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Talente Olbrichs auch ausgezeichnet zuhilfe, dass das leicht bergige Gebiet
um Darmstadt eine manchmal nur leise, stellenweise aber unverkennbare
Verwandtschaft mit unserem österreichischen Wienerwaldgebiet hat. So
konnte er, fern von dem
Lande, in dem er sei-
nem echt österreichi-
schen Wesen nach wur-
zelt, eine kleine Stadt
bauen, die dem Bau-
charakter nach gut in
unsere Landschaft pas-
sen würde. Einen leich-
ten, heiteren Eindruck
verschafft dem Bilde die
weisse Verputzung aller
Häuser und die Dach-
bildung. Olbrich hat ab-
wechselnd Sattel- und
Giebeldächer und auch
Flachdächer nach ita-
lienischer Manier (Haus
Glückert, Haus I-Iabich)
verwendet.
Es ist also erfreu-
lich zu sehen und muss,
trotzdem es ja vorwie-
gend bei der Innenein-
richtung sinnfällig wird,
schon hier angemerkt ' V V V r H 7
werden: dass Ausstellung der Künstlercolonie in Darmstadt, Haus Gliickert
in hocherfreulichem Ge-
gensatze zu Wiener Arbeiten nun mehr Bedacht auf die Construction nimmt.
Was noch jetzt an ihm stört und wohl auch die Ursache der Unruhe und
Unzuverlässigkeit mancher seiner Arbeiten ist, das ist das Schwelgen in
vielerlei Material, die Unsicherheit in der Auswahl des im einzelnen Falle
nothwendigen Stoffes. S0 hat er für die Facaden seiner I-Iäuser durchwegs
Verputz gewählt. Die weisse Farbe wirkt ja in der That schön, im Frühling
und Sommer fügt sie sich ja auch gut ins Ortsbild, aber im Winter? Und
das Klima Mitteldeutschlands ist ja in der That der Feuchtigkeit und Winde
wegen nicht für zarte Facaden geeignet. Man vermisst ausserdem durch die
Anwendung des Verputzes manchmal die kräftig-schöne Wirkung des
Steines. Ein Haus soll ja nicht nur als Bild, als decorative Fläche wirken,
sondern eine veritable, massige Wirkung haben. Das consequente Verdecken
der Ziegel durch den Verputz scheint mir also durchaus nicht empfehlens-
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