nicht doch noch ein Bedenken zu widerlegen. In der oben citirten Beschreibung
heisst es: „inwendig aber wie Weintrauben von Silber und verguldt aus getribne
arbeit gemacht." Thatsächlich sind die zehn Becher innen vergoldet, thatsächlich
scheint es, dass sie in der Art der Traubenbecher (fälschlich Ananasbecher
genannt) ausgebuckelt getrieben seien, das scheint aber nur so; betasten wir die
lnneniiäche, so fühlen wir, dass sie völlig glatt gearbeitet sind. Diese Sinnes-
täuschung, wohl beabsichtigt und hervorgerufen durch Reflexlichter, ist so gross,
dass man bei einfallendem, directem Lichte nur durch Betasten sich von der
Täuschung überzeugt. Der Verfasser des Verzeichnisses war derselben auch
unterworfen, wir können dies um so ruhiger und bestimmter behaupten, als
selbst Quirin Leitner, der fleissige und gewissenhafte Schatzmeister der Schatz-
kammer, auch ein Opfer dieser Täuschung wurde. In seinem Prachtwerke „Die
hervorragendsten Kunstwerke der Schatzkammer des österreichischen Kaiser-
hauses (Wien, Hof- und Staatsdruckerei, x87o)" bildet er einen Doppelbecher
ab (Abbildung 4x), in der Beschreibung aber heisst es: „Das Futter des Bechers
ist aus vergoldetem Silber und ausgebuckelt." Hiedurch ist jedes Bedenken beseitigt
und die Geschichte der eigenartigen Perlrnutterbechergarnitur Franz Hillebrandts
festgestellt.
In den bayerischen Hofzahlamtsrechnungen, soweit dieselben von Westen-
rieder (Beyträge zur Vaterländischen Historie) veröffentlicht wurden, ist der
Ankauf dieser zehn Becher nicht erwähnt, es erklärt sich aber dies daraus, dass
Herzog Wilhelm V. im Jahre xöoo bereits als Privatmann lebte. Dass aberFriedrich
I-Iillebrandt für das herzogliche Haus Bestellungen auszuführen hatte, beweisen
die vergoldete Lichtputzscheere in der Reichen Capelle zu München und die
prächtige St. Georgsgabel in der königlichen Schatzkammer daselbst.
Heinrich Modern.
IEN. HANDBUCH DER LITI-IOGRAPHIE, HERAUSGEGEBEN VON
GEORG FRITZ. Die Zeit, die für die Vorzüge der Lithographie kein Ver-
ständnis besass, ist noch in frischer Erinnerung; die verhältnismässig lange Zeit,
die diesem graphischen Verfahren allenfalls nur seiner bequemen Anwendung
halber im Dienste des sogenannten Mercantildruckes eine, wenn auch einge-
schränkte Existenzberechtigung zuschrieb. Doch die Lithographie hat die Periode
überstanden, in der man mit ihr „nichts anzufangen wusste," und sie feiert eine
glänzende Wiedergeburt. Es haben sich die Künstler gefunden, die ihre bedeutenden
Vortheile ausgiebig zur Geltung zu bringen verstehen. Die so überaus geschmeidige,
vielseitige, den verschiedensten künstlerischen Forderungen willig entsprechende
und dabei noch mannigfaltiger Weiterbildung fähige lithographische Technik hat
nun in jüngster Zeit in dem Vicedirector der k. k. I-Iof- und Staatsdruckerei in
Wien, Regierungsrath Fritz den berufensten literarischen Anwalt gefunden. Das
Werk, dessen erstes Heft (Halle a.S., W.Knapp) vorliegt, wird dem behandelten
Gegenstande Freunde, eifrige ausübende Künstler, sowie den Schöpfungen der
Lithographie die gesteigerte Gunst der Amateure verschaffen. Eine solche Vorher-
sage ist nur möglich, wenn wie hier den Äusserungen des eminenten Fachmannes
sich noch Eines beigesellt: die Liebe, die nicht müde wird, mit vollen Händen nur
das Beste zu geben. So zeigt sich uns Regierungsrath Fritz in seinem Werke in
dreifacher Eigenschaft: als klar blickender Künstler, als ausgezeichneter Techniker
und als liebevoller Lehrer.