A. Rodin, Basrelief an der
„Pforte der Hölle",
Gruppen erinnern werden, und den er übrigens auch
in eine Serie von Zeichnungen übertragen hat, die zu
Illustrationen eines im Besitze des Herrn Paul Gallimard
befindlichen Exemplars der „Fleurs du ma" bestimmt
wurden); anderseits hat man ihn auch gelegentlich mit
Michel Angelo verglichen.
tk FF
als
Da das Leiden und die Wollust Geschwister sind,
indem beide das Wesen des Lebens ausmachen, dessen
leidenschaftlicher Darsteller Rodin ist, so hat der Künstler
nicht weniger als die erste auch die vielfältigen Formen
der zweiten gefühlt, wobei er ungeachtet des trügerischen
Scheines nichts anderes kennen lernte als eine weitere
Form des menschlichen Elends. In einer Anzahl von
Gruppen, von denen einige die Spuren des Erzitterns der
Finger des Bildhauers zu tragen scheinen, andere liebevoll
aus glattem Marmor gebildet sind, mit durchsichtigen
Umrissen, ganz in schmeichelndem Lichte gebadet, ver-
sinnlicht Rodin mit durchdringender Schärfe die Angst, die
Kämpfe, die einigermassen feindliche Blutgier, die bitteren
Enttäuschungen und selbst die krankhaften Sonderbar-
}, keiten der fleischlichen Liebe. Die Aufrichtigkeit und der
Ernst der Ausführung, die mysteriöse, fast tragische Seite
dieser Umklammerungen, wo Wesen das Entzücken
l ' suchen und in Traurigkeit versinken, wo mitten im Glück der
I Hauch eines nachdenklichen Leides emporsteigt, dies alles
_ kommt in einerArtundWeise zumAusdruck, dass manRodin
Ü keineswegs den Vorwurf des Erotismus machen kann.
I-Iieher gehören - um nur die wichtigsten anzuführen -
4 Gegenstände der antiken Fabelwelt: Faunen und Satyre,
Dryaden und Nymphen quälend, der Minotaurus, dann
eine Gruppe, „die Entführung", bei der in packender
Weise der Contrast des gewaltigen Körpers eines Mannes, der mit furchtbarer
Umklammerung ein in sich selbst zusammengerolltes Weib vom Boden
emporhebt, mit der weichen, zarten Gestalt des Weibes betont ist; andere
Gegenstände sind mehr von allgemeiner und philosophischer Bedeutung: „der
ewige Abgott", ein kniender Mann, der demüthig die Brust eines Weibes
küsst, das, höher angebracht als er, gleichfalls knieend, eine nachlässige und
hochmüthige Haltung zeigt; die „entschwindende Liebe" oder „der Traum"
(ursprünglich auch „das Ufer und die Welle" genannt), eine auserlesene
Gruppe, die ein Weib von geschmeidigen, schlanken Formen zeigt, von
duftiger Weichheit, das den Armen des sie vergeblich verfolgenden Liebenden
entflieht, der mit gestrecktem Körper sich anstrengt, sie zurückzuhalten;