Die Ausstellung, die über 2 5 Preise und eine Lotterie zur Verfügung hat, gruppirt
sich mit ihren etwa 900 neuen Werken folgendermassen: Der Säulenhof mit seinen
Nebenräumen und der neue Annex sind international und der Plastik gewidmet.
Im übrigen enthält das Erdgeschoss ausländische Malerei, während der erste
Stock den österreichischen Malern gehört. Das Charakteristische der Ausstellung
ist der nahezu vollständige Sieg der modernen Richtungen. Was man vor einigen
Jahren Secession getauft hat, ist heute das Herrschende. Allerdings sind die Bahn-
brecher selbst seither gereift, oder doch älter geworden und das Stadium ver-
wegener Jugendlichkeit ist überwunden. Was als Ergebnis bleibt, ist eine
gesteigerte Frische des Schaffens auf der ganzen Linie; von der Schule weg eine
Annäherung an die Natur, und von der akademischen, also zunftmässigen Kunst-
übung weg, ein entscheidender Schritt zum Individuellen. Mit einer Kunst-
emeuerung in diesem Sinne kann man denn wahrlich zufrieden sein. Schon dass
sie es vermeidet, wie bisher der Fall gewesen, statt der alten Recepte ein neues
Recept vorzuschreiben, sichert auch eine gesunde Weiterentwicklung. Es liegt
freilich in der Natur der Sache, dass die Wiedergeburt sich einstweilen mehr in
den Beiträgen des Auslandes, als in denen unserer einheimischen Kunst ausdrückt.
Die Wiener Secession hat die Genossenschaft einen Theil ihrer jungen Garde
gekostet, ein grosser Theil des neuen Strebens ist also jetzt am Parkring zu
suchen, der ältere Körper aber ist nicht mehr gefügig und flügge genug, um neue
Aufschwünge zu versuchen. Wie ein wohlthätiger Sauerteig erscheinen in diesem
Kreise gewisse junge Bemühungen, die weit über die gewohnte Schablone hinaus-
gehen. Nennen wir vorderhand Ad. Hirschls grosses Gemälde: „Die Seelen am
Acheron", wo unfehlbare Zeichnung sich mit einer unheimlichen, auf Violett und
Grün gebauten Farbenstimmung verbindet; dann Alois Delugs grosses Trip-
tychon der Familie Burchard, mit einer thronenden Madonna inmitten gemüthlich
adorirender Kinder; auch Veiths hübsche Scene: „Das Wunderthier", wo er
fortfahrt, neuenglische Märchenfarben mit seidigen Hauttönen aus Paris zu
mischen. Auch Goltz („Ad artem") fehlt in dieser Richtung nicht, ohne aber
diesmal zu überzeugen, und Seligmann („JugenderinnerungenÜ kokettirt gerne
mit ihr, was aber der neuen Muse nicht zu genügen scheint. An der Hauptstelle
hängt bei den Österreichern Julius Bergers grosses Gemälde: „Artes faventes";
der Kaiserbüste (an deren Stelle wir die lebendige Figur gewünscht hätten). wird
da eine bunte Huldigung dargebracht. Das meiste Interesse unter den Wienern
erregt Hans Temples „Interieur bei Excellenz Dumba". Man sieht das berühmte
Makartzimmer und darin eine Anzahl Wiener Kunstgrössen, die eben das Modell
zu Tilgners Makartdenkmal betrachten. Da sitzen oder stehen Nikolaus Dumba,
die Künstler Zumbusch, Kundmann, Lichtenfels, Scharff, Angeli, Rudolf Alt und
Professor Benndorf. Hinter diesem erkennt man auf einer Staffelei Angelis Bildnis
der l-laustochter. Im Hintergründe ist ein Fenster gelb verhängt, ein zweites lässt
Tageslicht ein. Die robuste Hand des Künstlers hat es sehr gut verstanden, all die
Pracht des Gemaches und die acht Porträtiiguren wie aus einem Guss zu geben.
Die Ungleichheiten seiner früheren Bilder dieser Art sind hier vermieden, die
Erfahrung ist eben seither gewachsen. Ein zweites derartiges Interieur des
Künstlers zeigt ein five o'clock im Wintergarten des Kunstfreundes Dobner von
Dobenau, wo auch die weibliche Toilette ein Wörtchen mitzusprechen hat. Das
Wiener Porträt ist überhaupt die starke Seite der einheimischen Kunst. Von
Horowitz sieht man u. A. den Grafen Lanckoronski, ein vornehm zurück-