Marianne Stokes, Schlummerlied
Das ist so die Vorstellung, die man vom Künstler haben darf. Und des-
halb betrachtet man verwundert das Schauspiel einer Künstlerehe. Sie kann
nicht sein wie andere Ehen. Hier ist nicht mehr der eine Theil der gebende,
der andere der empfangende, es sei denn, dass nur Einer Künstler ist, oder die
eine Künstlerschaft von der mächtigeren anderen erdrückt wird. Was die
Beiden eint, ist die nämliche reine Sehnsucht, zu erkennen, klar und aufrichtig
zu sehen, das nämliche Bedürfnis, in ihren Werken getreue Bilder ihrer
Persönlichkeit zu geben. Die Quelle, aus der ihre Werke geschöpft sind, ist
die nämliche: das Leben jeder Stunde, die Sonne, die warme Lichter über
Wiesen und Wald, über den See und ein schaukelndes Boot und zwei junge,
verliebte Menschen giesst, oder die Herbstluft, die dünn ist oder auch weich
und schwer, voller Nebel und Nässe. Man sieht, wie nahe die Gefahr ist,
dass die Werke dieser beiden ehelich vereinten Menschen gleichartig
werden, da sie immerwährend unter denselben Einflüssen stehen. Man mag
auch an die Beobachtung denken, die Manche gemacht zu haben glauben,
dass die Gesichter von Mann und Frau nach langem Zusammenleben Ähn-
lichkeit gewinnen. Wie viel Muth scheint also zu einer Ehe zweier Künstler,