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Volltext: Monatszeitschrift III (1900 / Heft 4)

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mit seltener Vielseitigkeit alle Gebiete der Wiener Kunst umspannt und befruchtet. Mit 
der Geschichte des Burgtheaters ist sein Name unzertrennlich verknüpft; zu dem 
Aufschwung des Wiener Opern- und Concertwesens hat er mächtig mitgewirkt. An dieser 
Stelle freilich interessirt er 
uns hauptsächlich als Kunst- 
kritikenEr kam aus der deut- 
schen Schule der Fünfziger- 
jahre, aber mit freierem 
Blick als seine Zeitgenos- 
sen, denn der kritische Sar- 
kasmus Wilhelm von Kaul- 
bachs, bei dem er in Mün- 
chen aus- und einging, hatte 
ihm das Ölgötzenthum in 
einem etwas schulwidrigen 
Lichte gezeigt In Wien zog C. R. Ashbee, Brechen in oxydirtem Silber 
ihn zunächst die mächtige 
Naturkrah Karl Rahls an, zu dessen athenischem Fries er den Text geschrieben hat. Dann 
machte er die ganze bunte Kunstentwicklung Neuwiens, die grosse Bauzeit, die Makart- 
Zeit, kritisch mit, erhob jedoch nur in wichtigeren Fällen seine Stimme. Mit dem ihm 
eigenen Nachdruck trat er namentlich für das neue Leben ein, wenn es da und dort 
unter Kämpfen durchbrach. Als Courbets „Steinklopfer" das akademisch gewöhnte 
Wien aufrührten, schleuderte er einen seiner schwersten Speere unter die Widersacher. 
Tilgner und Heinrich Natter dankten ihm die Möglichkeit grosser Arbeiten. Neuestens 
noch, als die Secession ins Land kam, schrieb er eine classische Charakteristik Constantin 
Meuniers und seiner modernen Antike. Überhaupt ist er, aus dem grossen Fonds 
seiner eigenen Naturfrische heraus, allezeit ein hilfreicher Freund des jungen Talentes 
gewesen. Er ist auch ein warmer Schätzer Olbrichs, und nur die Last der Jahre hat ihn 
gehindert, persönlich auch noch für die letzte Wiener Kunstemeuerung einzutreten. Möge 
dem seltenen Manne noch viel froher Sonnenschein beschieden sein. 
 
LIMTS „PHILOSOPI-IIE". In Wien m: in den letzten Wochen ein Bilder- 
streit getobt, wie er hier wohl noch nicht vorgekommen ist. Es handelte sich um 
eines der drei Deckengemälde, welche Gustav Klimt im Auftrage des Unterrichts- 
ministeriums für die Aula der Wiener Universität zu malen hatte. Das Bild war in der 
Frühjahrs-AusstellungderSecessionzu sehen und ist seither nach Paris abgegangen, wo 
es die österreichische Abtheilung schmü- 
cken soll. Wir haben das bedeutende Werk 
in unserem Märzhefte an dieser Stelle ge- 
würdigt. Eine Anzahl Professoren verschie- 
dener Facultäten vereinigte sich nun zu 
einem an den Unterrichtsminister gerich- 
teten Protest gegen die Anbringung dieses 
Bildes in der Aula. Der angegebene Grund 
war, dass es seinem („seeessionistisehen") 
Stile nach nicht zu der Ferstefschen Renais- 
sance des Saales passe. Einzelne Unter- c. R. Ashhee, Brochen in oxydinem Silber 
schreiber mögen, wie ja in streitbaren Kunst- 
epoehen selbstverständlich, noch ihrebesonderen Gründe gehabthaben. Was die Unterrichts- 
verwaltung hetriift, ist von vornherein festzustellen, dass sie diesem Bilde gegenüber genau 
so vorgegangen ist, wie es bei allen Staatsaufträgen ohne Ausnahme geschieht. Ehe es zum 
 
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