria sitzend, den
Leichnam Christi mit beiden Händen um--
armend. Ausdrucksvolle, italienische Arbeit
aus dem Ende des 16. Jahrhunderts, in
vorzüglicher farbenfrischer Erhaltung, ver
goldeter Holzrahmen. 63 cm hoch, , 58 cm
breit.“ (Fig. 9).
Fig. 10 führt einen Brüsseler Point d’aiguille-
Spitzenfächer vor, an dem nur das Gestell
etwas beschädigt ist.
Fig. 11 ist eine große Brüsseler Point
d’aiguillc-Echarpe mit reichem Blumen- und
Arabesken-Relief- dessin und verschiedener
Füllmusterung (250 cm lang, 45 cm breit).
Fig. 12 präsentiert einen Abschnitt eines
rotbraunen Samtbehanges. Im Mittelfelde ein Kreuz
im Palmblätterkranz, rechts und links Blütenzweige
und Blumengewinde:
Das zirka 100 cm lange Stück stammt aus dem
18. Jahrhundert, das in der Sammlung Stern besonders
stark vertreten ist.
Fig. 9.
Heiligenbild in Flachstickerei.
Fig. 13 zeigt eine ovale Tischdecke aus dunkel
rotem Samt, ganz mit Reliefgoldstickereien besetzt.
(67 cm lang, 63 cm breit.)
Rembrandtsche und andere Kunstgenüsse im Osten.
Vom Oberleutnant der Reserve von Garvens.
Wenn auch die äußere Form wie kleine, stroh
gedeckte Bauernhöfe, die Silhouetten feinzweigiger
Weiden gegen einen klaren Abendhimmel, wie ich sie
im vorigen Kriegswinter in Belgien beobachtet habe,
mich selbstverständlich an die alten niederländischen
Meister erinnerten, so finde ich noch stärkere An klänge
hier im Osten, so seltsam es auch klingen mag. Ich
denke da vor allem an Rembrandt. Es liegt wohl
daran, daß das Land hier noch einen so ursprünglichen
Charakter bewahrt hat, ich möchte sagen, einen mittel
alterlichen Geist ausstrahlt. Täglich begegne ich
Rcmbrandts Modellen: den Bettlern, Rabbinern, den
alten runzeligen Frauen, komischen, zotteligen, misch
rassigen Hunden. Macht nicht auch das prunkhafte
goldene Innere einer russischen Kirche, sei sic katholisch
oder griecihsch-katholisch, den Eindruck eines Rem
brandtschen Tempels ? Und dann gemahnt mich noch
eine ganz geringfügige Äußerlichkeit an Rembrandts
Motive; nämlich das altmodische Pelzwerk, wie es
mir hier begegnet, richtiges Gebrauchspelzwerk, ein
Schutz gegen das Klima. So jedenfalls malte Rembrandt
das Rauch werk, wie es hier immer vorkommt in seiner
Form und in seinem meist abgenutzten Zustande,
so durchaus echt als solches wirkend und den Begriff
des Luxus, den die Mode daraus gemacht hat, gänzlich
vergessen machend.
Wie vieles bietet sich nicht noch dem suchenden,
genießenden Auge! Welche Lust an der Farbe in den
wollenen Handschuhen, den wollenen Gürteln der
Panjes, den Kopftüchern der Bauernweiber. Ein Lob